Pubertierende Kinder und Golden Girls

Bad Vilbel. »Irgendwas ist immer«. Unter diesem Thema standen die literarischen Plaudereien der Bad Vilbeler Kolumnistin und Autorin Susanne Reichert und Henni Nachtsheim, den allermeisten bekannt als die eine Hälfte des Comedy-Duos »Badesalz«. Am Donnerstagabend waren sie im Rahmen des Jubiläums »10 Jahre Stadtbibliothek« in der Bibliothek über der Nidda , lasen, erzählten, lachten und unterhielten das Publikum bestens.
Das war zahlreich erschienen - alle 160 Plätze waren besetzt.
Und das trotz des gleichzeitig stattfindenden Spiels der Frankfurter Eintracht in Helsinki. Hätte Henni Nachtsheim das vorher geahnt, »hätten heute andere hier oben auf der Bühne gesessen«, erzählte er gleich zu Beginn. Dass er bekennender Eintracht-Fan ist, zeigte der Büchertisch, auf dem auch seine Werke über die Eintracht lagen.
Dann ging es los mit dem »pädagogisch wertvollen Teil«, wie Susanne Reichert ankündigte, mit Passagen aus ihren Romanen »Himmlisch gechillt« und »Tierisch abgehoben«. Darin spielen pubertierende Kinder und Haustiere eine große Rolle - der tägliche Wahnsinn in einer Familie mit drei Kindern, den die Bad Vilbeler Autorin humorvoll und unterhaltsam beschreibt. Der schwule Frisör Mario als bester Freund von Mutter Marlene, der auch Patenonkel von Tochter Sophie ist und alle erzieherischen Maßnahmen konterkariert, darf genauso wenig fehlen wie Familienhund Monty, der besonderer medizinischer Betreuung bedarf - die natürlich auch von Mutter Marlene geleistet werden muss.
Turbulente Alltagsgeschichten
Reichert und Nachtsheim lasen die turbulenten Alltagsgeschichten mit verteilten Rollen. Und zum großen Vergnügen des Publikums übernahm Nachtsheim die Stimmen von Tochter Sophie, Frisör Mario und von Jesus. Mit ihm spricht Marlene bei ihren Besuchen in der Kirche, wenn sie sich von ihrer herausfordernden Familie erholt. »Ich wollte schon immer mal einen hessischen Jesus sprechen«, sagte Nachtsheim schmunzelnd.
INFO: Moritz Netenjakob zu Gast
Das Beste und Neueste vom Grimmepreisträger und Bestseller-Autor Moritz Netenjakob, gibt es in der Stadtbibliothek am Samstag, 18. November, ab 20 Uhr, Einlass ist ab 19.30 Uhr. Netenjakob ist mit seinem Programm »Das Ufo parkt falsch« zu Gast. Präsentiert wird ein Mix aus brüllend komischen Beobachtungen, verrückten Einfällen und liebenswerten Figuren, heißt es in der Einladung. Die Gäste werden Geschichten über eine abgewehrte Ufo-Attacke lauschen, erfahren, wie ein sächsischer Taxifahrer zum Musicalstar wurde und erleben Netenjakobs persönliche Erfahrungen eines Auftritts auf einer »Damensitzung«.
Wer Moritz Netenjakob noch nicht kennt, hat bestimmt schon über seine Texte gelacht - in den Sendungen »Switch«, »Wochenshow«, »Stromberg« oder »Pastewka«.
Tickets gibt es im Vorverkauf im Kartenbüro, Klaus-Havenstein-Weg 1, Tel. 0 61 01/55 94 55, E-Mail: ticket@bad- vilbel.de, bei allen bekannten Vorverkaufsstellen von Frankfurt Ticket und auch an der Abendkasse. red
Nach der Pause ging es mit Kurzgeschichten von Henni Nachtsheim weiter - wieder vorgelesen mit verteilten Rollen. Susanne Reichert, die im ersten Teil ihr Können als Autorin bewies, zeigte im zweiten Teil, dass sie auch eine gute Vorleserin ist - und sich perfekt in hessische Charaktere verwandeln kann. Wie zum Beispiel in der Rolle als Putzfrau einer Kirche, die während ihrer Pause, die sie im Beichtstuhl verbringt, unerwartet einem Auftragskiller die Beichte abnehmen muss.
Der Spaß dabei war ihr anzumerken, genauso wie Henni Nachtsheim. Was nicht nur an den Geschichten lag, sondern auch daran, dass beide sehr gut harmonierten und aufeinander abgestimmt waren.
Nachtsheims Geschichten stammen aus seinem Projekt »Dollbohrer«, das er gemeinsam mit Rick Kavanian betreibt. Darin wird Weltliteratur aus geheimen Quellen erzählt. So erfuhr das Publikum anhand der Erzählung zweier Tauben, warum das Kloster in »Der Name der Rose« wirklich abgebrannt ist, dass sich die »Leiden des jungen W.« nicht nur um Lotte drehen, sondern auch um die medizinischen Sorgen eines alten Mannes und dass »Moby Dick« die Geschichte des Schleusenwärters Dick ist, in dessen Schleuse sich versehentlich die Meerjungfrau Moby verfängt. Dass alle Figuren dieser weltliterarischen Werke hessisch babbeln, darüber wunderten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer an diesem Abend nicht mehr.
Bratwürste für Linkshänder
Das Publikum wurde schließlich mit der allerletzten Geschichte über die Golden Girls aus Nieder-Roden verabschiedet, in denen Bratwürste für Linkshänder und Jimi Hendrix eine Rolle spielten. Auch darüber wunderte sich dann an diesem sehr unterhaltsamen Abend in der Stadtbibliothek niemand mehr. Christiane Kauer