Richtungsstreit innerhalb der Bad Vilbeler Grünen
Bad Vilbels Grüne haben seit dem Wochenende wieder einen kompletten Vorstand – nach monatelanger Chef-Suche. Doch zur Ruhe scheint die Partei dennoch nicht zu kommen. Hinter den Kulissen soll ein Richtungsstreit toben.
Von Thomas Schwarz und Thomas Kopp
Verlieren die Vilbeler Grünen eines ihrer markantesten Gesichter? Zumindest in einigen Bereichen? Wie Fraktionschef Manfred Kissing der FNP bestätigte, will Ulrich Rabl seine Ämter im Haupt- und Finanzausschuss und der Betriebskommission der Stadtwerke niederlegen. Er gilt als streitbar und durchsetzungsfähig – und vor allem im Bereich Finanzen als ehemaliger Bankdirektor kompetent. Seinen Sitz im Stadtparlament, den er seit Juni 2002 hat, will er aber behalten.
Für Kissing ist dieser Teil-Rückzug bedauerlich. „Ulrich Rabl hat in seinen Funktionen viel gestemmt.“ Sein Wissen habe im Haupt- und Finanzausschuss sowie in der Betriebskommission viel bewirkt. „Seine Art mag eigenwillig sein, aber in der Sache ist er sehr kompetent“, sagt Kissing. So habe Rabl als erster mahnend die Hand gehoben, als es um den später geplatzten Verkauf des eines Quellenpark-Teils an ein Unternehmen aus China ging (die FNP berichtete).
Weitere Verluste
Rabl wird mit seinem harten Kurs gegen die Stadtregierung parteiintern mitverantwortlich gemacht, dass sich nach der Kommunalwahl 2011 Karola Götz und Ralph Mallmann abwanden und Die Neue Fraktion im Stadtparlament gründeten. Nun scheinen weitere Parteimitglieder zu sagen: Starke inhaltliche Diskussion ja, aber kein dauerhafter Frontalkurs.
Das ist nicht der einzige personelle Verlust. Nachdem Kathrin Anders im vergangenen Juli nach drei Jahren ihren Posten als Grünen-Chefin abgab – offiziell aus zeitlichen beziehungsweise aus persönlichen Gründen – verlässt nun Clifford Mattern das Stadtparlament – nach fast neun Jahren aus persönlichen Gründen. Mattern war von 2006 bis 2011 Anders’ Vorgänger beim Parteivorsitz, hatte aus beruflichen Gründen nicht mehr kandidiert.
Entsprechend gibt es neue Posten-Besetzungen bei den Grünen: Den Vorsitz hat Clemens Breest (42) seit seiner geheim durchgeführten Wahl mit zehn Ja- und keiner Nein-Stimme sowie zwei Enthaltungen inne (die FNP berichtete gestern). Der evangelische Pastor aus Dortelweil gehört den Grünen zwar erst zwei Jahre an, will seine Partei aber aktiv in die Kommunalwahl 2016 führen. Er setzt sich bereits für die Integration von Flüchtlingen und Mehr-Generationen-Wohnprojekte ein. An seiner Seite: der bisherige Kassierer Robert Hübner aus Massenheim und der bisherige Stellvertreter Jens Matthias. Der Heilsberger soll auch für Mattern ins Stadtparlament nachrücken.
Partei vor Veränderung
Dass die drei ihre Mehrheit erhielten, führt Kissing auch auf eine geschickte Mobilisierung der Befürworter dieser Neubesetzung zurück. Doch er selbst akzeptiere die Wahl, sie sei demokratisch abgelaufen. „Wenn dies die Mehrheit so will, dann folge ich dieser Entscheidung.“ Und für sich selbst zieht Kissing auch keine weiteren Konsequenzen, den Fraktions-Chefposten wird er behalten.
Doch seine Partei werde sich schon verändern. „Clemens Breest wird sicherlich eigene Akzente setzen, das darf er ja auch.“ Vor dem Hintergrund der Kommunalwahl im kommenden Jahr sei dies auch durchaus wichtig, um sich neu zu positionieren.
Dabei werden nach Informationen der FNP etliche Macht-Fragen diskutiert: Ist es erstes Ziel, die CDU/FDP-Mehrheit zu brechen? Soll eine Koalition mit der SPD angestrebt werden? Oder vielleicht mit der CDU nach Frankfurter Vorbild für den Fall, dass die Liberalen den Sprung ins Stadtparlament verpassen und es für eine Mehrheit mit der SPD nicht reicht?