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Neue Stellen für die Menschlichkeit

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Wenn die Stadt die neue Kita Süd errichtet, wird etwas mehr Personal benötigt. Um Fachkräfte zu gewinnen, hat sich die Kommune einiges einfallen lassen. Unser Bild zeigt die bisherige Übergangs-Kita. © pv

Da Erzieherinnen und Erzieher in Kitas allerorten wegen des Fachkräftemangels fehlen, lockt Bad Nauheim mit übertariflicher Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen.

Verzweifelt suchen Städte und Gemeinden Erzieherinnen und Erzieher. 293 Millionen Euro: Das ist die Summe, die hessische Kommunen in den Jahren 2023/24 mehr erhalten, bedingt durch das Kita-Qualitäts-Gesetz. Ziel ist es, unter anderem die Personalausstattung in Kindertagesstätten zu verbessern. Laut einem Bericht des ZDF aus dem März könnten bis 2030 allerdings 230 000 Stellen nicht besetzt sein. Um Fachkräfte zu gewinnen, geht Bad Nauheim daher einen offensiven Weg. »Unsere Kinder freuen sich auf dich!« - »Wir schätzen die Arbeit unserer Erzieherinnen und Erzieher … auch finanziell, weil sie täglich das Beste für die Kinder unserer Stadt geben«. Mit solchen und ähnlichen Sätzen warb das Rathaus vergangenes Jahr auf Großplakaten am Bahnhof und im Stadtgebiet, mit Instagram-Posts und in Flyern.

»Wir haben in der Region den Vorstoß gemacht, als erste Kommune im Wetteraukreis übertariflich zu bezahlen. Das macht nur Sinn, wenn man auch den Moment nutzt, bevor die anderen nachziehen, und das haben wir im Vorjahr getan. Es hat funktioniert, die Bewerbungskörbe waren voll«, sagt Matthias Wieliki. Er ist städtischer Fachbereichsleiter für Zentrale Steuerung und für das Personalmanagement verantwortlich. Die Elternnetzwerke nutzte die Stadt seinen Worten zufolge ebenfalls und startete Aufrufe. Wie Bürgermeister Klaus Kreß ergänzt, besteht ein flächendeckender Personalmangel durch alle Branchen, auch bei anderen Arbeitgebern. »Bei den Erzieherinnen hat man es zuerst gemerkt, weil wir da immer mehr Leute suchen. Nicht nur bei uns, es ist überall so, in jeder einzelnen Branche. Da muss man an allen Schrauben drehen, Bezahlung, Arbeitsbedingungen und Marketing.«

Rund 120 Erzieherinnen-Stellen in Vollzeit gibt es bei der Stadt, insgesamt sind im Kita-Sektor 150 Köpfe beschäftigt. »4,9 Stellen sind im Moment frei«, sagt Wieliki. Das variiere aber, es sei eine Momentaufnahme und ein dynamischer Prozess. Den gesetzlichen Betreuungsschüssel übertrifft die Stadt laut Wieliki. »Das ist für gute Arbeitsbedingungen wichtig: Dass mehr Zeit für die Arbeit am Kind bleibt«, fügt Kreß hinzu. In vielen Bereichen steige der administrative und konzeptionelle Aufwand auch in Kitas bedauerlicherweise stetig. »Mir ist das manchmal zu konzeptgeladen. Noch ein neues Konzept und noch was Schickes, das ist gar nicht so wichtig. Ich will, dass die Erzieherinnen wirklich Zeit haben, sich um die Kinder und deren Bedürfnisse zu kümmern.«

Die Quereinsteiger häufiger zulassen

Nach Ansicht des Bürgermeisters müssten mehr Quereinsteiger zugelassen werden. »Das gilt für viele Branchen. Sie können fünf Jahre etwas studieren, aber ob das in der Praxis bei der Arbeit am Kind besser passt, als die Quereinsteigerin, die vielleicht schon selbst Kinder bekommen, erzogen, betreut hat - da muss man offen sein.« Über Jahre wurde der Beruf Erzieherin nach Ansicht von Kreß sehr akademisiert, letztlich gehe es aber um Menschlichkeit. »Natürlich braucht man eine hohe Fachlichkeit und ein sozialpädagogisches Know-how, aber in der Praxis funktioniert eine Mischung ganz gut.«

Die neue Kita Süd wird im Vergleich zur Übergangs-Kita Süd etwas größer, daher sind auch etwas mehr Mitarbeitende erforderlich. Noch liegt die Baugenehmigung nicht vor, diese wird aber in Kürze erwartet. Laut der städtischen Fachbereichsleiterin Ingrid Korinth rechnet die Immobilienverwaltung mit dem ersten Spatenstich im Frühjahr 2024.

Künftig wird mehr Personal benötigt

»Generell brauchen wir im kommenden Jahr etwas mehr Personal«, bezieht sich Wieliki auf die Erfordernisse des Kita-Qualitätsgesetzes. Das Stellen-Plus ist seinen Worten zufolge bereits im Vorentwurf des Haushaltsplans 2024 eingepreist: »Da die Stadt für die neue Kita Hohenstein bereits Stellen eingeplant hatte und diese nun von einem freien Träger betrieben wird, können wir die Mittel für die Stellen umwidmen. So müssen wir nur 0,9 Stellen neu schaffen.« Ein weiterer Satz aus der Plakatkampagne war: »Wir geben Familien Sicherheit.« Wie es aussieht, trifft das für Bad Nauheim zu.

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Matthias Wieliki (l.) und Bürgermeister Klaus Kreß tauschen sich über die personelle Situation stets intensiv aus. © pv

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