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Zeit der Höhenflüge ist vorbei

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Von: Dieter Deul

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Hip Hop tanzen, im Foto-, Video- oder Tonstudio arbeiten, eine Dirt-Bike-Bahn bauen, Konzerte, Kochen, Ballsport – die Liste der Angebote des Freizeitzentrums Efzet ist lang. Aber es gibt auch Probleme wie klagende Anwohner, am Medienkonsum ihrer Kinder desinteressierte Eltern – und der Sparhaushalt. Noch ist die Ausstattung aus besseren Zeiten da.

Wie sich die Zeiten wandeln. Vor zwanzig Jahren habe er es mit schwierigen Jugendlichen zu tun gehabt, heute machten eher die Erwachsenen Probleme, sagt Diplom-Sozialarbeiter Harro Ehrmann. Im Efzet-Freizeitzentrum in der Saalburgstraße habe er die Konzerte eingestellt, nachdem er wegen eines Anwohners Ärger mit der Polizei und eine Anzeige bekam. Dabei sei es nicht um die Konzertgeräusche gegangen, sondern die an- und abfahrenden Besucher. Jugendliche in der Öffentlichkeit würden oft als störend empfunden. Es habe auch schon Lärmklagen nach Elternabenden in Kitas gegeben, weiß Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP).

Eigentlich waren sie, die acht Mitarbeiter der Jugendarbeit und Stadtsprecher Bastian Zander, zusammengekommen, um gemeinsam das neue Freizeitangebot des Efzet vorzustellen. Im vergangenen Jahr fehlte das Geld, ein Programmheft zu drucken. Doch es gab vor allem Einblicke in das Engagement und die Hindernisse der Arbeit mit den zehn- bis über zwanzigjährigen Kindern und Jugendlichen.

Elektropunk im Keller

Während das Efzet die Konzerte einstellt, werden sie im Dortelweiler Efzeit-Forum neu aufgelegt – in der ehemaligen Kegelbahn im Keller. Los geht es am 20. März ab 20 Uhr mit Elektropunk. Lärm-Ärger gibt es nicht, auch sei der Platz vor dem Brunnencenter ein beliebter Treff, so Katja Funck. Dafür gibt es in Dortelweil ein anderes Handicap. Der Computerraum wurde im Herbst geschlossen, weil ein zweiter Fluchtweg fehlt. Rätsel gibt den Jugendpflegern die Teenie-Disco im Forum auf. Vor eineinhalb Jahren kamen 200 Teenies, jüngst nur noch 20.

Noch ist das Efzet an beiden Standorten modern ausgestattet, mit Band-Proberäumen samt Tonstudio, Bühnentechnik, Foto- und Videostudio, Dirt-Bike-Rädern. Das Efzet hat sogar einen eigenen Youtube-Kanal, für den gerade die Konzertmitschnitte des vergangenen Jahres aufbereitet werden.

Efzet-Leiter Thomas Kahlert räumt ein, diese Ausstattung wäre heute als freiwillige kommunale Leistung nicht mehr finanzierbar. So zehrt man auf hohem Niveau vom Bestand und dem großen Engagement der Mitarbeiter. Sie leisten Dinge, die im offiziellen Angebot nicht mehr auftauchen. Medienpädagogik etwa. Weil die Jugendlichen immer mehr in mediale Welten abtauchen, bot das Efzet im Herbst einen Workshop für Eltern an, „aber die Resonanz war gleich null“, berichtet Melanie Marschall vom Kinder- und Jugendbüro.

Reizthema Computer

Auch PC-Kurse seien für Eltern zum Reizthema geworden, das Angebot läuft aus. Dafür suchen Kristofer Streck und seine Kollegen das direkte Gespräch mit den Teenagern. Sagen ihnen, was passieren kann, wenn sie unvorteilhafte Bilder ihrer Kassenkameraden, aber auch von Rangeleien per Smartphone in soziale Netzwerke online stellen. Kahlert berichtet von der Internet-Plattform Younow, wo schon zehnjährige Mädchen nachts heimlich und im Live-Stream ihr Nachthemd lüpften.

In der offenen Jugendarbeit des Efzet versucht man gegenzusteuern. Nicht zu fünft nebeneinander auf der Couch sitzen und Whatsapp-Mitteilungen am Smartphone austauschen, sondern gemeinsam Backgammon spielen ist so eine Initiative. Erstmals macht das Efzet auch Angebote für die Oster- und Herbstferien: Hip-Hop-Tanz, das Vorbereiten der Dirt-Bike-Bahn für die neue Saison und iim Herbst Ballspiele. Harro Ehrmann legt seinen Elektrobastelkurs neu auf, an dem aber nur Jungen teilnehmen. Beliebt ist das Angebot zur digitalen Fotografie mit Spiegelreflexkameras.

Zufrieden ist das Efzet mit der Kooperation mit den Schulen. Am Georg-Büchner-Gymnasium gibt es für Fünft- und Sechstklässler eine Fahrrad-AG, für Sechst- und Siebtklässler die Video-AG. Mit der John-F.-Kennedy-Schule wird die Schülerzeitung gemacht. Sie erscheint seit Herbst nur noch online. Druck und Verkauf wurden zu aufwendig. Nicht zuletzt sei das Efzet eine der wenigen Stellen, wo Jugendliche von der Jugendgerichtshilfe auferlegte Arbeitsstunden leisten können, „auch wenn wir das in einem Drittel der Zeit erledigen würden“, betont Kahlert.

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