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Gerechte Preise, gute Löhne

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Nancy Faeser verspricht Thomas M. Reimann (l.) und Hans-Joachim Rosenbaum auf einer Pressekonferenz in Dortelweil, dass die SPD die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Baubranche unterstützen werde und die Einführung eines vergabespezifischen Mindestlohnes anstrebe. © Patryk Kubocz

Allein in Frankfurt haben Schwarzgeldzahlungen auf öffentlichen Baustellen Schäden in Höhe von 5,3 Millionen Euro verursacht. Gefordert wird eine Änderung der Vergaberegeln.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz haben der Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen, die IG Bau Hessen und Nancy Faeser, die Bundesinnenministerin, Änderungen bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen gefordert.

Bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen durch das Land Hessen, die Städte oder die Kommune steht neben der Qualität der Arbeit vor allem ein Faktor im Mittelpunkt: der Preis. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag in Bad Vilbel kritisieren Hans-Joachim Rosenbaum, IG-Bau-Regionalleiter Hessen, Thomas M. Reimann, Präsident des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen (VBU), und B undesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die übliche Vergabepraxis.

Reimann: Schaden für die Gesellschaft

»Die niedrigen Preise, die von vielen Baufirmen angeboten werden, kommen nicht auf gesetzestreuen Wege zustande«, sagt der Bad Vilbeler Bauunternehmer Reimann. Schwarzarbeit auf öffentlichen Baustellen sei dabei eine gängige Praxis und schade durch die Hinterziehung von Steuern der gesamten Gesellschaft. Erst im April hat der Zoll auf einer Frankfurter Großbaustelle 39 Verstöße gegen die Meldepflicht zur Sozialversicherung festgestellt, schreibt die IG Bau in einer Mitteilung.

Gegen diese Praktiken können sich tariftreue Unternehmen nicht behaupten und verzerren den Wettbewerb, sagt Reimann. »Wenn nichts dagegen getan wird, leiden die mittelständischen Bauunternehmen darunter und sind gefährdet, insolvent zu gehen.« Die Pressekonferenz im Vilbeler Pfad in Dortelweil ist direkt vor einer Tiefbaustelle gehalten worden. Dies solle verdeutlichen, »lokale Bauunternehmen sind für die Verlegung von kritischer Infrastruktur vor Ort verantwortlich«, sagt der Vorstandsvorsitzende der Bad Vilbeler Alea AG, Thomas Reimann.

Hans-Joachim Rosenbaum verdeutlichte mit einem Vergleich der durchschnittlichen Lohnkosten in verschiedenen Ballungsgebieten, wie schwer es für Reimann sei, einen öffentlichen Auftrag zu erhalten. »Während im Rhein-Main-Gebiet 15 Euro bezahlt werden, erhalten Bauarbeiter in Erfurt 16 Euro und in Hamburg sogar 19,50 Euro pro Stunde«, sagt Rosenbaum. Reimann hingegen bezahle einen Mittellohn in Höhe von 21 Euro pro Stunde. Damit halte sich die Alea AG an die tariflichen Verträge, die zwischen den Arbeitgebern und der IG Bau vereinbart wurden. Dies diene auch dem Schutz der Arbeiter, die auf den Baustellen eingesetzt werden. »Viele Unternehmen setzten auf Mitarbeiter aus Osteuropa«, sagt Rosenbaum. »Doch die schwarzen Schafe der Branche lassen ihre Mitarbeiter deutlich länger arbeiten als erlaubt.« Die Mehrarbeit werde dann über Subunternehmen unter der Hand ausbezahlt.

Deshalb sei es wichtig, »dass die Anzahl der Kettenunternehmen bei einem öffentlichen Bauauftrag begrenzt wird« oder »der Einsatz eines Subunternehmens begründet werden muss«, fordert Rosenbaum. Auch die SPD-Spitzenkandidatin für das Ministerpräsidentenamt in Hessen, Nancy Faeser, verlangt strengere Vergaberichtlinien bei öffentlichen Bauaufträgen. »Wir müssen in Hessen viel stärker kontrollieren, ob vom Land beauftragte Unternehmen Tarife einhalten«, sagte die Bundesinnenministerin. »Wir müssen verhindern, dass Bauarbeiter unter dem Tariflohn oder sogar unter dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden«.

Dass nun der VBU und die IG Bau als Vertreter der Arbeitgeber beziehungsweise Arbeitnehmer an einem Strang zögen, z eige die »aktuell prekäre Lage und ist außergewöhnlich«, betont Faeser. »Für uns ist dies ein gemeinschaftlicher Hilfeschrei«, sagt Reimann. Weiterhin fordert er: »Die öffentliche Hand muss sicherstellen, dass ihre Vergabepraktiken nicht aktiv zur Förderung von Schwarzarbeit beitragen.« Nur auf diesem Weg könne ein fairer Wettbewerb gewährleistet werden.

Rosenbaum sagt, er sei entsetzt, dass »das hessische Tariftreue- und Vergabegesetz keine Kontrollen und Strafen bei Verletzung der Konditionen vorsieht«.

Daher fordert der Regionalleiter »intensive und viel häufigere Kontrollen« und »drastische Strafen«. Faeser versicherte Rosenbaum und Reimann: »Die SPD wird an einem vergabespezifischen Mindestlohn arbeiten, um die lokalen Unternehmen zu stärken.«

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