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Wie Gott sich im Alltag finden lässt

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Die Utensilien symbolisieren die unterschiedlichen Schwerpunkte der Treffen. © pv

Bad Nauheim (pm). Auszeit, den Alltag hinter sich lassen, etwas für sich tun - danach sehnt sich wohl jeder Mensch, und das sollte man »exerzieren«, einüben, damit es einem gut geht. Das geistlich-religiöse Einüben in der katholischen Kirche geht auf Ignatius v. Loyola (1491 bis 1556) zurück, den großen Mitbegründer des Jesuitenordens, der ein Exerzitienbuch schrieb, um den Gläubigen zu zeigen, wie Gott sich auch im Alltag, im Profanen, finden lässt.

Für die katholische Kirche St. Bonifatius lud Monika Schuck-Purpus, tätig in der Klinik- und Altenheimseelsorge und in der Trauerbegleitung, unter dem Titel »verbunden leben« zu vier besonderen Wochen ein: Anhand eines Kalenders, ausgearbeitet von der Erzdiözese München und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayerns, konnten die knapp zwanzig Teilnehmenden Anregungen zur Meditation und Impulse für jeden Tag mitnehmen.

Während in den Exerzitien der ersten Woche die Verbindung zu Gott und den Mitmenschen im Vordergrund stand, ging es in der zweiten Woche um die innere Wüste; darum, unverbundene, vielleicht sogar negative Beziehungen und Prägungen zu erkennen und sich abzugrenzen.

Dies gelinge in erster Linie durch die Konzentration der inneren Kräfte hin zu Gott, der zu einer »freien Bindung«, wie in der dritten Woche die Überschrift lautete, führt. Bei den Teilnehmenden kamen auch Traurigkeit und Unverständnis für gescheiterte, abgebrochene Beziehungen zur Sprache, die akzeptiert werden müssen, auch wenn durch Tod oder Unversöhnlichkeit eine Aussprache nicht mehr möglich ist. Hier spielte das »Gebet der liebenden Aufmerksamkeit« von Ignatius v. Loyola eine große Rolle, das die Gläubigen täglich in Liebe auf sich selbst zurückblicken ließ.

Wichtig hierbei ist auch die Perspektive: Vielleicht verstehe ich den anderen besser, wenn ich die Situation einmal aus seiner Position betrachte, meine Sichtweise infrage stelle. Ich kann lernen, mich in Krisen anders zu verhalten, alte Gewohnheitsmuster ablegen. Ignatius nennt dieses Umdenken »agere contra«, sich »entgegengesetzt verhalten«.

Es geht also auch darum, einen gesunden Abstand zu sich selbst zu gewinnen, sich ganz auf Gott hin auszurichten, wodurch die »Tiefendimension der Urverbundenheit«, wie es im Kalender heißt, erfahren werden kann. Die Geschichte des barmherzigen Samariters zeigt, dass die Grenzen von Religion, Zugehörigkeit überwunden werden können.

Aber nicht nur mit Gott, den Mitmenschen und sich selbst sollte der Mensch eine gesunde Verbundenheit leben, sondern mit »allem was lebt«, da alles von Gott gesegnet ist.

Dieses Empfinden, gesegnet zu sein, prägte somit vor allem den letzten Abend: Zunächst fanden die Teilnehmenden im kreativen Teil kleine Zettel mit den wichtigsten Bibelzitaten der letzten Wochen auf den Tischen verteilt. Mithilfe von Bunt-, Filz- und Aquarellfarben konnten hierzu nach freier Fantasie Bilder gestaltet werden. Anschließend wurde in sehr persönlichen Ausführungen und Gebeten Rückblick auf die gemeinsame Zeit geworfen, für die alle sehr dankbar waren. Es ist eine echte Gemeinschaft gewachsen.

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