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Naina Doroshenko ist die Initiatorin des Benefizkonzerts in der Christuskirche in Bad Vilbel. Mit ihrem Bandura, einem ukrainischen Saiteninstrument, ist sie selbst ein Teil der Veranstaltung. © Christiane Kauer

Der russische Überfall auf die Ukraine fordert nicht nur zahlreiche Leben der Ukrainer. Er zerstört auch die Heimat, das Leben vor Ort und Kulturgüter. Bei einem Raketenangriff in Odessa ist eine bedeutende Musikschule beschädigt worden. Mit einem Benfizkonzert in der ev. Christuskirche in Bad Vilbel wollen Absolventen Spenden für den Neuaufbau ihrer Ausbildungsstätte sammeln.

A m Sonntag, 23. Juli 2023, wurde die ukrainische Stadt Odessa von russischen Raketen beschossen. Die Stadt liegt am Schwarzen Meer und hat nicht nur den bedeutendsten Hafen des Landes, sondern auch eine bedeutende Musikschule - die berühmte Stolyarsky-Schule für musikalisch hochbegabte Kinder. Die Raketen beschädigten das Schulgebäude und die Versorgungsleitungen. Damit der Schulbetrieb im September wiederaufgenommen werden kann und die Schülerinnen und Schüler weiter musizieren können, fand am Samstagabend in der evangelischen Christuskirche ein kurzfristig organisiertes Benefizkonzert statt.

Ukrainer treten selbst auf

Initiatorin des Konzerts ist Naina Doroshenko, Absolventin der Stolyarsky-Schule, die seit Ausbruch des Krieges in Bad Vilbel lebt und die direkt nach dem Raketenangriff die Christuskirche kontaktiert hatte. Die unterstützte gerne das Anliegen, denn, so Pfarrer Dr. Klaus Neumeier in der Ankündigung, »in unserer Kirchengemeinde wissen wir um die Bedeutung der Musik für die Menschen«. Der Eintritt zum Konzert war frei, Ziel war es, Spenden zu sammeln - große Spenden seien genauso willkommen wie kleine, sagte Neumeier, der das »wunderschöne Konzert aus traurigem Anlass« eröffnete.

Für das Konzert lud Doroshenko ukrainische Musikerinnen und Musiker ein, die alle selbst die Schule absolviert haben. Und so eröffneten die Pianistin und Kammermusikerin Ninel Menshchikova, der Geiger Michael Makarov, Mitglied des Bridges-Kammerorchesters Frankfurt, und die 2009 in Odessa geborene und schon mehrfach ausgezeichnete Geigerin Oleksandra Chekalenko das Konzert mit Miroslav Skoriks »Melodie«. Die Opernsängerin Olena Romaniv, auch Solistin im Chor des Lemberger Nationaltheaters für Oper und Ballett, beeindruckte das Publikum mit »Ave Maria«.

Zwischen den Stücken informierte Viktoria Masterovenko, die seit 2011 in Deutschland lebt, das Publikum über die Stolyarsky-Schule und ihre Geschichte. Sie wurde 1933 vom Geigenpädagogen Pjotr Stolyarsky gegründet und nimmt musikalisch hochbegabte Kinder ab fünf Jahren auf, die vormittags allgemeinbildend beschult werden und nachmittags Musikunterricht erhalten. Viele Schülerinnen und Schüler brillierten auf internationalen Wettbewerben und sind gefragte Orchestermusiker und Solisten.

Auch dass Odessa eine Stadt ist, die von Humor, Lebensfreude und jüdischer Kultur geprägt ist, erfuhren die Besucher. Das jüdische Lied »Ich hob dich viel zu lieb«, in Odessa sehr beliebt und im Konzert gesungen von Doroshenko, zeigte dies. Doroshenko, in Odessa geboren, ist nicht nur Sängerin, sondern spielt auch Bandura, ein ukrainisches Instrument mit 64 Saiten. Sie trug zwei ukrainische Volkslieder vor - darunter »Rote Ruta« von Wolodymyr Iwasjuk, bei dem das Publikum - sofern ukrainisch - mitsang und besonders viel Beifall spendete.

»Schmerz positiv umwandeln«

Es folgten die in Frankfurt lebende Opernsängerin Maria Mi sowie Anastasiia Nerutska am Klavier und Yassine Laqlichi, die ebenfalls mit ihrem Gesang beeindruckten, und nochmals Oleksandra Chekalenko. Sie bekam für die »Skizze im moldawischen Stil« und die »Karpatische Rhapsodie« sehr viel Applaus. Zum Abschluss des Konzerts trugen alle Musikerinnen und Musiker in Begleitung von Bandura und Geige ein Lied vor, das in der Ukraine zum Symbol für Mut, Hoffnung und Heimatliebe geworden ist. Der stehende Applaus des Publikums am Ende des Benefizkonzerts war ein starkes Zeichen der Solidarität.

»Wir haben das Gefühl, wir müssen etwas machen, um Wut, Schmerz und Angst in etwas Positives zu verwandeln«, sagte Viktoria Masterovenko, die selbst künstlerisch tätig ist und Geflüchtete unterstützt. Sie moderierte das Konzert und wirkte als Dolmetscherin. Den Künstlerinnen und Künstlern bedeute es sehr viel, mit ihrem Talent etwas zu machen, sagte sie. Denn Kunst und Kultur seien Mittel, zu helfen und Geschehenes zu verarbeiten.

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