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Bewährungsstrafe für Angeklagten

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Von: Barbara Czernek

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Hungen/Gießen (bac). Ein 43 Jahre alter Mann aus Hungen chattet über Instagram mit einer vermeintlich Elfjährigen. Er zeigt ihr Nacktbilder von sich und seinem Penis und fordert sie auf, ihm auch Nacktfotos von sich zu schicken. Was er in dem Moment nicht ahnt: Hinter dem Profil der Elfjährigen steckt ein erwachsener Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Pädophile aufzuspüren und diese anzuzeigen.

Die anschließende Hausdurchsuchung beim Hungener bringt weitere pornografische Bilder von Kindern und Jugendlichen auf seinem Handy zutage.

Wegen des Besitzes dieser Bilder und wegen »sexuellen Missbrauchs ohne Körperkontakt« musste sich der Mann am Dienstag vor dem Amtsgericht verantworten. Er gab sich voll geständig, sodass auf sämtliche Zeugenaussagen verzichtet wurde - ein scheinbar klarer Fall. Doch so klar, wie es zunächst schien, ist es dann doch nicht, wie Rechtsanwalt Henner Maaß im Laufe der Verhandlung aufzeigte.

Das hängt mit einer Verschärfung des Strafrechts für Sexualdelikte zusammen. Bis Juli 2021 wurde der Besitz von kinderpornografischen Schriften, Bildern und Filmen als ein Vergehen mit einem erhöhten Strafmaß geahndet. Durch die Novellierung ist heute der Besitz von Kinderpornografie ein Verbrechen geworden, mit einer Mindeststrafe von einem Jahr pro Bild.

Er sei da so »hineingerutscht«

Eine Bewährungsstrafe von unter zwölf Monaten ist damit ausgeschlossen. Dies wiede-rum hätte gravierenden Folgen für den Angeklagten, einen Beamten, der damit seinen Job los wäre. Daher wollte Anwalt Maaß erreichen, dass sein Mandant nach der alten und damit milderen Gesetzeslage verurteilt werde.

Laut der Aussage des Angeklagten habe er sich die Bilder im Jahr 2020, während der Corona-Zeit, auf sein Handy heruntergeladen. In dieser Zeit habe er nicht viel zu tun gehabt und sei da so »hineingerutscht«, sagte er vor Gericht.

Als Tattag wurde in der Anklage allerdings der 16. Januar 2022, der Tag der Hausdurchsuchung, aufgeführt. »Es wurde nie untersucht, wann die Bilder wirklich auf das Handy gelangten«, argumentierte Rechtsanwalt Maaß. Wenn diese Bilder bereits vor dem Stichtag der neuen Gesetzesfassung auf dem Handy des Angeklagten gewesen seien, so müsse man ihn auch nach altem Recht verurteilen, erläuterte er. Das sei bei anderen Delikten ein gängiges Verfahren.

Nach kurzer Beratung entschied das Gericht, die aktuelle Fassung der entsprechenden Paragrafen anzuwenden. Entscheidend sei hierbei der Tag, an dem das Dauerdelikt - also der Besitz der Bilder - beendet wurde, erläuterte Richterin Regina Robe.

Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro

Staatsanwältin Dr. Julia Vorländer sah die Tatvorwürfe im Wesentlichen bestätigt. Positiv hielt sie dem Angeklagten zugute, dass er voll geständig war und auch die Bereitschaft habe, sich einer entsprechenden Therapie zu unterziehen. Im Laufe der Verhandlung hatten er und sein Anwalt glaubhaft aufzeigen können, wie sehr sich der Mann bis dato erfolglos um einen Therapieplatz bemüht hat.

Insgesamt plädierte sie für eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten mit einer Bewährungszeit von drei Jahren sowie für die Durchführung einer Psychotherapie und für eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro. Der Verteidiger hingegen bat um die Anwendung des alten Strafrechts. Unter Berücksichtigung aller Umstände forderte er elf Monate und zwei Wochen und blieb somit unter der Jahresgrenze, womit sein Mandant den Beamtenstatus behalten würde. In puncto Auflagen schloss sich Maaß der Staatsanwaltschaft an.

Das Gericht verurteilte den Mann schließlich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Hinzukommt noch eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro. »Damit bewegen wir uns am untersten Rahmen«, sagte Richterin Robe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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