Abbiegen, statt sich hinabzustürzen
Die Frankfurter Straße den Schöllberg hinab bleibt eine Herausforderung für die Radverkehrsplaner der Stadt Bad Vilbel. Auch im Bauausschuss wurde in dieser Woche wieder ausgiebig über mögliche Lösungen diskutiert. Zumindest eine Teillösung scheint nun endlich gefunden zu sein.
Als „gordischen Knoten“ bezeichnet der Erste Bad Vilbeler Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU) die Sachlage rund um den Pappelweg zwischen Dortelweil und Klein-Karben (wir berichteten mehrfach). Doch auch innerstädtisch gibt es Probleme, die seit Jahren ohne Erfolg diskutiert werden. So auch am Schöllberg.
Bergauf gibt es bis zum Heilsberg-Kreisel einen Radfahrstreifen, durch einen breiten durchgehenden Streifen gut sichtbar von der Fahrbahn abgetrennt. Bergab allerdings ist das nicht der Fall, der Radstreifen endet vor der Einmündung zur Friedrich-Ebert-Straße. Das Ingenieurbüro IMB Plan nahm sich im neuen Radfahrkonzept des Problems an. Doch letztlich empfiehlt das Büro, den jetzigen Zustand so zu belassen.
Psychologischer Trick
Denn, so die Planer, wären anderweitige Verluste zu hoch, um den Radfahrern eine weitere Spur einzurichten. Entweder müsste auf einen Parkstreifen auf kompletter Länge verzichtet werden. Oder aber die Linksabbieger bergauf würden keine eigene Spur mehr erhalten, massive Staus wären die Folge. Angesichts von rund 19 000 Fahrzeugen pro Tag und 1200 bis 1400 in Spitzenstunden keine abwegige Einschätzung.
Trotzdem reicht den Grünen diese Erklärung nicht. Sie fordern eine zufriedenstellende Lösung für Radfahrer. Dazu führt Ralph Mallmann als Radexperte seiner Fraktion mehrere Möglichkeiten an.
Zunächst bringt er die Psychologie ins Spiel. So fragt er nach der Möglichkeit, trotz der nicht ausreichenden Gesamtbreite der Straße – sollten Parkplätze und Linksabbiegerspuren erhalten bleiben – trotzdem eine Fahrradspur einzurichten. Diese könnte gestrichelte, also für Autos überfahrbare Streifen erhalten. Dadurch aber würden Radfahrer nicht so sehr an den Rand gedrängt und gefährlich überholt oder durch sich öffnende Türen der parkende Autos in Gefahr gebracht. Bergab rollten sie sowieso vom Tempo her meist mit dem fließenden Verkehr. Doch diesem Ansinnen muss Karsten Ott von IMB Plan einen Riegel vorschieben: Das Gesetz gebe diese Möglichkeit ohne einschneidende Veränderungen in den jetzigen Straßenverlauf einfach nicht her.
Doch Mallmann und sein Fraktionskollege und Parteichef Clemens Breest haben noch einen zweiten Trumpf im Ärmel. So könne man das Tempo doch einfach auf 40 Stundenkilometer reduzieren – und diese Höchstgeschwindigkeit auch regelmäßig durch die Polizei kontrollieren lassen. Das sei auch die Geschwindigkeit, mit der die meisten Radler den Schöllberg hinabführen. „Dann können alle gemeinsam rollen“, sagt Mallmann.
Das Argument von Oliver Junker (CDU), dass Busse dann ihren Fahrplan nicht einhalten könnten, lässt er nicht gelten. Selbst ohne Verkehrsbelastung verlöre ein Bus bei geringerer Geschwindigkeit nur zehn bis zwölf Sekunden. Das aber relativiere sich schnell, da sich alle Fahrzeuge an vielen Stunden des Tages ohnehin vor dem Biwer-Kreisel anstellen müssten.
Nur für Waghalsige
Raimo Biere von den Freien Wählern führt an, dass dann ja viele Radler schneller als die Autos unterwegs seien. Doch Mallmann wirft hier ein, dass das wohl nur auf die Waghalsigsten zutreffe – der Bremsweg für Radfahrer werde dann immens länger.
Doch Junker bietet den Ausweg an. Denn in einem Antrag wollen CDU und FDP auf eine Alternative ausweichen. So können die Radler am Ende ihres Streifens in Höhe der Friedrich-Ebert-Straße abbiegen und dann per geleiteter Wegeführung durch Schilder und Piktogramme in Richtung Frankfurter Straße rollen. „Das ist sicherer, wenn auch mit einem kleinen Haken mehr verbunden“, befindet Junker.
Diese Umleitung könne höchstens ergänzend angeboten werden, entgegnet Mallmann mit Blick auf die Berufspendler, die über die Vision der „Kurzen Wetterau“ per Rad nach Frankfurt und zurück wollen. Für sie käme der Umweg über die Frankfurter Straße nicht in Frage.
Für Klaus Arabin (SPD) stellt sich diese Entweder-oder-Entscheidung gar nicht. „Die alternative Strecke ist sinnhaft, aber kein Zwang“, führt er aus. Radfahrer hätten immer noch die freie Wahl, welche Strecke sie nehmen. Berufspendler über die Frankfurter Straße, etwas ängstlichere Radler über den Niederberg.
Diese Argumente überzeugen die Mehrheit, bei Enthaltung der Grünen wird der Antrag der Alternativroute angenommen und dem Stadtparlament zum Beschluss empfohlen. Der ursprüngliche Grünen-Antrag erhält dann nur noch die beiden Stimmen der Grünen, die SPD enthält sich, CDU, FDP und FW stimmen dagegen.