Haushalt 2023: Noch geht die Rechnung auf

»Solide, aber nicht ambitioniert.« Dieser Satz aus der FDP-Fraktion war die schärfste Kritik am Bad Nauheimer Haushalt 2023. Das Jahr 2024 indes könnte schwieriger werden.
Mit großer Mehrheit hat das Bad Nauheimer Stadtparlament bei seiner jüngsten Sitzung in der Trinkkuranlage dem städtischen Haushalt für 2023 zugestimmt. Aufgrund vorhandener Rücklagen ist der Etat ausgeglichen (siehe letzter Absatz), lediglich die FDP votierte dagegen. Wie Kämmerer Peter Krank (parteilos) dieser Zeitung erklärte, ist er für das positive Signal dankbar. Im Mittelpunkt der Sitzung standen die Haushaltsreden der Fraktionen.
»Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, die Ursachen des Klimawandels zu reduzieren«, sagte Claudia Kutschker, eine der beiden Fraktionsvorsitzenden. Als positiv bewertete sie den neuen Fachdienst Innovation, Nachhaltigkeit und Klima im Rathaus, die Besetzung der Stelle einer Klimaschutzmanagerin sowie die Pläne, Lastenrad-Sharing und eine Starkregen-Gefahrenkarte einzuführen.
Als wichtig bezeichnete es Kutschker, die Menschen verstärkt für den Öffentlichen Personennahverkehr und das Fahrrad zu gewinnen. Was den Ausbau des Stadtbusses angeht, hätten die Grünen laut Kutschker gern mehr gehabt, das sei aber nicht möglich gewesen. Das 100-Dächer-Programm zur Photovoltaik sei gut angelaufen.
Steffen Hensel (SPD) ging auf die krisenbedingten Veränderungen ein, »all das bei nicht absehbaren Haushaltsrisiken«. Nach Ansicht des Sozialdemokraten sind es nicht nur die kostenintensiven Vorhaben, welche die Stadt voranbringen. »Oft sind es die scheinbar kleineren Vorhaben«, konstatierte er. Er nannte einige Beispiele aus den Haushaltsberatungen, unter anderem 3000 Euro für eine bessere Beschilderung in der Trinkkuranlage, 5000 Euro für zusätzliche Zigarettenbehälter, etwa in der Nähe von Kliniken und Spielplätzen, sowie die bessere Ausleuchtung kritischer Bereiche, vor allem am Bahnhof.
FDP fordert mehr Mut und Kreativität
»Wir meinen, für die Menschen muss noch mehr geschehen. Nur Therme reicht nicht«, betonte Benjamin Pizarro (FDP). Was den Stadtbus betrifft, habe sich die FDP mehr Investition und »mehr Ergebnisse« gewünscht. »Mehr Mut und Kreativität« hätten die Liberalen auch beim Ausbau erneuerbarer Energien präferiert. Als weiteren Punkt sprach Pizarro die Kinder- und Jugendarbeit an, welche nach Ansicht der FDP noch besser werden könnte - womit er ausdrücklich nicht die 80 000 Euro mehr für Sicherheitsdienste meinte. Pizarro bemängelte, dass das Parlament der Musikschule nur 15 000 statt 100 000 Euro mehr Zuschuss zahlen wollte. Fraktionskollege Peter Heidt fügte hinzu: »Der Haushalt ist solide, aber nicht ambitioniert.«
Manfred Jordis (CDU) ging auf die Unsicherheiten durch gestiegene Baukosten, Energiepreise und Aufwendungen für die Flüchtlingsunterbringung ein. »Sicher werden wir über einen interessanten Nachtragshaushalt in 2023 reden müssen«, prognostizierte er. Die Stadt lebt laut Jordis derzeit von der Rücklage, für 2024 seien die Prognosen nicht mehr so positiv. »Wir stimmen dem Haushalt zu, weil wir Verantwortung tragen. Die Koalition hat Akzente gesetzt, maßvoll und ohne Luftschlösser«, sagte er.
Widerspruch in Sachen Musikschule
Ein besonderer Schwerpunkt liege auf der nachhaltigen Entwicklung, mit der Förderung des Radverkehrs und dem Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte Jordis. Er widersprach Pizarro in Sachen Musikschule. Das Hohe Haus erhöhe den Zuschuss bereits zum zweiten Mal in kurzer Zeit und habe einen Aufsichtsrat beschlossen.
Markus Theis (Freie Wähler) bezeichnete das Zahlenwerk als einen »Haushalt aus der Verwaltung«, aufgestellt durch den hauptamtlichen Magistrat, der im Blick habe, wie es in den kommenden Jahren weitergeht. Theis beschrieb Probleme: Die »Überalterungskatastrophe« mit dem damit einhergehenden Fachkräftemangel, die enorme Flüchtlingswelle und die Demos durch »Trommler«. Seien die Rücklagen aufgezehrt, werde es schwierig.
Theis appellierte, das vorhandene Geld effizient auszugeben. Seiner Meinung nach bringt es die Verkehrswende nicht weiter, einen Radweg von Steinfurth nach Wölfersheim auszubauen.
Auf den Tischen lagen auch die Nachtragshaushaltssatzung für 2022 und das Haushaltssicherungskonzept für 2023. Beidem stimmte das Parlament geschlossen zu.
Etat 2023: Steuern werden nicht erhöht
Der Bad Nauheimer Haushalt 2023 schließt im Ergebnishaushalt mit einem Defizit von 9,15 Millionen Euro ab. Das Zahlenwerk gilt trotzdem als ausgeglichen, da die Stadt das Minus aus vorhandenen Rücklagen decken kann. Der Finanzhaushalt schließt mit einem Defizit von 10,5 Millionen Euro ab, auch an dieser Stelle sind genügend Rücklagen bzw. ungebundene liquide Mittel vorhanden, um die Lücke zu decken. In den Jahren 2022 bis 2026 plant die Stadt Auszahlungen über 102,8 Millionen Euro für Investitionen ein. Davon sind 62,3 Millionen Euro für die Therme inklusive Anbindung und Tiefgarage vorgesehen und durch Kredite finanziert. Der Kreditrahmenvertrag wurden im März dieses Jahres abgeschlossen, die Laufzeit beträgt 30 Jahre. Die geplante Kreditaufnahme für 2023 liegt bei 37,7 Millionen Euro. Der Schuldenstand bis Ende 2023 ist mit 83,5 Millionen Euro geplant. In dieser Summe sind die 62,3 Millionen Euro für die Therme inklusive Anbindung und Tiefgarage sowie Verbindlichkeiten aus früheren Haushaltsjahren enthalten. Steuern und Gebühren werden nicht erhöht. Die wichtigsten Investitionen in 2023 sind Therme, Tiefgarage, Ausbau der Mobilität (beispielsweise der Radwege) sowie die Infrastruktur, vor allem in die Kitas »Auenland« (Süd) und »Hohenstein«.