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Vilbels letzter SPD-Bürgermeister

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Beitrag zur Versöhnung Europas: Die Bürgermeister Pieter van Driel und Erich Glück (rechts) beschließen 1971 die Städtepartnerschaft zwischen der holländischen Gemeinde Huizen und Bad Vilbel. Die wird 1999 wieder aufgelöst, doch weitere wie mit Moulins und Glossop sind hinzugekommen.	Repros: Kurt Sänger
Beitrag zur Versöhnung Europas: Die Bürgermeister Pieter van Driel und Erich Glück (rechts) beschließen 1971 die Städtepartnerschaft zwischen der holländischen Gemeinde Huizen und Bad Vilbel. Die wird 1999 wieder aufgelöst, doch weitere wie mit Moulins und Glossop sind hinzugekommen. Repros: Kurt Sänger © Repro: Kurt Sänger

Mit Erich Glück endet die Ära der sozialdemokratischen Bürgermeister des einstigen roten Bad Vilbel. Nach Kurt Moosdorf und Georg Muth steht Glück nicht nur für einen konfliktreichen Politikwechsel der 1970er-Jahre in Vilbel. Er galt als ein umtriebiger und kantiger Kommunalpolitiker, dessen Verdienste heute parteiübergreifend anerkannt werden, jedoch auch zu Zerwürfnissen in der Vilbeler SPD und zum Machtverlust führten. Vilbel wurde danach eine schwarze Hochburg der CDU. Mit diesem Portrait setzt die FNP ihre Reihe über frühere Bürgermeister fort.

Die politische Karriere des kaufmännischen Angestellten einer Krankenkasse Erich Glück beginnt in der Amtszeit von Bürgermeister Georg Muth, der von 1955 bis 1968 die Amtsgeschäfte führte. Erich Glück betritt 1952 die Vilbeler politische Bühne als SPD-Stadtverordneter. Er übernimmt den Fraktionsvorsitz und wird 1955 zum ehrenamtlichen Stadtrat berufen. Von 1956 bis zu seiner Wahl als Bürgermeister 1968 übt er das Amt des Stadtverordnetenvorstehers aus.

Seine Wahl zum Bürgermeister fällt in die Zeit der Studentenrevolten und Protestbewegungen, die auch in den Reihen der Jungsozialisten für Furore sorgten. Für den konservativ und traditionell geprägten Sozialdemokraten eine politische Herausforderung in turbulenten Zeiten, in denen die wirtschaftlichen Aufbauleistungen und den damit verbundenen Werthaltungen kulturkritisch infrage gestellt wurden.

Glück setzte seine politischen Schwerpunkte auf die weitere Entwicklung der Stadt, die er laut Zeitzeugen „autokratisch und nach Gutsherrenart“ vorantreibt. Sein größtes und damals bundesweit anerkanntes Projekt wird die Ansiedlung und der Bau des 1974 fertiggestellten Berufsförderungswerkes (BFW). Rund 80 Millionen Mark wurden seinerzeit investiert.

Stadtteile eingemeindet

Aber nicht nur das BFW fällt in seine Schaffensperiode. Der Bau der Landesturnschule und Sporthalle, die Fertigstellung des Georg-Muth-Hauses und der Bau des Hallenbades sowie der Bau der Kläranlage und die Breitwiesenhalle in Gronau fallen in seine Ägide. Aber es kommt auch zu politischen Niederlagen: 1970 wird die Auflösung des städtischen Eigenbetriebes für den Bad- und Kurbetrieb beschlossen. Das Prädikat „Bad“ bleibt den Vilbelern bis heute jedoch erhalten.

Glücks politisches Wirken bleibt nicht nur auf das Bürgermeisteramt in Bad Vilbel beschränkt. Er wird SPD-Fraktionsvorsitzender und Erster Kreisbeigeordneter und Vize-Landrat im damaligen Landkreis Friedberg. Die ab 1971 eingeleiteten hessischen Verwaltungs- und Gebietsreformen fallen in seine Amtszeit sowohl als Bürgermeister als auch Mitglied der Kreisverwaltung, so die Eingemeindungen von Massenheim, Dortelweil und Gronau und 1972 die Gründung des heutigen Wetteraukreises.

Nicht nur als Kommunalpolitiker war Glück aktiv. Er begleitete zahlreiche Ehrenämter in Verbänden und Organisationen und war im Vereinsleben aktiv. Auch war ihm die Aussöhnung mit den von den Nazis überfallenen und okkupierten Nachbarstaaten ein großes Anliegen. Gemeinsam mit dem Bürgermeister der holländischen Stadt Huizen, Pieter van Driel, gründet er 1971 eine Städtepartnerschaft, die 1999 seitens des Gemeindeparlamentes in Huizen aufgelöst wurde.

Glücks Verhältnis zu seiner Partei war in den letzten Amtsjahren angespannt. Im Sommer 1977 trat er zusammen mit dem Ersten Stadtrat Walter Körber aus der SPD aus.

Im hohen Alter verstorben

Nach der Kommunalwahl im März hatte die SPD ihre absolute Mehrheit an die CDU verloren, Glück blieb jedoch noch bis 1980 parteilos im Amt. Sein Nachfolger wurde der Christdemokrat Günter Biwer.

Für seine kommunalpolitischen Verdienste wurde Glück 1980 zum Ehrenbürgermeister der Stadt Bad Vilbel ernannt. 1985 erhielt er das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.

Erich Glück verstarb im hohen Alter von 92 Jahren im November 2012. Sein privater Nachlass wurde 2013 in eine nach ihm benannte städtische Stiftung übernommen (die FNP berichtete).

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