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Hier können Sie in Bad Vilbel "Beziehungskisten" sehen

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Von: Dieter Deul

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21 Skulpturen, Plastiken und Objekte laden am Massenheimer Erlenbach zum Flanieren und Staunen ein. Jetzt wurden fünf neue Werke der Auenkunst unter dem Motto „Beziehungskisten“ vorgestellt – und sogleich spielerisch in Beschlag genommen.

Idyllischer kann eine Galerie kaum sein als entlang des Massenheimer Erlenbachs zwischen Pfingstweide und Römerbrunnen. Seit 2007 gibt es dort die Auenkunst, die nach einem Jahr Unterbrechung künftig wieder jährlich erneuert und ergänzt werden soll, teilt Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann mit.

Doch die Stadt ist nur für das operative Geschäft zuständig. Sie übernimmt den Aufbau der zum Teil mehrere Tonnen schweren Kunstwerke und zahlt den Künstlern je 400 Euro. Dafür sollen die Werke mindestens ein Jahr ausgestellt werden. Doch neun der Kunstwerke sind Dauerleihgaben oder bereits von Sponsoren erworben worden.

So wird der Weg entlang des Erlenbachs zu einem Rundgang zu unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen. Zwar wird bei der Vernissage auf das Anstoßen mit Sektgläsern verzichtet. Doch dafür bietet Kuratorin Astrid Jacobs den etwa 30 Besuchern beim Rundgang sehr anschauliche, auch sehr persönliche Einblicke in das Werk und die Gedanken der Künstler. Jacobs hat seit diesem Jahr die Organisation der Auenkunst übernommen, für die zuvor die Bad Vilbeler Galeristen Rolf und Corina Schülein gesorgt hatten.

Raumwelten, Traumjäger

Am nördlichen Entree stehen seit 2014 die Stelen von Stephan K. Müller, das Material: Fachwerkgebälk. Wo einst Nägel im Eichenholz steckten, hat Müller Steinarten zum Tasten eingefügt, mit unterschiedlicher Dichte und Wärme. Das Berühren und wortwörtliche Begreifen ist ihm ein Anliegen, der Künstler ist nahezu blind.

Nebenan stehen zwei Stahl-Skulpturen des Briten Timothy Salt, archetypische Traumjäger-Gestalten, ein aufgerichteter und ein abtauchender Wurm. Sie verkörperten positive Stimmung, sagt Jacobs, erntet aber Widerspruch von einer Besucherin: „Ich sehe hier Aggression“, sagt sie angesichts der Stacheln auf einer der Figuren. Jacobs findet den Einwand gut, schließlich solle die Ausstellung zur Auseinandersetzung anregen.

Ungewöhnliches bietet Susan Geel mit ihren „Raumwelten IV“ aus dem eigentlich filigranen Terrakotta-Material, das üblicherweise nicht im Freien ausgestellt wird. Deshalb schützt ein Plexiglasquader das Kunstwerk, ein Hohlkörper-Torso, der in verschiedenen Tonschichten gebrannt wurde. Die Künstlerin liebe Tanz und Körper in Bewegung, so Jacobs, ihr gehe es um die Begegnung von Innen- und Außenwelten.

Diese Kontraste prägen auch Clemens Strugallas „Versuch über die Enge“, eine Skulptur aus schlesischem Smilov-Sandstein. Den habe er überhaupt nicht mit der Maschine bearbeitet, sondern nur mit Hammer und Meißel, wirft der Künstler ein – und das 160 Stunden lang. Das Motiv: Zwei Körper auf engstem Raum, die starke Frau scheint den Mann zu erdrücken. Es gehe um Gleichberechtigung, individuelle Herangehensweise im Miteinander.

Filigran wirkt Uli Eulbergs Objekt ohne Titel. Die Eichenholz-Skulptur, die ein Gewand im Wind darstellen soll, hat der Limburger Künstler gerade erst fertiggestellt. Als Sohn eines Tischlers hat er sich zum Restaurator von Holz-Skulpturen fortgebildet, schließlich sogar für den Star-Künstler Jeff Koons ein Holzjoch für dessen Hulk-Gruppe hergestellt. Das Gewand ohne Körper solle dem Betrachter eine große gedankliche Freiheit ermöglichen.

Zumindest für Kinder die größte Attraktion ist der „Bewegtstein“ von Regina Planz und Martin Steinmetz. Ein drei Tonnen schwerer Steinquader kann mit Hilfe eines Kugellagers kinderleicht gedreht werden. Auf ihm befindet sich ein sich im Kreis kippend drehender Sitz. Sogleich erobern zwei Kinder das Kunstwerk.

Geben und nehmen

Fantasievoll ist auch Jörg Ridderbuschs „Zu Ihr“, ein aus Stahlschrott entstandenes Piratenschiff mit Piraten, Segel und einer Kugel obenauf. Der Titel verweise, so der Künstler, auf den tieferen Sinn des Piratenlebens, das gestohlene Gold zur Liebsten zu bringen.

Auch das eine „Beziehungskiste“, so das diesjährige Kunst-Motto. Eine starke Dynamik hat auch Joachim Mennickens Sandstein-Skulptur „Zwei Hände“, die auf engstem Raum in- und übereinander greifen. Das Gebende und Nehmende bedingt sich gegenseitig – wie im Yin-und-Yang-Motiv der chinesischen Taoismus-Philosophie.

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