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Hier kauften schon Sissi und Elvis ein: Traditionsladen in Bad Nauheim schließt

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Von: Michael Humboldt

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Mit dem Geschäft der Familie Kilb schließt eines der ältesten Traditionsunternehmen in Bad Nauheim. Auch beim Ausverkauf herrscht in dem kleinen, urigen Laden dennoch eine angeregte Stimmung. FOTO Nici Merz © Nicole Merz

Die Kaiserin »Sissi« hat einst edle Dessous im Geschäft der Familie Kilb in Bad Nauheim für sich entdeckt, Elvis fand dort seine Unterwäsche. Nun ist nach 125 Jahren Ausverkauf.

Bad Nauheim - Man kann der Firma Kilb in der Karlstraße 3 nur sehr herzlich gratulieren, denn sie befindet sich seit 100 Jahren immer noch in Familienbesitz«, schrieb Heinrich Burk am 31. Mai 1997 in der Wetterauer Zeitung. Nun, 25 Jahre später, wird auch dieses Traditionsgeschäft der Kurstadt für immer seine Pforten schließen. Pünktlich also zum 125-jährigen Bestehen, das keiner in der Familie gefeiert hat. Denn vor einigen Wochen ist Werner Kilb verstorben, der mit großer Leidenschaft stets in seinem Leben die Schiesser-Unterwäsche, die Mieder-Waren oder Schlafanzüge seinen Kunden ans Herz gelegt hat. »Keiner kennt Schiesser wie der Bad Nauheimer«, heißt es in einem Fernseh-Bericht über das Geschäft. »Meine vier Enkel tragen Schiesser, meine Schwiegertöchter, meine Frau und ich natürlich auch«, erklärte Werner Kilb stolz vor den Kameras.

Nun muss »alles raus«, wie es im Schaufenster zu lesen ist. Doch günstige Rabatte sorgen gerade dafür, dass auch beim Schlussverkauf viel Trubel in dem kleinen, urigen Geschäft in der Karlstraße herrscht. »Wir würden uns natürlich freuen, wenn es noch Interessenten gäbe, die das hier übernehmen«, erklärt Manfred Kilb, der Sohn von Werner Kilb. Er selbst arbeitet im Außendienst der Versicherungs-Branche, sein Bruder Michael ist vor neun Jahren verstorben. Manfred Kilb, seine Frau Simone, Tochter Janina, Michael Kilbs Frau Jutta und deren Töchter Sandra und Alexandra organisieren nun mit großer Wehmut den Ausverkauf, bei dem eine Marke immer wieder in Vordergrund steht.

Traditionsladen in Bad Nauheim schließt: Langlebigkeit der Kleidung als Erfolgskonzept

»Unsere Materialien zeichnen sich vor allem durch ihre erlesene Qualität aus. Wie schon einst Jaques Schiesser bei der Firmengründung legen wir auch heute noch Wert auf hochwertige Verarbeitung und - ganz besonders - Langlebigkeit. Unsere Kleidungsstücke und Heimtextilien verlieren auch nach vielen Jahren im Gebrauch weder ihre intensive Farbe noch ihre Form«, heißt es auf der Homepage der Firma Schiesser. Und das hat auch Werner Kilb in Bad Nauheim Jahrzehnte lang den Erfolg beschert.

Die Tradition seines Geschäfts reicht weit zurück. Werner Kilbs Großvater Engelbert Kilb durfte sogar die österreichische Kaiserin »Sisi« bedienen. »Die stolze Kaiserin hatte vor ihrem Einkauf die Schaufenster wohl schon nach geeigneten Dessous abgesucht. Erst dann wird sich Ihre Majestät in Begleitung ihrer Hofdame auf den Weg in die einstige Arztpraxis des Prof. Dr. Schott gemacht haben«, fabulierte Heinrich Burk einst in der WZ. Später war natürlich auch der legendäre Elvis ein Kunde im Traditions-Geschäft und besorgte sich dort Unterwäsche.

Weitere große Tradition in der Bad Nauheims Geschäftswelt geht zu Ende

Engelbert Kilb gab das Unternehmen im Jahr 1904 an seine Schwägerin Luise Hartel ab, die es bis zum Jahr 1935 führte. Noch immer ist ihr Name auf dem Schild in der Karlstraße verewigt. Dann übertrug sie die Firma dem Sohn des Gründers, Karl Kilb, der viele Jahre die Regie im Herzen der Kurstadt führte. Als er im Jahr 1971 verstarb, ging die Inhaberschaft auf seine Frau Maria über, die Mutter von Werner Kilb. Auch sie war für viele Bad Nauheimer Kunden lange Zeit eine Art Kultfigur inmitten des großen Wäsche-Sortiments.

Werner Kilb hat in den 90ern dann die Verantwortung im Laden übernommen und auch von der großen Unterstützung seiner Frau Walburga Kilb profitiert. Mit seinem Tod und der Schließung wird eine weitere große Tradition in der Bad Nauheimer Geschäftswelt zu Ende gehen. (Michael Humboldt)

Auch einem Restaurant in Bad Nauheim droht aktuell die Schließung: Dem „Fellini“ flatterte kürzlich eine fristlose Kündigung ins Haus.

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