Kleine Patienten begleiten

Der Bad Nauheimer Kinder- und Jugendarzt Dr. Georg Certa ist in den Ruhestand gegangen und hat seinen Anteil an der Praxis in der Frankfurter Straße an seine Kolleginnen übergeben.
Die Entscheidungszeit war kurz. Im Frühjahr 2022 fragte Dr. Georg Certa seine Kolleginnen, ob sie die Kinder- und Jugendarztpraxis zum Januar 2023 als neue Gemeinschaftspraxis Euler und Seeger übernehmen wollen. »Wir haben einmal kurz Luft geholt«, erzählt Dr. Fabienne Seeger. Und dann - zumal Anträge gestellt und Fristen eingehalten werden mussten - recht schnell entschieden. »Wir fanden: Das passt gut«, sagt Uta Euler.
Nun, seit diesem Monat, leiten die zwei Kinder- und Jugendärztinnen Uta Euler und Dr. Fabienne Seeger die Gemeinschaftspraxis in der Frankfurter Straße in Bad Nauheim.
Seit 2004 gibt es die Gemeinschaftspraxis; damals haben Dr. Georg Certa und Uta Euler sie eröffnet. Euler hatte zuvor fünf Jahre in einer Praxis in Hüttenberg gearbeitet.
Dr. Fabienne Seeger ist 2018 ins Team gekommen - damals als Assistenzärztin, die ihre Facharztprüfung noch vor sich hatte.
Dass sie als niedergelassene Ärztin statt in einer Klinik arbeiten möchte, war ihr schon damals klar, erzählt sie. Einerseits, weil es ohnehin zu wenige niedergelassene Ärzte gebe, andererseits wegen der Arbeit an sich: »Die Patientenkontakte in einer Klinik sind zu kurz.« In einer Praxis hingegen betreue man die Patienten über mehrere Jahre. »Wir leben beide diese Faszination, die kleinen Menschen und ihre Familien zu begleiten«, sagt Uta Euler. Besonders schön sei es, die Entwicklung von Geburt an zu beobachten: bei den (bis zum fünften Lebensjahr verpflichtenden) Vorsorgeuntersuchungen, in den Kindheitsjahren, »bis sie irgendwann als Teenager vor einem stehen«.
Das sei überhaupt das Besondere an dem Feld der Kinder- und Jugendmedizin: »Wir sind für alle medizinischen Belange für Patienten unter 18 Jahren zuständig. Die Pädiatrie ist ein weites Feld« - ob es um einen Infekt, eine Allergie, eine neurologische Erkrankung oder um eine äußere Verletzung geht.
Seeger ergänzt: »Ich empfinde es als Ehre, dass wir mit Kindern und deren Eltern arbeiten dürfen. Und dass sie uns als Vertrauensperson kennen.«
Groteske Erfahrung während Pandemie
Da Seeger schon seit vier Jahren (mit kurzer Unterbrechung, als sie ihr zweites Kind bekommen hat) als Ärztin in der Praxis arbeitet, falle ihr der Einstieg in die neue Position leichter. »Dadurch, dass ich viele Patienten kenne und sie mich, kann ich mit mehr Gelassenheit starten.«
Hinzukomme das Team der medizinischen Fachangestellten: »Ich bin froh, dass wir so ein erfahrenes Team haben.« Die Eltern würden es schätzen, dass die Beratung am Telefon stets gut sei - gerade wenn eine Infektwelle wieder einmal für eine volle Sprechstunde sorge. »Im Moment haben wir ein enormes Aufkommen«, sagt Euler. Aber, sagt sie: »Die Familien kennen uns und wissen, dass wir uns Zeit nehmen.« Wenn es aufgrund von Infektwellen also mal etwas hektischer zugehe, »wissen die Familien, dass das seinen Grund hat«.
Das Arbeitsaufkommen sei in den vergangenen Jahren ohnehin ständig gestiegen - wegen der Mehrarbeit im Bereich Verwaltung oder IT.
Nur einmal, erzählt Uta Euler, habe es eine Situation gegeben, die so noch nicht vorgekommen sei: Während der Corona-Pandemie seien kaum Patienten gekommen. »Das war eine groteske Erfahrung«, sagt Euler. »Viele hatten Angst, in die Praxis zu kommen. Wir waren hier und haben auf die Patienten gewartet. So etwas habe ich noch nie erlebt.«
Mittlerweile sei wieder Normalität eingekehrt, insofern als sich der Praxisalltag wie vor der Pandemie gestalte. Mit der neuen Leitungskonstellation soll alles weitergehen wie bisher, sagen die beiden Ärztinnen. Sie können sich aber vorstellen, wieder eine junge Kollegin oder einen jungen Kollegen zur Weiterbildung einzustellen. »Denn auch die Kinderarztpraxen brauchen Nachwuchs, damit die fachärztliche Behandlung von Kindern gewährleistet bleibt.«