1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis
  4. Bad Vilbel

Tonlose, aber nicht ungehörte Premiere

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Thomas Kopp

Kommentare

Es ist eine mit Spannung erwartete Premiere: Wie wird sich der erste gehörlose Abgeordnete in einem hessischen Kommunalparlament behaupten? Eine souveräne Antwort auf diese Frage gibt Sascha Nuhn

Es ist eine mit Spannung erwartete Premiere: Wie wird sich der erste gehörlose Abgeordnete in einem hessischen Kommunalparlament behaupten? Eine souveräne Antwort auf diese Frage gibt Sascha Nuhn von den Grünen am Dienstag in Bad Vilbel.

Das Interesse ist groß vor Nuhns erstem Auftritt als Stadtverordneter in Bad Vilbel. Und auf den ersten Blick sieht es rund um seinen Platz in der hintersten Reihe der Grünen-Bänke schon komisch aus. Denn Nuhn gegenüber sitzen Daniel Weber und Lorena Ziller, die als Gebärdendolmetscher fungieren. Das ist auch nötig, denn während einer die gesprochenen Worte für Nuhn in Gebärden übersetzt, ist der andere Dolmetscher damit beschäftigt, dem Kollegen die entsprechenden Passagen aufzuzeigen, vor allem, wenn es schnell geht.

„Es geht hier nicht um meine Person, sondern um meine Behinderung“, ist sich Nuhn dem großen Interesse auch seitens des Hessischen Rundfunks durchaus bewusst. Doch er weiß auch, dass er Signale senden kann. „Ich will überregional Einfluss auf andere gehörlose Menschen nehmen, die sich ebenfalls engagieren sollen. Das war früher nicht möglich“, sagt der 38-jährige Sozialmanager und deutet dabei nicht nur in Richtung seiner Dolmetscher, sondern verweist auch auf die modernen Medien wie E-Mail, Chat, Facebook & Co.

Gleich voll einsteigen wollte Nuhn dann aber doch nicht: „Ich empfinde hier 200 Prozent Druck, viele schauen auf mich. Die ersten zwei Runden im Parlament wollte ich eigentlich zuschauen und mich einfinden, zumal ich erst gestern um 23.30 Uhr aus dem Urlaub gekommen bin“, sagt er. Doch seine Fraktion hat ihn angesprochen, ob er nicht doch gleich bei seiner Premiere ans Rednerpult treten könne.

Schließlich geht es um die Wahl von Hajo Prassel zum Behindertenbeauftragten der Stadt. Klar, neben etwa dem sozialen Wohnen eines der Themen, deren sich Nuhn besonders annehmen will. Nuhn geht nach vorne, Daniel Weber – für seine freiberuflichen Dolmetscher muss Nuhn außerhalb der direkten Mandatstätigkeit selbst aufkommen – stellt sich ein paar Meter vor ihn und überträgt seine Gebärden in Lautsprache. Es ist komisch, auf den einen zu blicken und den anderen zu hören.

Nuhn geht auf eine doppelte Premiere ein, seine gerade eben – und jene, dass die Stadt erstmals einen Behindertenbeauftragten haben wird. Mit Prassel setze man auf die geeignete Person, um eine barrierefreie Stadt zu entwickeln, ist Nuhn überzeugt. Für seinen Vortrag gibt es Applaus von vielen Mandatsträgern. Nur innerhalb seiner eigenen Fraktion bleibt es still. Denn seine Kollegen heben und schütteln die Hände. Das Zeichen für Applaus in Gebärdensprache.

(kop)

Auch interessant

Kommentare