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Natalie Pawlik: »Immer noch eine Gänsehaut«

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Von: Petra Ihm-Fahle

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Im September 2021 wählten die Wetterauer die SPD-Politikerin Natalie Pawlik in den Bundestag, wo sie wichtige Aufgaben übernommen hat. © Red

Seit gut 15 Monaten ist Natalie Pawlik Abgeordnete des Deutschen Bundestags. In dieser kurzen Zeit übernahm die Bad Nauheimer SPD-Politikerin bereits Verantwortung auf internationaler Ebene. Im Interview erzählt die 30-Jährige über Herausforderungen, Entwicklungen und was sie weiter vorhat.

Frau Pawlik, hätten Sie sich zu Beginn des Jahres vorstellen können, was Sie als Bundestagsabgeordnete erwartet?

Ich hätte nie gedacht, dass wir in meinem ersten Jahr im Amt neben bekannten Herausforderungen wie der Klimakrise, dem Fachkräftemangel und der Pandemie auch die Folgen eines schrecklichen Krieges meistern müssen. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hatte großen Einfluss auf den politischen Alltag in diesem Jahr. Das war sehr herausfordernd, aber wir wachsen ja bekanntlich mit neuen Aufgaben.

Auf welche Veränderungen in Deutschland sind Sie stolz?

Die Fähigkeit unserer Gesellschaft, mit Krisensituationen umzugehen und dabei den Zusammenhalt und die Solidarität zu bewahren. Gerade in diesen schwierigen Zeiten fand ich es sehr beeindruckend, wie unsere Gesellschaft zusammengerückt ist und wie viele Menschen sich für andere einsetzen. Gleichzeitig bin ich aber auch zufrieden damit, was wir als Regierung geschafft haben, damit unser Land gut durch diese Krisen kommt. Selbstverständlich liegen mir dabei Gesetze, an denen ich persönlich mitarbeiten durfte, wie die Erhöhung des Mindestlohns, das Bürgergeld oder die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes besonders am Herzen.

Worüber machen sich die Menschen Sorgen, mit denen Sie sprechen?

Es ist vor allem die Angst vor dem sozialen Abstieg und davor, nicht mehr vom eigenen Lohn und dem Erspartem den Lebensstandard meistern zu können oder gar über die Runden zu kommen. Das sind existenzielle Ängste, die wir politisch auffangen müssen.

Wurde Ihre politische Agenda durch den Ukraine-Krieg beeinträchtigt?

Wir haben uns als SPD-Fraktion in der neuen Regierung sehr viel vorgenommen, um unser Land voranzubringen. Nach Ausbruch des Krieges mussten wir die Prioritäten verschieben, akute Unterstützung leisten, und wir waren mit neuen, bisher unbekannten Herausforderungen wie der Energiekrise konfrontiert. Für viele Problemlagen gab es kein fertiges Konzept, das man aus der Schublade ziehen konnte. Die Lösungen mussten wir erst erarbeiten.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie Demos beobachten, die den Rücktritt der Regierung fordern?

Zur Demokratie gehört für mich, andere Standpunkte zu akzeptieren und abweichende Meinungen zuzulassen. Mich besorgt jedoch die zunehmende Radikalisierung der Demonstrationen.

Wie viel Raum nimmt Ihre Aufgabe als Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ein?

Ich bin die zentrale Ansprechpartnerin für Vertriebene und Aussiedler*innen, ebenso wie für die nationalen Minderheiten in Deutschland und die deutschen Minderheiten in Ost- und Mitteleuropa sowie den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Dieser Verantwortung gerecht zu werden, benötigt viel Zeit. Gleichzeitig nehme ich mein Mandat als direkt gewählte Abgeordnete meines Wahlkreises und meine Arbeit im Ausschuss für Arbeit und Soziales sehr ernst. All die Aufgaben machen mir Spaß und ich bin dankbar, all das unter einen Hut zu bekommen, auch wenn das natürlich viel Organisationsgeschick bedarf.

Was sind Ihre Aufgaben in diesem Amt?

Ich vertrete die Interessen der von mir betreuten Gruppen und stehe dafür in ständigem Kontakt mit den politisch Verantwortlichen und den Selbstorganisationen. Außerdem vertrete und repräsentiere ich die Bundesregierung bei vielen Veranstaltungen und Projekten. Zudem leite ich Regierungskommissionen, Beratende Ausschüsse oder Beiräte zu den Fragen und Anliegen der Gruppen.

Welche nationalen Minderheiten haben Sie denn schon besucht?

Ich habe bereits alle vier nationalen Minderheiten in Deutschland und so gut wie alle Organisationen der deutschen Minderheiten entweder in den Siedlungsgebieten besucht oder in Berlin empfangen. Dienstreisen zu Regierungskommissionen oder anderen Tagungen habe ich in Polen, Kirgistan und Kroatien wahrgenommen.

Welche Sorgen und Nöte haben Sie dort vorgefunden?

Die Herausforderungen sind äußerst vielfältig und unterscheiden sich zwischen den einzelnen Gruppen enorm. So geht es zum Beispiel bei der deutschen Minderheit in der Ukraine gerade sehr viel um humanitäre Unterstützung und in Polen um Diskriminierung der Minderheit durch die polnische Regierung. Während es bei den Aussiedlerfragen weiterhin viel um Aufnahmeverfahren, Integration und Kulturarbeit oder bei den nationalen Minderheiten um Sichtbarkeit und Teilhabe geht.

Was konnten Sie bisher für Ihren Wahlkreis tun?

Die Gesetze und Maßnahmen wie die Entlastungspakete oder die Erhöhung des Mindestlohns wirken sich auch auf das Leben der Menschen in der Wetterau aus. Gleichzeitig ist es mir wichtig, ein offenes Ohr für die Anliegen vor Ort zu haben. Um zu wissen, was die Menschen bei uns bewegt, führe ich viele Gespräche, mache vor Ort Besuche, verschiedene Dialogveranstaltungen, Sprechstunden, empfange Besuche in Berlin und vieles mehr. So kann ich viele Fragen beantworten oder Anliegen aus dem Wahlkreis nach Berlin tragen. Außerdem versuche ich, dazu beizutragen, dass die Wetterau von den vielen Förderprogrammen des Bundes profitiert. So war es zum Beispiel möglich, Fördermittel zur Instandsetzung des Kirchengebäudes der Kirche in Gambach in Höhe von 100 000 Euro vom Bund in die Wetterau zu bringen.

Was war der beste Moment für Sie im Bundestag?

Der erste Moment, in dem ich den Plenarsaal im Reichstagsgebäude betrat, war sehr besonders. Im Bundestag sind so viele wichtige Entscheidungen getroffen worden, und so viele beeindruckende Persönlichkeiten haben von dort die Geschichte und Gegenwart unseres Landes, Europas und der Welt geprägt. Der Gedanke daran, dass ich jetzt die Bundespolitik mitgestalten darf, löst in mir immer noch Gänsehaut aus. Es ist für mich eine große Ehre, die direkt gewählte Abgeordnete für die Wetterau zu sein.

Welche Aufgaben haben Sie sich für das neue Jahr vorgenommen?

2023 steht das Aus- und Weiterbildungsgesetz an, das ich als Hauptberichterstatterin für meine Fraktion begleite und verhandle. Das Gesetz ist ein Teil der Fachkräftestrategie. Ziel ist es, inländische Potenziale zu fördern, indem wir die berufliche Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung in unserem Land stärken. Ich möchte, dass es ein gutes Gesetz wird und wir die Vorhaben gut umsetzen. Außerdem möchte ich noch mehr Bundesmittel in die Wetterau holen, den Kontakt zu den Menschen vor Ort noch mehr intensivieren und meinen Teil dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft zusammenhält und wir die Herausforderungen, die vor uns liegen, gemeinsam meistern.

Neues Wahlkreisbüro

Das neue Wahlkreisbüro der SPD-Bundestagsabgeordneten Natalie Pawlik liegt in den Kolonnaden 1 in Bad Nauheim, ist montags bis freitags besetzt und telefonisch unter Tel. 0 60 32/9 49 63 11 oder per E-Mail unter natalie.pawlik.wk@bundestag.de erreichbar.

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