Bad Nauheimer Waldpflege in der Kritik - Stadt hält dagegen

Im Bad Nauheimer Wald sehen Hartmut Backhaus und Gerd Joachim vieles im Argen liegen. »Wie will man auf diese Weise Heilwald werden?«, fragen sie. Im Rathaus sieht man das anders.
Hartmut Backhaus und Gerd Joachim sind waldkundige Bad Nauheimer. Sie machen sich Gedanken über den Zustand des Stadtwalds, den die Kommune ihres Erachtens mehr pflegen müsste. Bei einem Rundgang haben sie dieser Zeitung zahlreiche Beispiele gezeigt, wo sie Verbesserungsbedarf sehen. Die Idee, den Stadtwald zum Heilwald zertifizieren zu lassen, finden sie gut. Den beiden 71-Jährigen ist aber unerklärlich, wie die Stadt das schaffen will.
Ausgangspunkt des Spaziergangs war das Wanderportal oberhalb des Eisstadions. Der Weg führte durch Donnersgraben und »Lindenallee« bis zur Skiwiese und zurück am Haus Burk vorbei. Die Presseabteilung der Stadt hat auf Anfrage geantwortet und widerspricht.
Was plant die Stadt in Sachen Heilwald?
Zu dem zu zertifizierenden Teil zählt der Donnersgraben nicht. Der Heilwald soll im Bereich des Waldparks Skiwiese entstehen. Das entspricht einer Teilfläche des Waldparkpflegewerks. Weitere Teilbereiche des Stadtwaldes, bis hin zu den Waldteichen, sollen in einem zweiten Schritt zum Kurwald entwickelt werden.
Wann streben Sie die Heilwald-Zertifizierung an?
Insgesamt bietet der Bad Nauheimer Wald schon jetzt Erholungsmöglichkeiten, die durch die angestrebte Zertifizierung zum Kur- und Heilwald erweitert werden. Die Zertifizierung des Heilwaldes ist für diesen Sommer vorgesehen.
Die Herren Backhaus und Joachim bemängeln einiges an der Waldpflege. Wie will die Stadt die Zertifizierung schaffen?
Die Anforderungskriterien für einen zertifizierten Kur- und Heilwald setzen einen naturnahen Wald voraus. Es müssen Verweileinrichtungen wie Waldhütten vorhanden sein. Ein weiteres Kriterium ist Fachpersonal. Dazu werden Waldtherapeuten und -begleiter ausgebildet. Es muss Gehtrainingsmöglichkeiten geben. Außerdem müssen sanitäre Einrichtungen zur Verfügung stehen. Derzeit wird ein sogenanntes Wald- sowie ein medizinisches Gutachten erstellt. Die Maßnahmen zur Erfüllung der Zertifizierungskriterien werden im ersten Halbjahr 2023 umgesetzt, wie Wege-Instandhaltung, Beschilderung und Erstellung von Erlebnispunkten für selbstständige Übungen. Ein »Feetness-Pfad« wird im Waldpark entstehen sowie wasserlose Toiletten - auch barrierefrei - und weitere Sitzgelegenheiten.
Nach Ansicht von Backhaus und Joachim könnte die Stadt das Waldparkpflegewerk intensiver umsetzen.
Zum Thema Waldparkpflegewerk haben wir bereits einige Maßnahmen umgesetzt. Beispielhaft sind hier die Sanierung des Holzpilzes mit der dazugehörigen Herstellung der Sichtachse sowie das Freistellen der Frauenwald-, Wilbrandt- und Thalerhütte zu nennen. Weiterhin wurden die 419 denkmalrelevanten Bäume im Bereich der Oberen und Unteren Skiwiese aus dem Waldparkpflegewerk kartiert, eingemessen und im Betriebssystem eingepflegt. Aus dieser Kartierung resultieren an die 300 baumpflegerische Maßnahmen, die in den kommenden Wochen abzuarbeiten sind. Der Wald wird von verschiedenen Anspruchsgruppen genutzt, und die Verkehrssicherungspflicht spielt eine übergeordnete Rolle.
Die historischen Wege seien beschädigt.
Wegesanierungen erfolgten an der Rundfahrt zwischen Skulpturenpark und Wilbrandthütte, die neu bekiest wurde. Weiterhin wurde ein Wegeabschnitt von 620 Metern Länge der südlichen Oberen Skiwiese von der Lindenallee bis zur Elseruh saniert.
Stimmt es, dass die Stadt für den Wald nur wenig eigenes oder ausreichend qualifiziertes Personal hat? Mitunter würden beispielsweise Sträucher in der falschen Höhe abgeschnitten.
Der Bad Nauheimer Stadtwald wird von bestens qualifizierten Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Bereichen gepflegt.
Was sagen Sie zu der Anmerkung, dass für das Waldparkpflegewerk eine Million Euro für zehn Jahre in den Finanzetat eingestellt sind, dieses Geld aber nur zu etwa der Hälfte verwendet wird?
Es besteht ein umfangreiches Waldparkpflegewerk, welches eine jährliche Investition von 100 000 Euro auf zehn Jahre zu Ausbau und Erhalt der Infrastruktur umfasst. Die jährlichen Mittel für pflegerische Tätigkeiten belaufen sich auf rund 40 000 Euro.
Laut der Hinweise sind die Abflussgräben und Durchflussrohre durch Blätter verstopft, wodurch das Wasser auf die Wege laufe welche verschlammen würden. Das Wasser komme somit nicht den Bäumen zugute.
Die Aussage erschließt sich uns nicht. Ein Ortstermin zwischen den Fachdiensten Stadtplanung und Bauhof hat bereits stattgefunden. Sehr zeitnah werden die zugesetzten Gräben und Durchlässe in Teilbereichen wiederhergestellt. Auch Sanierungsmaßnahmen des Weges stehen bevor.
Zahlreiche gefällte Bäume liegen herum, es sei mehr Waldästhetik wünschenswert. Backhaus und Joachim halten es für einen Unterschied, ob Bäume natürlich umfallen und liegenbleiben. Oder ob man sie fällt und »kreuz und quer« liegenlässt.
Der Organismus des Waldes ist vielschichtig. Einen Anteil an Totholz müssen wir aufgrund der FSC-Zertifizierung nachweisen. Über Selbstwerber für Brennholz konnte zudem in Teilbereichen Holz entfernt werden.
Wie die beiden Bürger schildern, liege Müll herum, den sie einsammeln und im städtischen Baubetriebshof abgeben. Das sei nicht immer einfach, »denn da könne ja jeder kommen«. Außerdem lägen sämtliche Wanderwege-Pfosten auf dem Boden, welche die Stadt zur Landesgartenschau 2010 aufstellte.
Sicherlich sind Vandalismus und die Müllbeseitigung eine stetige Herausforderung. Um zu vermeiden, dass Personen ihren Privatmüll kostenlos beim Bauhof entsorgen, setzen wir auf geplante Müllsammelaktionen. Dazu gehören Angebote wie »Sauberhaftes Bad Nauheim« am Samstag, 4. März. Aber auch mit der Waldbegehung mit Hessen-Forst am Samstag, 25. Februar, (Treffpunkt 11 Uhr Parkplatz hinter dem Restaurant Waldhaus Anm. d. Red. ) versuchen wir, ein Bewusstsein zu schaffen.