Die Welt im Greenscreen - Schulkinder lernen wie Nachrichten entstehen

Der Wetterbericht live aus dem Tiefdruckgebiet - die Technik macht’s möglich. An der Stadtschule in Bad Nauheim lernen Schüler wie Nachrichten, aber auch Fake News gemacht werden.
Hinter Mischa steht eine hohe hellgrüne Wand. Links und rechts strahlt ihm das Licht von zwei großen Ringlampen ins Gesicht. »Drei, zwei, eins!«, ruft sein Mitschüler. Das Getuschel der anderen Kinder verstummt. Mischa blickt gerade in die Kamera: »Herzlich Willkommen zur Stadtschule Bad Nauheim - Die Intensivklasse stellt sich vor.«
In die Intensivklasse der Bad Nauheimer Grundschule gehen Schülerinnen und Schüler, die neu im Land sind und zunächst Deutsch lernen. Die meisten von ihnen sind zehn Jahre alt, ein Schüler ist erst sieben. Sie sind alle nach 2010 geboren und zählen somit zur Generation Alpha, dem ersten Jahrgang, der von klein an mit digitalen Medien aufwächst. Aufgrund ihres selbstverständlichen Umgangs mit Internet, Computer, Smartphone und Social Media werden die jungen Menschen auch als »digital natives« bezeichnet.
Nicht nur der private Raum wird zunehmend digitaler, auch die Arbeitswelt stellt sich auf die modernen Technologien ein. Deshalb sollen Kinder und Jugendliche bereits in der Schule medien-fit gemacht werden. Lehrer der Stadtschule Bad Nauheim haben im November an einer entsprechenden Fortbildung der IT-Unternehmen Intel und Rednet teilgenommen. Sie haben ein Nachrichtenprojekt vor dem Greenscreen erprobt, das sie nun in ihren Schulklassen durchführen.
14 Schüler, acht Länder, ein Projekt
»Die sind so stolz«, sagt Emine Antolic, Lehrerin der Intensivklasse. Seit vier Tagen üben die Schüler und verteilen die Rollen: Sprecher, Regie, Kamera und Licht. Auch auf ihre Eltern sei die Begeisterung bereits übergesprungen. Unterstützt wird Antolic von Medienpädagogin Livia Brenner und Anne Dederer, Leiterin Bildungsmanagement bei Rednet. Thematisch werden die jeweiligen Herkunftsländer und ihre Besonderheiten vorgestellt. Alle Kinder haben ihre Texte auswendig gelernt und sprechen frei vor der Kamera. Die 14 Schüler der Intensivklasse kommen aus der Ukraine, Afghanistan, Somalia, Bosnien, Italien, Griechenland, Kasachstan und Rumänien.
Mischa hat bis vor kurzem in der Ukraine gelebt. Dort gebe es viele Flüsse - außerdem große Sonnenblumen- und Weizenfelder. Zum Schluss erzählt Mischa von seinem Lieblingsgericht »Borschtsch«, einer Fleisch-Gemüsesuppe mit roter Bete.
Sprecherwechsel: Ali kommt aus Afghanistan. Er spricht von der Hauptstadt Kabul und wilden Tieren in den Bergen. Zudem gebe es viele Früchte: Granatapfel, Melone und Mango, zählt Ali auf. Er selbst isst gerne Reis mit Hühnchen oder Pommes.
Salman hat in Somalia gelebt. Dort sei es oft heiß und trocken. Elefanten, Giraffen und Zebras würden sich im Land wohlfühlen. In Deutschland spielt Salman Fußball und geht gerne zur Schule.
»In Bosnien gibt es sehr viele Wasserfälle«, sagt Christina. Deshalb sei Wassersport beliebt. In ihrem Herkunftsland lebten Christen und Muslime fröhlich zusammen, erzählt das Mädchen weiter. Christina isst am liebsten Cevapcici.
Als letztes ist Andres Gruppe an der Reihe: »Ich möchte euch über Rumänien etwas erzählen.« In Deutschland sei vor allem die rumänische Region Transsylvanien für den Vampir Dracula bekannt. Andres Lieblingsessen ist Rindersuppe.
Digitalisierung mehr als nur Technik
»So eine gute Klasse hatten wir noch nie, und wir hatten auch schon ältere Schüler«, lobt Anne Dederer. Für sie geht es neben der Bereitstellung von Geräten um soziale Fähigkeiten und Medienkompetenz. Deshalb sei die Lehrerfortbildung immer auch mit dem Thema »Fake News« verbunden. Wie Falschnachrichten entstehen, soll mit dem Greenscreen verdeutlicht werden. Medienpädagogin Livia Brenner schneidet die Videos zu einem Film und ersetzt den grünen Hintergrund.
Manchmal stehen die Schülerinnen und Schüler dann auf dem Kilimandscharo oder mitten im Dschungel. Das sei ein Aha-Erlebnis für die Schulkinder. Sie würden dann merken: »Moment mal, jemand könnte denken, ich wäre echt da gewesen«, sagt Brenner. Fazit: Es ist nicht alles so, wie es scheint.«
Zur Info: Das Nachrichten-Projekt
Die Stadtschule in Bad Nauheim nimmt am kostenfreien Programm »Intel Skills for Innovation« der Unternehmen Intel und Rednet teil. Rednet ist IT-Partner von Behörden, Bildungseinrichtungen und dem Gesundheitswesen. Mit dem Digitalpakt der Bundesregierung stehen den Schulen mehr digitale Geräte zur Verfügung. Ziel des Projekts ist nun, Lehrerkräfte im Umgang mit den neuen Geräten zu schulen, damit sie die medialen Kompetenzen an ihre Schulklassen weitergeben können.