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Hospizdienst Wetterau: Im Sterben nicht allein

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Bernhard Sohni und Anita Unkel freuen sich über das 25-jährige Bestehen des Hospizdienstes Wetterau, der sich der ehrenamtlichen Sterbe- und Trauerbegleitung verschrieben hat. © Petra Ihm-Fahle

Seit 25 Jahren besteht der Hospizdienst Wetterau. Die Ehrenamtlichen wollen Menschen am Ende ihres Daseins nicht alleinlassen und auch Trauernde begleiten.

Die Hospizarbeit hat mich immer schon interessiert«, erzählt Anita Unkel. Durch Sterbefälle im Familien- und Freundeskreis erfuhr sie, wie wichtig es ist, Menschen am Lebensende zu unterstützen. Die heute 77-Jährige ist stellvertretende Vorsitzende des Hospizdienstes Wetterau. Dies ist eine Regionalgruppe des ISGL-Hospiz-Vereins (Info), die ehrenamtliche ambulante Sterbe- und Trauerbegleitung anbietet und jetzt ihr 25-Jähriges begeht.

»Dann habe ich meine Schwiegermutter ein paar Monate begleitet, und sie durfte in Würde und Frieden unsere Welt verlassen. Das, was ich ihr geben konnte, wollte ich auch anderen Menschen geben«, berichtet Unkel weiter. Vor 16 Jahren las sie über einen Info-Abend und die Ausbildung zur Hospizbegleiterin. »2007 habe ich angefangen, 2008 beendete ich es, und seither durfte ich ganz viele Menschen begleiten.«

Vorsitzender ist seit 2022 der ehemalige Schriftführer Bernhard Sohni. Wie er schildert, gibt man als Sterbebegleiter viel Zeit, »aber man bekommt auch viel zurück«. Der 70-Jährige erinnert sich an einen Mann, der mehrere Schlaganfälle erlitten hatte und nur noch wenig reden konnte. Sohni spielte seine Lieblingsmusik, erzählte und las ihm vor. »Als ich ging, hat er mich tief angeblickt und ›Danke‹ gesagt.« Sohni wusste in diesem Moment, dass sein Besuch viel Sinn ergeben hatte.

Monatliches Trauer-Café

Unkel und Sohni sitzen in ihrem Büro. »Wir sind froh über diese Räume«, bekennt der Vorsitzende. Adresse ist die Frankfurter Straße 24, wo es zwei Parkplätze im Hof und einen direkten Zugang von der Straße aus gibt. »Es eignet sich für die Sprechstunde, die wir dienstags haben«, sagt Sohni. Zum Einzugsgebiet gehören Bad Nauheim, Butzbach, Münzenberg, Ober-Mörlen und Rockenberg.

Er fährt fort: »Wir sind gut aufgestellt, weil wir den Dachverband ISGL haben und viel Unterstützung bekommen. Über 30 ehrenamtliche Aktive in der Sterbe- und Trauerbegleitung haben wir sowie drei hauptamtliche Koordinatorinnen. Zwei, die sich eine Stelle teilen, und eine mit geringfügiger Beschäftigung.« Zurzeit wird Sterbebegleitung seinen Worten zufolge sehr nachgefragt; es sei in der Nach-Corona-Zeit wieder angewachsen. Unkel ergänzt: »Und es gab eine große Nachfrage für Trauerbegleitung, weil viele Angehörige sich nicht verabschieden konnten.«

Der Verein hat ein monatliches Trauer-Café eingerichtet, dies zusammen mit der Hospizhilfe Friedberg. Treffpunkt ist das Büro in Bad Nauheim (erster Sonntag im Monat, 14 bis 16 Uhr).

Ein tief greifendes Erlebnis

Jede Begleitung sei etwas ganz Besonderes, wie Unkel konstatiert. »Es hat mein Leben bereichert, und ich bin dankbarer und demütiger für mein eigenes Leben geworden.« Bei der Begleitung einer Seniorin konnte sie mit deren Tochter reden, die ihr vom großen Glauben der Mama berichtete. Die Mutter lebte im Heim, war dement und schrie öfter. »Da habe ich mein evangelisches Gesangbuch mitgenommen und Texte vorgelesen. Sie hat alle Texte nachgesprochen, und wir haben zusammen das Vaterunser gebetet. Das war so ein tief greifendes Erlebnis«, erinnert sich Unkel. Am nächsten Tag fragte die Pflegerin: »Was haben Sie denn mit ihr gemacht? Sie schreit gar nicht mehr.« Das berührte Unkel sehr.

Wer dieses Ehrenamt ausübt, ist häufig in Rente und möchte etwas Sinnvolles tun. Bei Praktika können die Menschen während der Ausbildung feststellen, ob es wirklich etwas für sie ist. Später erhalten die Sterbebegleiter Praxis-Begleitertreffen, zudem gibt es Supervisionen und Fortbildungen. »Das heißt, wir sind immer zusammen und können darüber sprechen, Ratschläge einholen und von Erfahrungen profitieren, die andere gemacht haben«, sagt Sohni.

Mit Seniorenheimen besteht eine Kooperation, sprich: Sterbebegleiter sind als Paten aktiv, gehen regelmäßig proaktiv ins Haus. »Sie sprechen mit den Pflegedienstleitungen oder Wohnbereichsleitern und fragen, wer Unterstützung nötig hat.« Wie sich zeigt, ist der Hospizdienst Wetterau eine wichtige soziale Stütze für ein würdevolles Lebensende.

Veranstaltungen zum Jubiläum

Zu den anstehenden Veranstaltungen zum Jubiläum zählt das Benefizkonzert »Gospel meets Hospiz« mit dem Gospelchor der evangelischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Kantor Frank Scheffler zugunsten des Hospizdienstes Wetterau und der neuen Orgel. Das Konzert findet am Sonntag, 17. September, um 17 Uhr in der Dankeskirche statt. Am Sonntag, 15. Oktober, ist um 11 Uhr in der »Filmbühne« in Bad Nauheim ebenfalls eine Veranstaltung terminiert: »Letzte Lieder« von Stefan Weiller, Geschichten und Musik am Lebensende. Weitere Informationen sind online unter www.hospizdienst-wetterau.de zu finden. ISGL bedeutet »Internationale Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand«.

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