Mit dem Central stirbt eine Legende

Vielleicht haben die Zeiten sich wirklich verändert. Darüber denken auch Alexandra Wilfling und Anthony Robinson oft nach. Sie werden den Tanz-Club »Central Studio« in Friedberg an Silvester aufgeben.
Im September 2022 sind Alexandra Wilfling und Anthony Robinson mit großer Aufbruchstimmung gestartet, wollten das »Central Studio« im Umfeld der Friedberger Stadtkirche wiederbeleben, das in der Kreisstadt Geschichte geschrieben hat. Nun wird die Discotheken-Legende am Silvesterabend nach einer großen Abschiedsparty für immer schließen. »Ein Nachfolger ist nicht gefunden worden. Die Räumlichkeiten werden wohl nicht als Club weitergeführt«, bestätigt Alexandra Wilfling, deren Vertrag am Jahresende ausläuft. »Fest steht für uns, dass wir ihn nicht verlängern werden«, erklärt sie desillusioniert. Gründe dafür nennt sie viele - wie die allgemeine Wirtschaftslage und horrende Preise -, so dass unterm Strich festzuhalten bleibe, dass Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis mehr zueinander stünden.
Bis zum letzten Tag im Jahr 2023 wird das »Central Studio« samstags weiter öffnen, dann hinterlässt es im Friedberger Nachtleben eine große Lücke. Vorbesitzer Ernst Janik hatte 27 Jahre lang den Club betrieben. »Ohne das ›Central Studio‹ ist Friedberg doch nachts tot. Hier wird für Leben gesorgt«, sagte er noch vor einem Jahr, und Anthony Robinson fügte damals an. »Ich dachte mir, dass man so einen Club nicht einfach sterben lassen kann. Und dann haben wir spontan zugesagt und ihn übernommen.« Er selbst hat dafür auch emotionale Gründe gehabt, weil er als Ur-Friedberger die schillernde Historie miterlebt hatte. Mittlerweile wohnt er mit Alexandra Wilfling in Bad Soden am Fuße des Taunus.
Preise sind nicht mehr tragbar
»Das Restaurantsterben ist ein allgemeines Problem. Der Hotel- und Gaststättenverband prophezeit mittlerweile 30 Prozent an Schließungen. Die Preise sind einfach nicht mehr tragbar«, erläutert Alexandra Wilfling. Dabei denkt sie auch an die alte Lichtanlage im »Central«, die über keine LED-Birnen verfüge, »und mit der wir uns tot an Strom zahlen«. Die Getränkelieferung vor Ort sei schwierig und zudem immer teurer geworden. »Anfangs haben wir 13 Euro für einen Kasten Bier bezahlt, mittlerweile sind es 19 Euro für das gleiche Bier.« Die Gema-Kosten seien so hoch wie der Lohn für einen zusätzlichen Mitarbeiter. Und die 20 Mitarbeiter, die zuletzt im Umfeld beschäftigt waren, müssten - plus Sozialabgaben - auch entlohnt werden.
»Ich würde nichts mehr in der Gastronomie machen, finde das aber auch traurig«, sagt Alexandra Wilfling, die zudem permanent Ärger mit einem Nachbar gehabt habe, »der seit 30 Jahren gegen das Central kämpft«. So etwas brauche sie nicht mehr, betont sie. Der Wunsch, Werbeplakate für Events aufhängen zu dürfen, sei von der Stadt abgelehnt worden.
Der Club habe humane Preise, sei oft auch gut besucht gewesen, doch der Umsatz sei dabei zurückgegangen. »Wir haben gute DJs, gute Partys gehabt, konnten aber nie einschätzen, wie viele Leute kommen. Die Kunden, die früher zweimal am Wochenende da waren, kommen mittlerweile entweder am Freitag oder am Samstag, so dass sich der Ertrag nach und nach halbiert hat«, rechnet sie vor.
Müde von der Nachtarbeit
Aber auch das Ausgehverhalten der Jugendlichen habe sich verändert. »Die jungen Leute strömen nicht mehr in die Clubs wie früher, und die Älteren regenerieren in der Woche«, stellt Wilfling fest. Anfangs hatte das »Central« unter ihrer Regie neben dem Mittwoch-Kino freitags und samstags auf, und man durfte sich auch über viele private Veranstaltungen freuen. Zuletzt jedoch, sagt Alexandra Wilfling, habe man auch die Bar oben zugemacht. »Und irgendwie bin ich auch von der Nachtarbeit müde, wenn sie sich unter dem Strich einfach nicht lohnt«, sagt sie. »Ich würde jetzt lieber auch mal wieder an anderen Orten in der Welt etwas Schönes unternehmen.«
So wird das Leben auch für die beiden weitergehen. Während Anthony Robinson als Security Manager weiter arbeitet, ist Alexandra Wilfling im Bereich Grafik, Design und der Schulung für Künstliche Intelligenz tätig. Für das Friedberger Nachtleben haben sie alles gegeben und versucht.