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Mehr Menschen mit Suchtproblemen

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Diplom-Pädagoge Lutz Illhardt (sitzend) präsentiert den Jahresbericht der Suchthilfe und Suchtprävention für Bad Vilbel und Karben. Beatrix Falkenstein (sitzend), Leiterin der Einrichtung Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe, Karbens Bürgermeister Guido Rahn (r.), Bad Vilbels Sozialdezernentin Ricarda Müller-Grimm und der Leiter des Vilbeler Fachbereichs Soziale Sicherung, Jörg Heinz, heben die Bedeutsamkeit der Hilfe hervor. © Patrick Eickhoff

Der Jahresbericht 2022 der Suchthilfe und Suchtprävention für Bad Vilbel und Karben liegt vor. Diplom-Pädagoge Lutz Illhardt blickt auf ein »arbeitsreiches Jahr« zurück.

B eraten worden von der Beratungsstelle Suchthilfe und Suchtprävention in Karben und Bad Vilbel sind im vergangenen Jahr 163 Menschen - und damit 15 mehr als 2021 - in insgesamt 681 Gesprächen (2021: 584). Diplom-Pädagoge Lutz Illhardt, der fast 40 Stunden die Woche in beiden Städten im Einsatz ist, sagt: »Die Steigerung ist ein Erfolg, wir haben mehr Menschen erreicht.« Illhardt ergänzt, dass nicht alle dabei selbst von einem Suchtproblem betroffen waren. »24 Menschen gehören zum sozialen Umfeld. Das sind meistens Familienmitglieder.«

Aus Gewohnheit wird eine Sucht

Im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik wurden insgesamt 85 Menschen betreut. Das sind 18 mehr als im vergangenen Jahr. Illhardt führt aus: »Homeoffice und auch Corona spielen da mit Sicherheit eine Rolle.« Doch woran ist eine Sucht eigentlich erkennbar? Dafür gebe es einige Anzeichen. »Wenn die Dosierung immer härter und häufiger wird«, sagt Illhardt. »Am Anfang trinkt man nur am Wochenende, dann nach der Arbeit.« Irgendwann gehe der Überblick über Ort und Zeit verloren. »Dann ist es meist schon zu spät«, ergänzt Beatrix Falkenstein, Leiterin der Einrichtung Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe. Oft folge dann auch die soziale Isolierung. »Wenn kein Hinweis aus dem sozialen Umfeld kommt, merken es die Betroffenen erst sehr spät.«

In 43 (2021: 47) Fällen war Haschischmissbrauch oder -abhängigkeit der Beratungsanlass. »Meist wird diese Droge von jüngeren Menschen konsumiert, die eher seltener die Suchthilfe aufsuchen.« Verdreifacht hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl bei den Beratungen rund um eine Kokainsucht. Von acht (2020) auf 15 (2021) bis zu 23 im vergangenen Jahr. Karbens Bürgermeister Guido Rahn, der bei der Vorstellung des Jahresberichts ebenso anwesend war wie Bad Vilbels Sozialdezernentin Ricarda Müller-Grimm und Jörg Heinz, Leiter des Fachbereichs Soziale Sicherung der Stadt Bad Vilbel, findet das erschreckend. »Eine bedenkliche Entwicklung.«

50 Prozent weniger Abbrüche

Rund 100 000 Euro kostet das Angebot beide Städte zusammen. 5000 Euro kommen dabei vom Wetteraukreis. »Wir erachten es für unabdingbar«, sagt Rahn. Müller-Grimm ergänzt: »Wir sind in Bad Vilbel breit aufgestellt mit vielen Angeboten. Dennoch ist es wichtig, dass wir mit Herrn Illhardt seit vielen Jahren einen Ansprechpartner vor Ort haben.« Der Diplom-Pädagoge ist montags, mittwochs und donnerstags in Bad Vilbel, dienstags und freitags in Karben (siehe Info-Kasten) anzutreffen. Der Trend gehe jedoch auch zur Online- und Chat-Beratung, wie Beatrix Falkenstein sagt. Das würde die Hemmschwelle nehmen, ein Beratungszentrum zu betreten. Im vergangenen Jahr beendeten insgesamt 85 Menschen die Betreuung. Regulär wurden dabei 76 beendet (18 Weitervermittlungen, 58 planmäßige Abschlüsse). Neun Menschen haben die Betreuung abgebrochen. »Das sind 50 Prozent weniger als im Vorjahr«, freut sich Illhardt.

Ein wichtiges Feld ist außerdem die sogenannte Suchtnachsorge. Sie richtet sich an Menschen, die eine stationäre Entwöhnungsbehandlung in einer Fachklinik absolviert haben. Insgesamt 16 Personen haben 2022 dieses Angebot in Bad Vilbel wahrgenommen. »Die meisten, die die Maßnahme beendet haben, konnten ihre abstinente Lebensweise stabilisieren.« Illhardt sagt, dass bei den meisten Menschen erst ein gewisser Leidensdruck da sein müsse, bevor die Einsicht der Sucht erfolge. »Wenn beispielsweise der Führerschein weg ist.« Vielen falle es schwer, emotional zu akzeptieren, dass eine Abhängigkeit vorliege. Wer jedoch den Mut fasse, die Suchthilfe aufzusuchen, »der ist 60 Prozent des Weges gegangen«. Der Entschluss zur Veränderung sei wichtig. »Das ist ein großer Schritt.«

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