Neue Pläne: Therme in Bad Vilbel soll ebenerdig werden

Mehr als ein Jahr nach dem eigentlich avisierten Baubeginn wartet das Rhein-Main-Gebiet immer noch auf die Therme Bad Vilbel. Die Therme wurde umgeplant: Der Badetempel soll nun ebenerdig ausfallen statt mehrstöckig. Und ein Teil des Projekts fällt offenbar weg.
»Das Mega-Projekt Kombibad in Bad Vilbel kann starten«, formuliert es diese Zeitung euphorisch am 5. Dezember 2017. Neun Tage danach die Hiobsbotschaft: Der Investor, Bäderkönig Josef Wund, kommt bei einem Flugzeugabsturz bei Friedrichshafen ums Leben.
Das 200-Millionen-Euro-Projekt in Bad Vilbel hängt seitdem in der Luft. Und zwar wohl aus rein formalen Gründen: »Es fehlt noch immer der Erbschein«, sagt Klaus Minkel (CDU), Erster Werkleiter der Bad Vilbeler Stadtwerke. Diese wollen die Therme zusammen mit der Unternehmensgruppe von Josef Wund realisieren. »Wir fühlen uns Josef Wund in dessen Sinne verpflichtet«, hatte der Geschäftsführer der Wund-Stiftung, Christoph Palm, bereits dieser Zeitung gesagt – und das auch ausdrücklich auf den geplanten Bau in Vilbel bezogen.
Die Stiftung kann als vorgesehene Erbin jedoch nicht tätig werden, ohne dass das Amtsgericht Tettnang grünes Licht für den Nachlass gibt. Seit bald einem Jahr wird die Nachlasssache bereits bearbeitet. »Das Verfahren läuft noch«, erläutert der Sprecher des Gerichts, Richter Martin Hussels-Eichhorn, jetzt erneut. Wie lange es weiter dauern werde, sei nicht klar.
Therme: Ortstermin der Investoren
So lange die offizielle Erb-Entscheidung des Gerichts aber fehlt, darf die Wund-Stiftung nicht unternehmerisch tätig werden, hatte Geschäftsführer Palm bereits erklärt. Für den Tag X sind jedoch im Hintergrund längst die Weichen gestellt worden. Unter anderem waren Geschäftsführer Palm und Wunds Tochter Petra erst im Dezember in Bad Vilbel.
Angesichts der formell noch ungeregelten Erbes schweigen die Beteiligten jedoch weiterhin weitgehend. Klaus Minkel lässt sich lediglich entlocken: »Es geht um ein verändertes Konzept, das mehr in die Fläche als in die Höhe geht.« Bislang sollte die Therme mehrstöckig und bis zu 40 Meter hoch gebaut werden, ein 250-Zimmer-Hotel sogar 30 Meter emporragen.
Mehr Details finden sich allerdings in einem Antrag an die Regionalversammlung Südhessen, den die Stadt Ende Dezember eingereicht hat. Denn der Regionale Flächennutzungsplan muss für die Therme erneut angepasst werden.
Das Bauleitplanungsverfahren einzuleiten hatte das Stadtparlament bereits ein Jahr zuvor beschlossen, wenige Tage nach Wunds Tod. Seinerzeit war erhöhter Platzbedarf der Anlass: Zum einen für den Bereich der 28 Rutschen und zum anderen, weil das Hotel nicht mehr auf der Therme, sondern daneben errichtet werden sollte.
Durch die Umplanungen scheint nun zwar der Platzbedarf weiter erhöht zu sein, aber zu einem anderen Zweck. Denn: »Die Nutzung wird nun in Gänze ebenerdig vorgesehen«, heißt es im Antrag für die Regionalversammlung. Nicht mehr über mehrere Stockwerke soll sich die Therme erstrecken, sondern rein im Erdgeschoss. Klaus Minkel bestätigt das. Zwei zentrale Gründe sprächen für diese Änderung: »Wir können das in erheblich kürzerer Zeit bauen.« Und die Therme sei dadurch behindertengerecht. Womit insgesamt wohl auch die Baukosten niedriger ausfallen dürften.
Ein neuer Platz ist damit auch für die Parkhäuser nötig, die bisher oben auf Teilen der Therme entstehen sollten. Sie sind nun als Einzelbauten geplant, die begrünt werden. Die Zufahrt soll weiter über den Massenheimer Weg erfolgen.
Grundfläche bleibt gleich
Trotz der Veränderungen soll es bei 5,9 Hektar bebauter Fläche auf dem 13-Hektar-Areal bleiben. Wie aber soll das möglich sein, wenn die Therme nun in die Breite statt in die Höhe gebaut wird? Ganz genau geht das nicht aus den Unterlagen hervor. Doch ist von einem Hotel in den Antragsunterlagen jedoch überhaupt keine Rede mehr. Dieses entfällt offenbar ganz. Insgesamt müsse für die Therme nun ein Areal von 9,9 statt bisher 5,9 Hektar ausgewiesen werden, heißt es in den Unterlagen. Durch die ebenerdige Lösung müssten Flächen anders aufgeteilt werden. Dadurch wird die Änderung des Flächennutzungsplans nötig.
Eine gemeinsam Erklärung mit der Wund-Gruppe sei derzeit in Vorbereitung, erläutert Minkel. Christoph Palm reagiert am Montag nicht auf eine Nachfrage dieser Zeitung. Dem »Südkurier« aus Konstanz sagte er zuvor: »Ich bitte um Verständnis dafür, dass beim momentanen Stand des Nachlassverfahrens keine weiteren Ausführungen zu den guten Zukunftsperspektiven der Wund-Unternehmensgruppe gemacht werden können.«
Kommentar von Dennis Pfeiffer-Goldmann:
Auf diese Nachricht warten Badenixen aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet seit mehr als einem Jahr sehnsüchtig. Das Projekt Therme in Bad Vilbel geht nicht baden, sondern sprudelt im Gegenteil ganz frisch auf.
Die ganze Therme auf einer Ebene zu haben, ist eine sehr gute Lösung. So muss niemand in nasser Badekleidung über Treppen oder Rampen laufen oder im Fahrstuhl fahren. Kritischer ist da schon der offenbar geplante Wegfall des Hotels. Ohne Hotel wird die Therme für zahlungskräftige Mehrtagebesucher erheblich unattraktiver. Nun muss die Politik hinterfragen, wie sich das auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Denn selbst wenn die Baukosten sinken: Diese kann man ja nur ein einziges Mal sparen. Richtig ärgerlich ist, dass das gesamte Vorhaben nun schon seit so vielen Monaten in der baden-württembergischen Justiz-Bürokratie festhängt. Darunter leiden die seit Juni hallenbadlosen Vilbeler. Lobenswert ist es, dass sich die Investoren der Wund-Gruppe und der Stadtwerke nicht vom Behörden-Chaos ausbremsen lassen und das Großprojekt klug weiterentwickeln. Sind wir mal ehrlich: Zuletzt glaubte doch wirklich kaum noch jemand daran, dass in Bad Vilbel jemals ein Whirlpool sprudelt. Oder zumindest, dass der Flughafen BER und Stuttgart 21 vorher fertig werden. Dabei möchte doch eine ganze Region dem Badespaß endlich entgegenfiebern. Diese Therme hat das Zeug, zum Vilbeler Jahrhundertprojekt zu werden.