Junge Leute spielen Shakespeare

Junge Menschen fürs Theaterspielen begeistern, das ist das Ziel des Projektes Junge Burg. Eine Gruppe von zehn Jugendlichen hat jetzt die Komödie »Maß für Maß« von Shakespeares aufgeführt.
Etwas aufgeregt sind sie schon, die Jugendlichen, die gleich im kleinen Saal des Kulturforums Dortelweil auf der Bühne stehen. Sie schlüpfen in Rollen, die aus Shakespeares Zeit stammen: Da gibt es einen regierungsunwilligen Herzog und seinen Stellvertreter, einen maßlosen Adeligen, unschuldige Jungfrauen und Huren, die sich gegen Geld verkaufen. Es gibt dumme und kluge Diener, einen Scharfrichter und einen Mönch. »Es hat schon etwas gedauert, Shakespeares Sprache zu verstehen, die verschachtelten Sätze und Ausdrücke aus einer anderen Zeit«, sagt Marie Doleczik .
Seit Oktober hat sich die Theatergruppe einmal wöchentlich getroffen, hinzu kam ein Probenwochenende. Einzige Voraussetzung zum Mitmachen war die Bereitschaft, sich einzulassen auf das, was Theater bedeutet, sich auszudrücken in Körpersprache und Mimik. »Unser Schnuppertreffen war kein Casting«, sagt Dramaturgin Ruth Schröfel von den Burgfestspielen. Nicht umsonst heiße es Theaterschule, weil es das Ziel sei, Jugendlichen das Theaterspielen nahe zu bringen. »Wir haben Teilnehmer, die schon in den Vorjahren mitgemacht haben, aber auch ganz Neue, die noch nie auf einer Bühne gestanden haben«, sagt Theaterpädagoge und Regisseur Raphael Kassner.
Sprachliche Herausforderung
Gemeinsam mit Schröfel leitet er die Theatergruppe II (14 bis 19 Jahre). Shakespeares Stück »Maß für Maß« war anfangs nur eine Idee von Raphael Kassner. »In einer modernen Fassung natürlich«, sagt er. Dennoch habe er gezögert, es vorzuschlagen, weil es inhaltlich und sprachlich eine Herausforderung darstellt.»Die Jugendlichen müssen eine Verbindung zu ihrer Lebenswirklichkeit herstellen können.«, sagt er. »Das Probenwochenende hat uns zusammengeschweißt«, sagt Janina Hammer. Da sei Zeit gewesen, sich die Rollen genauer anzugucken, sich auszuprobieren und zu überlegen, welche Rolle man gerne spielen möchte. »Jeder konnte drei Wünsche äußern und ich habe versucht, den Erstwunsch zu berücksichtigen«, sagt Kassner.
Zur Premiere kamen viele Besucher, Familienangehörige und Freunde. Am zweiten Vorstellungstag ebenso viele. Sie sahen ein Shakespeare-Stück mit Witz , Humor und der Frage nach Macht und Moral. Erbitterte Wortgefechte gab es zwischen dem aalglatten, charakterschwachen Stellvertreter des Herzogs und der jungen Frau Isabella, die um Freiheit und das Leben ihres inhaftierten Bruders Claudio kämpft. Sie trägt schon den Nonnenschleier und lehnt mit Mut und Verzweiflung ein höchst unmoralisches Ansinnen des Stellvertreter-Herzogs Angelo ab: Dreist sagt er: »Komm zu mir, verkaufe dich, dann schenke ich deinem Bruder das Leben«. Während die Schergen noch diskutieren, wer das Richtschwert schwingen soll, ersinnt ein Mönch die rettende List.
Kostüme aus dem Theaterfundus
Flott und selbstbewusst spielen die Jugendlichen ihre Rollen. Sie tragen Kostüme aus dem Theaterfundus der Burgfestspiele, aber den jeweiligen Charakter zu verkörpern, das schaffen sie mit Sprache, Mimik und Haltung. Ein karges Bühnenbild, nur ein Sessel auf einem Podest unterstreicht: Hier sitzt der Herzog. Unterhaltsam die Szenen an der Rotlicht-Bar mit Madam Überkrass und Pompejus. Eine Schmierenkömödie führen die königlichen Gesetzeshüter auf, die dort verkehren, statt dem Sittenverfall Einhalt zu gebieten. Der verzweifelte Ruf von Claudio im Gefängnis hallt nach: »Ich will nicht sterben«. Ein Happy End ist im Shakespeare Stück vorgesehen und unter dem Mönchskostüm kommt der Herzog zum Vorschein, der dem fiesen Treiben von Angelo Einhalt gebietet.
THEATERSCHULE JUNGE BURG: Zwei Theatergruppen für junge Menschen
Die Theaterschule Junge Burg startete 2015 mit dem Förderprogramm »Kultur macht stark«. Seither organisiert der Förderverein der Burgfestspiele Jahr für Jahr zwei Theatergruppen für jungen Menschen zwischen elf und 19 Jahren in der Zeit zwischen Oktober und März. Unterstützung liefert die Technik und der Kostümausleihe der Burgfestspiele . Die Jugendlichen leisten für die Zeit der Proben einen monatlichen Beitrag von 50 Euro. Auf der Bühne standen Nestor Atwal, Marie Doleczik, Janina Hammer, Julina Hauer, Mariene Hörrmann, Julie Joudon, Tineke Martens, Emma Pastor, Luna Rohmund, Timon Schlesag. Leitung: Raphael Kassner und Ruth Schröfel. dos
Mit viel Beifall werden die jungen Schauspieler belohnt. Zum Abschluss ziehen sie Theaterlehrer Kassner und Dramaturgin Schröfel auf die Bühne und verneigen sich gemeinsam.
Zwei Theatergruppen
Die Theaterschule Junge Burg startete 2015 mit dem Förderprogramm »Kultur macht stark«. Seither organisiert der Förderverein der Burgfestspiele Jahr für Jahr zwei Theatergruppen für jungen Menschen zwischen elf und 19 Jahren in der Zeit zwischen Oktober und März. Unterstützung liefert die Technik und der Kostümausleihe der Burgfestspiele . Die Jugendlichen leisten für die Zeit der Proben einen monatlichen Beitrag von 50 Euro. Auf der Bühne standen Nestor Atwal, Marie Doleczik, Janina Hammer, Julina Hauer, Mariene Hörrmann, Julie Joudon, Tineke Martens, Emma Pastor, Luna Rohmund, Timon Schlesag. Leitung: Raphael Kassner und Ruth Schröfel. dos