Mit Mehrweg die Zukunft säubern

Allerorten wächst das Umweltbewusstsein und das Verantwortungsgefühl für die Zukunft, was auch von den Städten Bad Nauheim und Friedberg mit dem neuen Mehrwegsystem gefördert wird.
Zwischen halb sieben und sieben fährt jeden Morgen im Bad Nauheimer Rosengarten der städtische Reinigungsdienst vor, der alle Spuren verwischt. Doch wer noch früher die Wege geht zwischen Rosen, Dankeskirche und dem Elvis auf der Brücke, sieht tagtäglich das gleiche Bild. Auf den Bänken stapeln sich Pizzakartons oder Styroporverpackungen, in denen sich Rosengartenbesucher am Abend zuvor ihre Nudel- oder Schnitzelgerichte besorgt haben.
Gut möglich, dass diese Verpackungs- und Rohstoffverschwendung irgendwann der Vergangenheit angehört, denn auch die Städte Bad Nauheim und Friedberg haben vor einiger Zeit ein Mehrwegsystem eingeführt, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. »10 089 Einwegverpackungen gespart«, meldete am Dienstag der Live-Ticker auf der Info-Seite der Stadt Bad Nauheim. Und dass das Interesse größer wird und nicht einschläft, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit.
Denn das von beiden Städten bevorzugte System des Anbieters Vytal erfordert ja auch von den Kunden zumindest technisches Basiswissen. Bei Lieferung oder Abholung muss man sich einen QR-Code in der App oder aber eine Offline-Karte auf dem Smartphone scannen lassen. Die Behälter kann man dann innerhalb von 24 Stunden ungespült oder innerhalb von 14 Tagen gereinigt deutschlandweit an beliebige Vytal-Partner zurückgeben.
Großes Interesse im »Min i Asia«
Einige Meter entfernt vom Rosengarten betreibt Ravi Shanker Arenja auf der Hauptstraße das »Mini Asia«. Hier kann man sich im Mehrweggeschirr Spezialitäten wie Chicken Ginger oder Murgh Choley abholen. Es funktioniere super, hört man bei der Nachfrage im kleinen Restaurant. »Die Kunden achten immer mehr auf Nachhaltigkeit und nehmen das System mit großem Interesse an, zumal es auf den Flyern bei uns angekündigt wird. Auch vor der Technik schreckt keiner zurück«, betonen die Mitarbeiter.
Insgesamt 15 Teilnehmer stehen aktuell auf der Bad Nauheimer Vytal-Liste. Die Bäckerei Löber, der Biomarkt neben dem Rewe, die Restaurants »Da Capo«, »Duckys«, »Doa«, »Green Island«, »Il Gusto Inverso«, »Landhaus Bavaria«, der »Marktplatzgrill«, »Pane e Vino«, »Semira«, »Verde«, die Bar »Soul4Drinks« und auch der »Nix-Drum-Rum-Laden« von Simone Schmidt.
Und überall hört man auf Nachfrage Ähnliches. »Alle machen mit, haben aber auch gar keine Wahl, weil wir das Einweggeschirr komplett abgeschafft haben«, erklärt Leon Brukner von »Duckys Restaurant« vor dem Sprudelhof.
Oben, auf der Frankfurter Straße, bekommt man die gleiche Info. Das Einweggeschirr gehöre der Vergangenheit an, alle Abholer müssten auf das Mehrwegsystem umsteigen. »Wir machen die Gäste auch immer wieder auf diese Möglichkeit aufmerksam, unter anderem mit einem Info-Blatt«, erklärt Inhaberin Ivonne Jungnickel-Taran, die sich glücklich zeigt über diese umweltschonende Variante und stolz auch eine Urkunde von Vytal präentiert.
Gesetzgeber macht zunehmend Ernst
Mittlerweile macht auch der Gesetzgeber Ernst. Seit dem 1. Januar sind Restaurants, Bistros, Cafés, Imbissbetriebe, Caterer oder Lieferdienste offiziell verpflichtet, neben Einwegkunststoffverpackungen auch eine Mehrwegalternative für Essen und Getränke zum Mitnehmen anzubieten.
Auf die gleiche Karte setzt dabei die Stadt Friedberg, die von Anfang an ein einheitliches System mit der Nachbarstadt Bad Nauheim angestrebt hat. »Dies erleichtert die praktische Nutzung der Mehrwegverpackungen im Alltag auch bei Bestellungen über die Stadtgrenzen hinweg«, betont die Erste Stadträtin Marion Götz. Die städtischen Gremien der Kreisstadt hatten deshalb im Herbst 2021 die Bereitstellung eines Fördertopfes für Betriebe, die sich an der Einführung eines Mehrwegsystems beteiligen, beschlossen.
Mit dabei in der umweltfreundlichen Mehrweg-Familie sind in Friedberg unter anderem das »Hüttchen«, der »Ossemer Treff«, die THM Mensa oder die Metzgerei Herold, die allerdings auf das System »Local to go« setzt. Einige weitere Teilnehmer, so Marion Götz, hätten der Stadt noch keine Rückmeldung gegeben. Und in der Straußwirtschaft »Das »Gerippte« hat sich Inhaberin Eva Maria Scharf nur zurückgezogen, »weil wir einfach keinen To-go-Service mehr haben. Sobald das wieder anläuft, bin ich sofort wieder dabei«, verspricht sie. Die Umwelt wird es ihr danken.