Wohlfühlen auf der Baustelle
Zwei Umzüge in einem knappen Jahr haben die Kinder der privaten Krabbelstube Kunterbunt drei minus hinter sich. Nach 13 Jahren im Quellenhof und einem Jahr in der neuen Kita im Dortelweiler Brunnenkarree sind sie jetzt im Massenheimer Ziegelhof angekommen – und können dort die Bagger für das neue Wohngebiet bestaunen.
Das Geschehen vor dem Fenster sei für die Krabbelkinder „total spannend“, erzählt Sabrina Reckling, die Leiterin der Kita. Schon vor dem Umzug aus Dortelweil haben die Erzieher sie mit vielen Baustellen-Kinderbüchern auf das Thema vorbereitet.
Am vergangenen Wochenende wurde es dann ernst. Fünf Mütter und Väter packten mit den vier Erzieherinnen an, auch eine Möbelspedition musste für die Großmöbel bestellt werden. Doch dann ging alles ganz schnell, seit Montag können die Kleinen ihre neue Umgebung erkunden, die zum ersten Mal ganz auf ihre Bedürfnisse abgestimmt wurde.
Allerdings hat das Kita-Team die Rechnung ohne die Telekom gemacht. Weil der Auftrag falsch konzipiert wurde, sind die Erzieher vorerst nur über Handys erreichbar.
Angefangen hatte es zuvor mit zwei Provisorien. 2002 gründete sich der Elternverein, zog in die Seniorenwohnanlage Quellenhof ein – damals als Untermieter der Johanniter. Mit ihnen erhielt auch die Kita im Frühjahr vergangenen Jahres die Kündigung, musste zum Juni hinaus. Glücklicherweise gab es eine nahtlose Auffanglösung der Stadt. Die Kunterbunt-Kinder konnten als erste die neue städtische Kita im Brunnenkarree beziehen – eine umgebaute Bürofläche.
Die beste Adresse
Lange hatten die Kita-Mitarbeiter Ängste, wie es weitergehe, erinnert sich Reckling. Doch die Johanniter knüpften den Kontakt zu dem gerade geplanten Neubauprojekt eines Büro- und Wohnhauses am Rande des Massenheimer Ziegeleigeländes. „Sie wollten dort Altenpflege betreiben“, berichtet Reckling – aber das habe sich zerschlagen. Inzwischen sind neben der Kita auch die ersten Eigentümer der Eigentumswohnungen und eine Physiotherapiepraxis eingezogen. Die Kita direkt im neuen Wohngebiet Ziegelhof sei für den Investor auch ein Pluspunkt, um junge Familien anzusiedeln.
Die Krabbelkinder hätten den doppelten Umzug sehr gut aufgenommen, freut sich Reckling. Das liege an der guten Vorarbeit und auch der elterlichen Unterstützung. Sie konnten ihr Spielzeug selbst einpacken, und auch am neuen Ort fanden sie die vertrauten Erzieher, Möbel und Rituale vor.
Für Reckling ist die neue auch die bislang beste Adresse. Im Quellenhof habe man zwar wegen der Lage im Grünen und in der Stadt viel unternehmen können. Auch habe es guten Kontakt zu den Senioren gegeben. „Oma Marianne“ (Schönfelder) werde auch weiterhin zum regelmäßigen Spielen und Vorlesen vorbeikommen.
Doch im Quellenhof sei es auch sehr dunkel und eng gewesen. Das war im Brunnenkarree besser, es habe große, aber verschachtelte Räumlichkeiten gegeben. Und ein Problem: Manche Firmenmitarbeiter hätten sich über den Lärm der draußen spielenden Kinder beschwert, „dabei ist Kinderlärm rechtlich gesehen kein Lärm“, betont Reckling: „Wir haben keine mundtoten Kinder!“
Im Ziegelhof wurden die Kita-Leute, obgleich „nur“ Mieter, gleich in die Planung einbezogen. Neben den passend geschnittenen Räumen und erstmals auch einer Abstellkammer gibt es für die Kinder eine Fußbodenheizung.
Von der Homburger Straße ist die Kita nicht erkennbar, noch fehlt ein Schild. Die Einrichtung liegt straßenseitig im Souterrain – ist wegen der Hanglage jedoch nach hinten hin ebenerdig. Vor den Fenstern blicken die Kinder auf blanke Erde. Weil es bis auf 100 Euro pro Platz keine städtische Förderung gibt, ist der Förderverein auf Spenden angewiesen, erst mit Fördermitteln des Kasseler Regierungspräsidiums ist der Rasen machbar. Auch die noch aus dem Quellenhof stammenden Möbel sollen dann erneuert werden.
Kleine Forscher
In der Kita gebe es kein singuläres Konzept, „wir suchen uns das Beste heraus“, so Reckling. Die Kita ist seit vier Jahren als einzige in der Wetterau ein zertifiziertes „Haus der kleinen Forscher“, die gleichnamige Berliner Stiftung engagiert sich für die naturwissenschaftliche, mathematische und technische Bildung von Kindern in Kitas.
Außerdem setzt Reckling auf die „Selbstwirksamkeit“ der Kinder, die sich entscheiden können, ob sie gerade basteln, singen oder sich bewegen wollen. Es komme auf ihre Stimmung an. Wenn sie Bewegung brauchen, sollen sie nicht zum Stillsitzen angehalten werden.