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Geflüchtete in Bad Nauheim und Friedberg: Pläne, Sorgen und die Lidl-Frage

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Ob auf dem ehemaligen Lidl-Gelände in der Frankfurter Straße in Bad Nauheim eine Flüchtlingsunterkunft geschaffen werden soll, wird derzeit noch zwischen dem Wetteraukreis und dem Eigentümer verhandelt. © Nicole Merz

Das ehemalige Lidl-Gebäude in Bad Nauheim ist als mögliche Unterkunft für Geflüchtete genannt worden. Was ist aus den Plänen geworden? Wie ist die Lage in der Kurstadt und darüber hinaus?

Eigentlich sollten auf dem ehemaligen Lidl-Gelände in der Frankfurter Straße in Bad Nauheim Wohnungen entstehen. Für 15 Prozent davon waren »bezahlbare« Mieten vorgesehen. Im Dezember bestätigte Bürgermeister Klaus Kreß dieser Zeitung jedoch, dass das Gebäude womöglich für die Unterbringung von Flüchtlingen infrage komme. Was ist daraus geworden? Und wie ist die aktuelle Lage, was geflüchtete Menschen in der Kurstadt betrifft? Der Wetter-aukreis verhandle derzeit mit dem Eigentümer, informiert Landrat Jan Weckler zur Lidl-Thematik. Auf die Frage, welche anderen Gebäude in Bad Nauheim und Friedberg der Kreis für die Unterbringung in Betracht ziehe beziehungsweise bei welchen er sich schon festgelegt habe, antwortet Weckler: »In Bad Nauheim wurde zu Jahresbeginn ein Objekt in der Birkenkaute angemietet, das bislang durch die Stadt Bad Nauheim als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wurde. Hier wird derzeit eine Brandmeldeanlage eingebaut.« Die Belegung erfolge voraussichtlich im zweiten Quartal mit wahrscheinlich etwa 60 Personen.

700 Geflüchtete in Bad Nauheim

Nach Angaben des Ersten Stadtrats Peter Krank bringt die Stadt Bad Nauheim die ukrainischen Geflüchteten dezentral in verschiedenen Gebäuden im Stadtgebiet unter. In Bad Nauheim leben laut Krank aktuell 700 Geflüchtete, davon 387 Menschen aus der Ukraine.

Im Dezember hatte sich Bürgermeister Kreß sehr besorgt gezeigt angesichts der Herausforderung für Kommunen. »Wir haben ohnehin einen Druck auf dem Wohnungsmarkt; uns fehlen Fachkräfte für die Kinderbetreuung«, sagte er damals. Und: »Wir wollen Hilfe leisten, aber man darf auch nicht sehenden Auges eine Überforderungssituation produzieren. An diesem Punkt sind wir.« Mittlerweile klingt er weniger alarmierend. Auf die Frage, inwiefern das Schaffen bezahlbaren Wohnraums planbar sei, antwortet er: »Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine komplexe Herausforderung vor dem Hintergrund verschiedenster Entwicklungen. Die Situation hinsichtlich der Unterbringung von Geflüchteten ist ein Aspekt davon. Wir versuchen aus der Perspektive der Stadtentwicklung und gemeinsam mit der Bad Nauheimer Wohnungsbaugesellschaft möglichst ganzheitlich und hinsichtlich der Wechselwirkungen vorausschauende Lösungen zu finden, um die dynamische und wenig planbare Gesamtsituation zu bewältigen.«

Kreisweit 10 170 Flüchtlinge

Was mögliche Probleme bei der Infrastruktur, etwa der Kinderbetreuung, angeht, erläutert Erster Stadtrat Krank: »Im Bereich der Ü3-Betreuung können wir jedem Kind einen Betreuungsplatz bieten. Im Bereich der U3-Betreuung befinden wir uns noch in der Umsetzung. Dort gibt es aktuell Wartelisten. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Problematik, die durch Geflüchtete entstanden ist.«

Nach Angaben des Kreises leben - Stand 20. Februar - 10 170 Flüchtlinge in der Wetterau, darunter etwa 3730 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Weckler beurteilt die Lage nach wie vor kritisch: »Die Unterbringung von Geflüchteten ist für den Landkreis kaum noch stemmbar. Derzeit geht es im Wetteraukreis wie in allen Städten, Gemeinden und Landkreisen vor allem darum, irgendwie ein Dach über dem Kopf für die Geflüchteten zu finden. Das wird zunehmend schwieriger, weil die Menschen immer weniger bereit sind, Wohnraum für Migranten zur Verfügung zu stellen. Faktisch haben wir aktuell eine Unterbringungskrise und zugleich eine Akzeptanzkrise.« Vor Ort rege sich immer mehr Widerstand in der Bevölkerung, vor allem dann, wenn Geflüchtete in der Nachbarschaft untergebracht werden sollten.

Die Integration der Menschen, die eine Bleibeperspektive in Deutschland haben, werde eine große Aufgabe über Generationen hinweg sein. Der Ausbau der Infrastruktur, beispielsweise in Bezug auf Schulen und Kitas, gehöre ebenfalls dazu. »Bildung und Sprache sind der Schlüssel zur Integration. Hierfür weiten wir aktuell die Kapazitäten für Sprachkurse in der Volkshochschule Wetterau aus.«

Ohne den Einsatz von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sei die Integration kaum möglich. »Damit die Integration überhaupt eine Chance hat und wir den Menschen helfen können, die Unterstützung im Sinne unseres Asylrechts wirklich nötig haben, muss es endlich eine konkrete Steuerung und wo nötig Begrenzung der Zuwanderung geben. Das kann nur auf Bundesebene geschehen.«

Friedberg: Kaserne und Container

In Friedberg liege der Fokus auf dem Kasernengelände, macht Landrat Jan Weckler deutlich. Auf einer Wiese solle im zweiten Quartal eine Leichtbauhalle mit rund 150 Plätzen errichtet werden. Zudem laufe die Sanierung der weiteren Gebäude, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) angemietet worden seien. »Da die Gebäude stark sanierungsbedürftig sind, ist mit einer Belegung frühestens Ende 2023 zu rechnen«, erläutert der Landrat. In der Containeranlage neben dem Recyclinghof in Dorheim werden nach Angaben des Kreises voraussichtlich ab März sukzessive Geflüchtete aus weltweiten Krisengebieten untergebracht. Wegen dieser Containeranlage hatte es bereits eine Diskussion gegeben, insbesondere wurde die Lage neben dem Recyclinghof als menschenunwürdig bezeichnet.

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