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Zehn Jahre Nordumgehung: Der lange Kampf bis um ersten Spatenstich

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Vor nur etwas mehr als zehn Jahren fuhren die ersten Autos über die Bad Vilbeler Nordumgehung. Der Einweihung im Mai 2008 ging ein jahrelanges Ringen mit der Landesregierung voraus. Diese Zeitung startet hiermit eine kleine Serie zu der Straße, die immer wieder zu Diskussionen in und über Bad Vilbel hinaus sorgt.

Bad Vilbel bot früher wahrlich kein schönes Bild, etwa wenn man aus Niederdorfelden über die Büdinger Straße in die Stadt einfuhr. Denn dort, wo heute der Tegut-Supermarkt an der Ecke zur Friedberger Straße steht, fuhr man früher direkt auf einen Schrottplatz zu. Dort ging es scharf nach links auf die Friedberger Straße, an mal mehr, mal weniger ansehnlichen Gebäuden vorbei in Richtung Innenstadt. Stoßstange an Stoßstange.

Dass diese Zeiten der Vergangenheit angehören, ist vielen lokalen Kräften zu verdanken. Doch erst seit zehn Jahren ist die Nordumgehung in Bad Vilbel benutzbar. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) kramt beim Gesprächstermin in Erinnerungen, als zusätzliche Stütze sitzt Stadtsprecher Yannick Schwander neben ihm, mit einer dicken Aktenkladde aus dem Stadtarchiv.

Zuallererst nennt Stöhr den „ewigen Stadtrat“ Klaus Minkel (CDU), der das Projekt immer wieder angestoßen habe. Doch auch der heutige Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) und frühere Vize-Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) hätten wesentlichen Anteil gehabt. Aber nicht nur die. Auch der 2012 verstorbene frühere Bürgermeister Erich Glück (erst SPD, dann parteilos) hatte in seiner Amtszeit von 1968 bis 1980 bereits immer wieder an dem Thema gerührt, ebenso sein Nachfolger Günther Biwer (CDU).

„Wir brauchten dringend eine direkte West-Ost-Verbindung“, erinnert sich Stöhr zurück. Denn die B 3 a existierte damals schon. Doch wer von ihr in Richtung Niederdorfelden kommen wollte, musste sich durch die verstopfte Homburger Straße und dann über viele Ampeln die Friedberger Straße durchkämpfen. Dort traf er auf den Nord-Süd-Verkehr, der sich weiter über die Kasseler Straße und den Schöllberg Richtung Frankfurt vorarbeitete. Wer hingegen in Richtung Nieder-Erlenbach fahren wollte, musste sich komplett durch Massenheim lavieren. Die Nordumgehung oberhalb des Gewerbegebiets Am Stock gab es eben noch nicht.

Als Minkel übernahm

„Hoffnung kam auf, als Walter Wallmann die Straße in das Landesprogramm aufnahm“, erinnert sich Stöhr. Wallmann (CDU) war von 1987 bis 1991 Hessens Ministerpräsident. Doch diese Hoffnung zerschlug sich wieder. Denn Rot-Grün unter der Regentschaft von Hans Eichel (SPD) verständigte sich darauf, nicht so viele Landesstraßenprogramme voranzutreiben, strich die Nordumgehung wieder von der Liste. „Es gab viele Proteste“, der Streit hat laut Stöhrs Erinnerung sogar die Bad Vilbeler Grünen, damals unter der Führung von Peter Gellings, gespalten.

Als „Glücksgriff“ hingegen bezeichnet Stöhr, dass in der Folgezeit Klaus Minkel die Planung übernahm. Der Straße wurde seitens der Landesregierung keine überregionale Bedeutung beigemessen, deswegen könne die Stadt nun selbst planen, argumentierte Minkel. Weil dies als reine Verbindungsstraße für eine Stadt nicht möglich ist, schlug nun die Geburtsstunde für ein Projekt, das bis jetzt andauert.

Denn Minkel begann, Grundstücke im großen Stil anzukaufen. Nicht nur für die Straße, sondern auch für den heutigen Quellenpark, die frühere Krebsschere. „Dies auch, um den Bau der Straße mitzufinanzieren.“

Doch dann erneuter Wechsel in Wiesbaden. Roland Koch (CDU) wurde 1999 Ministerpräsident, die Nordumgehung nun doch wieder als Landesstraße eingestuft. Doch Geld war in Wiesbaden nicht vorhanden, es schlug die Geburtsstunde des „Hessischen Kommunalen Interessenmodells“, das bis heute Anwendung findet.

„Rheinland-Pfalz hatte ein ähnliches Modell auf den Weg gebracht.“ Die Stadt finanziert ein Projekt vor, das Land zahlt seinen Anteil (etwa ohne Beteiligung an Abbiegespuren oder Kreuzungen, da reines Interesse der Stadt) in 15 Raten zurück, ohne Zinsen. In Kochs Regierungskoalition saßen zwei Wetterauer politische Schwergewichte: Norbert Kartmann, damals Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag, und Jörg-Uwe Hahn mit gleicher Funktion in der FDP. Sie brachten Bad Vilbel und das Modell in die Koalitionsgespräche ein.

Ehrenamtliche stimmen ab

Zum 1. Januar 2000 stieg nun auch Thomas Stöhr aktiv ins weitere Geschehen ein, als Erster Stadtrat in der Nachfolge von Klaus Minkel. Und gleich das nächste Problem: Da der Bau der Straße nun eng mit dem Quellenpark verzahnt war, mussten die noch fehlenden Grundstücke, teils auf dem Verlauf der Trasse, schnell eingekauft werden. Zudem gab es keine Richtlinien, keinen Mustervertrag für das Kommunale Interessenmodell.

Stöhr traf sich mit Heike Reiche vom Amt für Straßen- und Verkehrswesen, heute Hessen Mobil. Als das Problem dort angesprochen wurde, sagte Stöhr zu Reiche: „Ich bin Jurist, diese Chance sollten wir nutzen.“

So wurde vereinbart, dass die Nordumgehung zunächst als Gemeindestraße gebaut wird. Sobald aber das erste Auto darüber rollt, wird sie zur Landesstraße, die bisherige Landesstraße mitten durch die Stadt zur Gemeindestraße. „Wir bauten eine Gemeindestraße, auch wenn jeder wusste, dass sie zur Landesstraße wird“, erinnert sich Stöhr an diesen Kniff.

Denn der hatte ungeheure Auswirkungen. Der hessische Landtag musste nicht über das Projekt abstimmen. Stattdessen waren es die 45 ehrenamtlichen Bad Vilbeler Stadtverordneten, die den endgültigen Startschuss gaben.

Der erste Spatenstich folgte am 10. Dezember 2001. Doch die Probleme sollten auch in der Folgezeit nicht weniger werden. Mehr dazu lesen Sie im nächsten Teil.

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