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Geheimnisvolles Grabkreuz nach 100 Jahren rekonstruiert

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Martin Fink. © Petra Ihm-Fahle

Vor 300 Jahren wurde der Ratsherr Christophel Schmidt auf dem Nauheimer Totenhof bestattet. Sein schmiedeeisernes Grabkreuz war 100 Jahre lang verschollen, wurde nun rekonstruiert.

In welcher Straße Christophel Schmidt wohl wohnte? Eines steht fest, er starb 1723 mit 74 Jahren. Das geht aus den Kirchenbüchern des damaligen Dorfes Nauheim hervor. Nur 13 Bürgerinnen und Bürger aus dem Ort segneten in jenem Jahr das Zeitliche. Christophel Schmidt könnte wohlhabend gewesen sein, da er Ratsherr war. Daher ordnet Heimatforscher Dr. Thomas Schwab ein geheimnisvolles schmiedeeisernes Grabkreuz ihm und niemand anderem zu. Seit 100 Jahren ist das Schmuckstück verschollen, doch nun ließ der Bad Nauheimer Martin Fink das Kreuz nacharbeiten. Der Kunstschmied und Restaurator Rüdiger Schwenk aus Aarbergen hat es mit Werktechnik von damals angefertigt.

Am heutigen Dienstag ist es 300 Jahre her, dass Christophel Schmidt bestattet wurde. Der Förderverein »Alter Friedhof - Historischer Bürgerpark«, dessen Vorsitzender Fink ist, will das Kreuz jetzt Bürgermeister Klaus Kreß und der Öffentlichkeit vorstellen. Termin ist am Dienstag, 24. März, ab 10.30 Uhr am Eingang zum historischen Bürgerpark und ab 11.30 Uhr im Rathaus. Der Verein will einen sicheren Platz für das Kreuz finden, denn das gute Stück besteht aus Eisen. Vermutlich der Grund, warum das Original nicht mehr existent ist. Vielleicht stahlen es Metalldiebe.

Die Dokumentation des Kunstwerks ist auf den Architekten Paul Eberlein zurückzuführen. Er veröffentlichte 1910 eine Sammlung mit 100 Studienblättern und widmete eines davon drei Grabkreuzen. Das Stück aus Bad Nauheim war dabei, Eberlein vermaß und zeichnete es. 1941 schrieb Friedrich Moeßinger über das Kreuz, 1959 die Wetterauer Zeitung, 1968 Oberstudienrätin Elisabeth Kredel und 2011 Dr. Thomas Schwab.

Es dürfte an der Ecke schräg gegenüber der Wilhelmskirche gestanden haben, dort wo der Eingang zum Historischen Bürgerpark liegt. Ein eher unspektakulärer Ort, zumindest heute ist dort der Bürgersteig. Irgendwann um 1920 herum war es aber weg. Das Grab des Ratsherrn Schmidt lag auf dem früheren »Totenhof« bei der Wilhelmskirche, wo heute der Vorplatz des Gotteshauses ist. Zu Lebzeiten Christophels, der Kirchenältester war, stand dort noch die alte mittelalterliche Dorfkirche.

Fink kam das Grabkreuz wieder in den Sinn, als ihn der Fachautor Josef Moos anschrieb. Er fragte an, ob das Kreuz noch existiere. »Das mussten wir verneinen und ich begann, wieder zu recherchieren.« Fink fragte Moos, ob er einen Kunstschmied kennt, der das Original rekonstruieren könnte. Das Kunstwerk hat eine spiralförmig gedrehte Säule, den oberen Teil kann man wie ein Buch oder Schränkchen aufklappen. Laut Moeßinger war das typisch für solche Kreuze. Oben sind die Initialen »C. S.« eingraviert. Zunächst war nicht klar, um wen es sich dabei handeln könnte, aber laut der Recherchen von Schwab dürfte es Christophel Schmidt gewesen sein.

Suche nach Ausstellungsorten

Moeßinger und Kredel hatten die Ansicht vertreten, dass es einem Bad Nauheimer namens Klinkerfuß zuzuschreiben sei. Dem aber widersprach Schwab nach Prüfung des Kirchenbuchs, das zwar auch den Tod von Christina Schäfer (»C. S.«) im selben Jahr vermerkt, doch Fink und Schwab halten Schmidt für wahrscheinlicher. Die Nachfahren von Schmidt brachten das Kreuz laut Kredel 1838 zum alten Friedhof gegenüber der Wilhelmskirche. Auf dem zuvor genutzten Totenhof stand es demnach 115 Jahre lang, anschließend in unmittelbarer Nähe der heutigen Stadtschule. Fotos gibt es keine. Fink: »Aufgrund der Zeichnung von Eberlein haben sich immer wieder Leute für das Kreuz interessiert.«

Als Fink seinen Verein bei einer Mitgliederversammlung kürzlich informierte, erklärten sich die Ehrenamtlichen bereit, die Patenschaft für das Kreuz zu übernehmen. Das Bewahren von Friedhofskultur ist Fink wichtig. Seiner Meinung nach sollte man Friedhöfe nicht am Rande von Kommunen ansiedeln, sondern innerhalb: »Es wäre wichtig, dass sie Teil der Gesellschaft sind.« Nun hofft er auf Ausstellungsmöglichkeiten, die - zumindest zunächst - auch vorübergehend sein können.

Die Präsentation

Anlässlich der Rückkehr des 300-jährigen schmiedeeisernen Bad Nauheimer Grabkreuzes plant der Förderverein »Alter Friedhof - Historischer Bürgerpark« ein öffentliches Programm am Dienstag, 25. April.

10.30 Uhr, Eingangsbereich Alter Friedhof gegenüber Wilhelmskirche: Übergabe des rekonstruierten 300-jährigen schmiedeeisernen Bad Nauheimer Grabkreuzes aus 1723 durch Kunstschmied und Restaurator Rüdiger Schwenk (Aarbergen). Dazu gibt es eine Erläuterung der Lokalisation des Grabmalstandortes bis vor etwa 100 Jahren.

11.30 Uhr Rathaus, Parkstraße 36 - 38, Sitzungssaal im Dachgeschoss mit Grußworten. »Bad Nauheimer Grabkreuz 1723« (Martin Fink). Recherche »Namensfindung und Grabkreuz-Zuordnung« vor dem Hintergrund der Stadt-Zeitgeschichte des frühen 18. Jahrhunderts (Dr. Thomas Schwab). »Das alte Handwerk lebt« - Einblicke in die Entstehung des Grabkreuzes. »Bekenntnis zum Wert unserer Friedhöfe«: Beitritt zur »Charta Friedhofskultur«.

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Das Grabkreuz. © Petra Ihm-Fahle

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