Mentalist Lars Ruth: »Ich bin ein Scharlatan«

Als Seher wird ein Mensch mit einer vermeintlich übersinnlichen Begabung bezeichnet. Genau dies ist das Metier von Mentalist Lars Ruth.
Lars Ruth war am Sonntagabend mit seinem Programm »Der Seher« erstmals zu Gast im Theater am Park. Fast zwei Stunden faszinierte der Frankfurter die Besucher mit seiner Mischung aus Magie, Gedankenlesen und Hypnose. Schon der Auftakt war anders als alles, was bisher im Theater am Park zu sehen war.
Zehn Minuten vor Showbeginn kam der 53-Jährige auf die Bühne und setzte sich mit verbundenen Augen auf einen Stuhl. Auf der Leinwand flimmerte wenig später ein kurzer Film, der ein »wunderbares Spiel in fünf Akten« versprach. Schließlich nahm Ruth die Maske ab und begrüßte die Besucher mit der Feststellung »Ich bin ein Scharlatan.«
Er versprach eine »gemeinsame Show, denn ohne euch bin ich ein Nichts.« Was er damit meinte, wurde schnell klar. Besucherin Maren war die erste von zahlreichen Anwesenden, die er ansprach. Die wählte aus einem von drei Büchern, eines aus, suchte darin ein langes Hauptwort und dank Telepathie, so Ruth, dauerte es nicht lange, bis der Magier das Wort »Betrugsversuch« empfangen und aufgeschrieben hatte.
»Das war nur zum eingrooven«, meinte Ruth. Immer wieder bezog er sie Besucher ein, mal im Saal, mal auf der Bühne. Viele meldeten sich freiwillig für die Experimente, mit denen Ruth ein ums andere Mal verblüffte. So schwangen die von drei Frauen ruhig gehaltenen Pendel nach und nach unterschiedlich aus, besonders stark bei Besucherin Edith, die so zum Ruths Medium wurde. Diese pendelte vier Umschläge aus und fand unter den Namen, die Besucher aufgeschrieben hatten, den einzigen Umschlag mit dem Namen eines Verstorbenen.
»Ich habe nichts gemacht, es war die Energie von Edith«, verkündete der Magier, der bei seinen Suggestionen schon mal alle Besucher einspannte. Da war bei einem Drittel der Besucher nach einer »Meditation« plötzlich ein Finger gewachsen, nachdem diese die Hände ein zweites Mal aneinandergehalten hatten.
Die Erklärung Ruths: »Worte schaffen Realität.« Diese »Realität« erlebte Besucherin Margit auf der Bühne, die plötzlich Feuer und dann Eis auf ihrem Arm spürte - »gesendet« von der Hand des Magiers, der Margit fast zum Fallen brachte.
Welche Energie das Publikum angeblich besaß, zeigte sich an einer Cola-Flasche, die das Publikum durch Energieübertragung zum Platzen brachte. Wieder wurde gestaunt, auch als Ruth die Gedanken von zwei Frauen lesen konnte. Trotz aller Mystik und Staunen kam auch der Humor nicht zu kurz. So konnte es Besucherin Michaela nicht glauben, dass die Besucher jedes Mal die Zahl eines Würfels laut riefen, die sie zuvor nach oben gelegt hatte. Natürlich wird nicht verraten, wie das die Besucher - mithilfe von Ruth - geschafft haben. Woher der allerdings die Zahl wusste, blieb ein Rätsel.
Völlig baff war noch einmal Besucherin Edith, die ein Kartenspiel in Zehnerpacks sortierte und schließlich feststellte, dass eine Karte fehlte. Es war die Karo-Dame, die sie zuvor bestimmt hatte. Rätselhaft war zunächst auch die Melodie, die Ruth auf einem Theremin, dem ersten Synthesizer, spielte. Es war Louis Armstrongs »What a wonderful world« und somit der Titel, der auf dem Zettel stand, den ein Besucher unter vielen ausgewählt hatte.
Zum Finale dann zwei Höhepunkte: Ein Hypnose-Experiment mit Besucherin Jessica, die von Ruth in ihre Kindheit zurückversetzt wurde - bis zur Einschulung und ersten Leseversuchen. Schließlich wurde Ruth zum Seher, ganz im Stil des Spiritismus, der in England Ende des 19. Jahrhunderts aufkam. Mit einem Verband um Augen und Ohren beantwortete er Fragen von Besuchern, die diese mit ihren Initialen und Sternzeichen auf Karten geschrieben hatten. Diese befanden sich in einem Glas, das Ruth nicht berührt hatte.
Mucksmäuschenstill war es da, vor allem, als es um eine dramatische Gesundheitsfrage ging. Nicht enden wollte schließlich der Beifall für Ruth, der sich so verabschiedete: »Wir sind unsterblich durch die Erinnerung an uns.«