Heftiger Streit um die Waldbewirtschaftung

Bei einer Waldbegehung mit dem Forstamt Nidda hatten die Mitglieder der Bad Vilbeler Umweltkommission die Möglichkeit, viele Fragen zur Waldbewirtschaftung zu stellen. Die neue Forsteinrichtung ist bereits in Arbeit. Einig sind sich darüber längst nicht alle Teilnehmer.
A uf dem Parkplatz ist es noch harmonisch. Die Mitglieder der Bad Vilbeler Umweltkommission - darunter Vertreter von CDU, SPD, Grünen, FDP und AfD sowie unter anderem vom BUND, NABU und dem Dottenfelderhof - lauschen der Begrüßung von Sitzungsleiter Klaus Minkel. »Ich freue mich, dass wir von Bernd Reißmann und Eckhard Richter heute im Wald einige Erklärungen erhalten werden.« Forstamtsleiter Reißmann teilt zunächst verschiedene Karten aus und macht sich dann vorneweg in den Wald. Dort skizziert er ein »Worst-Case-Szenario«. Im Gepäck hat er die Standortwasserbilanzprognose der Nordwestdeutschen Versuchsanstalt. Bei einer Erderwärmung von vier Grad hätte der Wald ganz schön zu kämpfen. »Es gibt Flächen, wo wir Wald verlieren werden. Aber es gibt eben auch Bäume, die mit der Trockenheit besser zurechtkommen.« Deshalb müsse man im Wald angepasst reagieren.
Kritik kommt von Heike Schloßhahn-Salomon. »Wenn das die Grundlage ihres Arbeitens ist, dann brauchen wir keine Waldwirtschaft mehr.«
Diesen Vorwurf weist Reißmann, der zunächst Klaus Minkel bitten muss, für Ruhe zu sorgen, entschieden zurück. »Das stimmt so nicht. Wir laufen, wenn wir nichts machen, Gefahr, ganze Wälder zu verlieren.« Deshalb müsse man Baumarten reinbringen, um den Wald zu sichern. Er verstehe, dass es unterschiedliche Meinungen gebe, aber er bitte darum, ausreden zu dürfen.
Sein Wunsch wird ihm nicht erfüllt. Anschließend gehen die Teilnehmer näher auf die Forsteinrichtung ein. »Sie wird derzeit erstellt. Wir rechnen mit einem ersten Entwurf im Herbst«, sagte Reißmann. Das Forsteinrichtungswerk wird für die kommenden zehn Jahre beschlossen und ist eine Art Inventur. Darin aufgenommen ist unter anderem eine Übersicht der Waldflächen und eine Planung für die Pflege des Bestands, die Holzentnahme und die Aufforstung.
Beim Thema Holzentnahme kochen die Gemüter ein zweites Mal hoch. Peter Paul (Grüne) kritisiert, dass während der Brut- und Setzzeit Bäume mit Maschinen aus dem Wald geholt würden. Für die Vögel und Tiere sei das nicht gut.
Der zuständige Förster Eckhard Richter, selbst Ornithologe und in Sachen Vögel sehr bewandert, sagt: »Das ist nur ganz selten so.«
Teilnehmer greifen sich gegenseitig an
Doch dann redet sich die Kommission in Rage. Gartenbaumeister Albrecht Denneler vom Dottenfelderhof berichtet von der Arbeit mit Rückepferden. »Müssen wir das Holz wirklich mit Maschinen rausholen? Ich müsste jetzt in ein neues Pferd investieren.« Es gebe diese Möglichkeiten, man müsse nur darüber sprechen. Schließlich habe er in den vergangen Jahren auch mit einem Rückepferd im Wald gearbeitet. Reißmann sagte, dass man darüber mit Sicherheit sprechen kann, dafür allerdings mehr als nur ein Pferd benötige.
Auf diesen Zug springen Sabina Eberlein (Grüne) und Heike Schloßhahn-Salomon auf. Erstere hält das für eine sehr gute Idee, man müsse darüber nur in der Kommission und in den kommenden Sitzungen sprechen. »Das kann man im neuen Forsteinrichtungswerk festhalten.« Man könne mit Sicherheit einen Weg finden.
Förster kommt nicht mehr zu Wort
Schloßhahn-Salomon sieht darin gar ein »Ende der großen Sattelzüge«. Dass die Kommission nur eine beratende Funktion hat - das Werk wird letztlich von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung verabschiedet -, scheinen die aufgebrachten Teilnehmer zu vergessen. Die beiden Forst-Experten kommen zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr zu Wort. Dann unterbricht Klaus Minkel. »Das geht mir zu sehr durcheinander. Sie müssen sich entscheiden. Wenn Sie für den Pferdeeinsatz sind, dann müssen sie auch Ja zum Holzeinschlag sagen.« Dass man darüber in Bad Vilbel nicht reden wolle, wertet er als egoistisch. »Es gibt nur eine Welt.«
Anschließend geht’s für die Mitglieder der Kommission in zwei Gruppen an die Bäume. »Wir haben eine Aufgabe dabei«, sagte Reißmann. Die Anwesenden sollen sogenannte Zukunftsbäume auszeichnen. Das sind Bäume, die besonders an die Bedürfnisse der Stadt der Zukunft angepasst sind. »Er braucht Platz zum Wachsen, deshalb müssen wir auch den Bedränger markieren«, erläutert Förster Eckhard Richter. Gunther Salomon (SPD) hat kein Verständnis dafür, wieso der Baum in umittelbarer Nähe zum »Zukunftsbaum« gefällt werden solle. »Beide können doch nebeneinander stehen bleiben. Es dauert nur länger, bis beide dick werden. So wird der Wald ruiniert.«
Richter betont, dass man nach dem Prinzip »früh, mäßig, oft« arbeite. »Das Kronendach ist oft schneller geschlossen, als man denkt. Das dauert nur zwei Jahre.« Ein Baum ohne Blätter würde nichts beschatten.
Dem widerspricht Salomon entschieden. Er zeigt dem Förster Fotos auf seinem Handy und berichtet, dass die Bäume sehr wohl Schatten werfen. Eine Bemerkung von Deliah Eckhardt (CDU) kommentiert der ehemalige SPD-Bürgermeisterkandidat mit: »Ich habe wenigstens Ahnung im Vergleich zu Ihnen.« Die Förster hätten in den vergangenen Jahren Fehler gemacht. »Einen reinen Eschenbestand gibt es nicht.« Karin Schmidt vom NABU spricht ebenfalls von einer rein »forstwirtschaftlichen Herangehensweise«. Richter stellt klar: »Dieser Vorwurf ist nicht richtig. Die Stadt Bad Vilbel investiert jedes Jahr und erzielt hier keine Gewinne.« Reißmann ergänzte, dass die Kommissionsmitglieder das auch überprüfen könnten. »In der Forsteinrichtung sind alle Zahlen angegeben. Darin steht auch, ob der Bestand größer geworden ist.«
Nach zwei Stunden endet die Waldbegehung.
