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Diskussion ums Bad Nauheimer Kulturzentrum

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Blick in den kleinen Theatersaal. Wie es aussieht, bleibt die Spielstätte in der Trinkkuranlage und geht nicht in den Sprudelhof zurück. © Petra Ihm-Fahle

Das Kulturzentrum im Sprudelhof soll nach Ansicht der Bad Nauheimer Rathausspitze doch nicht entstehen. »Es ist ein Schlag ins Gesicht«, beklagte Sinan Sert (SPD) im Stadtparlament.

Als Manfred Jordis am Dienstagabend in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in der Trinkkuranlage ans Rednerpult ging, um eine Anfrage zu stellen, ließ er eine Bombe platzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende wollte wissen, ob es stimme, dass aus dem Kulturzentrum im Sprudelhof nichts werde. Jugendstil, Stadtbücherei und Theater-Spielstätte sollten darin Platz finden.

»Noch vor einem Jahr hat das Parlament den Antrag der Freien Wähler abgelehnt, auf das Kulturzentrum im Sprudelhof zu verzichten«, blickte er zurück. In der jüngsten Sitzung des Beirats der Stiftung Sprudelhof zeichnete Erster Stadtrat Peter Krank (parteilos) laut Jordis ein anderes Bild. »Wie ist der aktuelle Sachstand?«, hakte der Christdemokrat nach. Dem Theater Alte Feuerwache (TAF) wurde seinen Worten zufolge stets zugesichert, wieder eine Heimat im Sprudelhof zu finden (siehe Info). »Es ist Zeit, reinen Wein einzuschenken«, unterstrich Jordis.

Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) bestätigte die neuen Pläne. Die sehen seinen Worten zufolge vor, das Kulturzentrum zwischen den Badehäusern 3 und 4 fallen zu lassen. Die drei Millionen Euro, die vorgesehen waren, bezeichnete er aus heutiger Sicht als »Witz«. Stattdessen möchte die Rathausspitze ein Jugendstilzentrum im Badehaus 3 etablieren und die Stadtbücherei im ehemaligen Inhalatorium belassen. Die Trinkkuranlage für die städtische Spielstätte und das TAF will das Rathaus als Dauerlösung beibehalten. Wie Kreß ankündigte, wird der Magistrat eine entsprechende Beschlussvorlage in der zweiten Jahreshälfte vorlegen. Dies, sobald der zuständige Fachbereich bei allen Akteuren abgeklopft hat, ob sie einverstanden sind. »Es ist eine realistische Lösung für den Sprudelhof, auch vor dem Hintergrund unserer anderen Herausforderungen«, sagte der Bürgermeister.

Kritik an Kommunikation

Jordis kritisierte die bisherige Kommunikation. Seiner Ansicht nach hätte man bereits vor einem Jahr anders entscheiden können, da die Kostenfrage bekannt gewesen sei. Er wollte wissen, ob das TAF informiert sei. Erster Stadtrat Krank erwiderte, im Gespräch mit dem Theater zu sein. »Letztendlich sind die Verantwortlichen des TAF mittlerweile der Meinung, dass der neue Gedanke gut ist, in der Übergangsspielstätte zu bleiben.« Die Trinkkuranlage müsse noch optimiert werden, aber manches sei dort besser - etwa die Möglichkeit, mehr Besucher einzulassen.

FW-Fraktionsvorsitzender Markus Theis erklärte: »Mitten zwischen Badehaus 3 und 4 ein neues Theater zu bauen - dass wir uns das nicht leisten können, sollte klar sein. Wir sind eine Kleinstadt.« Den Freien Wählern sei die Unmöglichkeit von vornherein klar gewesen - auch aus Gründen des Denkmalschutzes.

Peter Heidt (FDP) gab zu bedenken, dass das ganze Parlament dem TAF die Rückkehr in den Sprudelhof versprochen habe. »Es war auch ein Punkt der Freien Wähler, den Sprudelhof zu revitalisieren und ein Gesundheits- und Kulturzentrum daraus zu machen«, argumentierte er. Seines Wissens begrüße nicht jeder vom TAF das, was nun geschehe.

Was passiert mit den drei Millionen Euro?

Sinan Sert (SPD) bezeichnete die neue Entwicklung als »Schlag ins Gesicht« getreu dem Motto »Friss oder stirb«. Er forderte ein schlüssiges Nutzungskonzept für die gesamte Trinkkuranlage. Zudem wollte er wissen, ob die Stadt nun dort die drei Millionen Euro für das Kulturzentrum investiere. Krank antwortete, diese Entscheidung hänge vom Stadtparlament ab. Optimierungen und ein Nutzungskonzept sind laut dem Ersten Stadtrat geplant.

Gegenüber dieser Zeitung erklärte TAF-Vorsitzender Gunnar Bolsinger: »Wir alle sind Realisten genug, zu sehen, dass sich die Kosten von damals und die Realitäten von heute unterscheiden.« Die Trinkkuranlage sei bislang Interimsspielstätte, aber es werde länger dauern. »Und vielleicht wird es so sein, dass wir dauerhaft bleiben, doch dafür muss da noch einiges getan und investiert werden.« Als Stichworte nannte Bolsinger den Ausbau von Lagerflächen, Technik und Klimatisierung sowie die Nutzungskoordinierung. Das TAF ist der städtischen Politik seinen Worten zufolge sehr dankbar für den damaligen Grundsatzbeschluss für das Kulturzentrum im Sprudelhof: »Das hat uns sehr den Rücken gestärkt und uns weitergebracht.«

Das TAF gibt es seit über 30 Jahren

Das Theater Alte Feuerwache (TAF) geht aus einem Schülerensemble der Ernst-Ludwig-Schule hervor. In größerem Rahmen machte das TAF 1991 erstmals im Kurhaus mit dem Stück »Hexenjagd« von sich reden. 1997 erfolgte die Vereinsgründung, 1999 der Einzug ins Badehaus 2 im Sprudelhof. Das Team nahm dort erhebliche Renovierungs- und Aufräumarbeiten vor. Es kam zur Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt, das dort die städtische Spielstätte installierte. 2006 hatten Land und Stadt die Idee, eine unterirdische Therme unter dem Sprudelhof zu realisieren. Damals gründete sich die Koordinierungsgruppe Sprudelhof, die ein Neunutzungskonzept für die Jugendstilanlage vorlegte. Einer der vier Vereine, aus der die Gruppe bestand, war das TAF. 2007/08 wurde die Stiftung Sprudelhof gegründet. Die Koordinierungsgruppe hatte die Stiftungslösung vorgeschlagen, die Gruppe erhielt einen Sitz im Stiftungsrat. Schon 2010 wurde über einen Umzug des TAF diskutiert, kurzzeitig war ein Umzug zu den Hiesbach-Karnevalisten ins ehemalige Sportheim in der Jahnstraße im Gespräch. 2020 musste das Theater das Badehaus 2 wegen der Thermalbad- und Saunapläne räumen und in eine Übergangsspielstätte in der Trinkkuranlage übersiedeln. Das Stadtparlament hatte 2019 bereits beschlossen, ein Kulturzentrum zwischen den Badehäusern 3 und 4 zu errichten, unter anderem, um dem TAF die Rückkehr zu ermöglichen.

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