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Braunkehlchen auch im Vogelsberg auf dem Rückzug

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Von: red Redaktion

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Zahlreiche Wiesenbrüter, unter ihnen auch das Braunkehlchen, leiden unter der intensiveren Flächenbewirtschaftung in der Landwirtschaft. Die Bestände gehen zurück. Dem will der Vogelsbergkreis mithilfe von Naturschützern und Landwirten nun begegnen. © pv

Es ist der »Vogel des Jahres 2023« - das Braunkehlchen. Doch deutschlandweit verliert es immer mehr an Boden, die Bestandszahlen sinken. Dagegen will der Vogelsbergkreis etwas tun.

Vogelsbergkreis (red). Dramatisch zugespitzt hat sich in Hessen die Bestandslage von Wiesenbrütern, die auf Extensivgrünland angewiesen sind. Vom Aussterben bedrohte Arten, wie Braunkehlchen und Wiesenpieper, drohen aus der hessischen Vogelwelt zu verschwinden. Beide waren über Jahrhunderte fester Bestandteil hiesiger Mähwiesen und Weiden - auch im Vogelsbergkreis, der jetzt einiges zum Erhalt der Arten unternimmt.

Immer intensivere Flächenbewirtschaftung führte zum starken Rückgang potenzieller Lebensräume und damit zum Rückgang der Braunkehlchen- und Wiesenpieperbestände. Datenerhebungen der vergangenen Jahre zeigten, dass der Vogelsberg hessenweit noch starke Brutbestände an Braunkehlchen und Wiesenpiepern aufwies. Entsprechend groß ist somit die Verantwortung, die der Vogelsbergkreis für diese gefährdeten Arten trägt. Um ihr gerecht zu werden, setzt er mit dem Amt für Wirtschaft und ländlichen Raum sowie der Unteren Naturschutzbehörde, dem Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg und örtlichen Naturschutzvertretern umfassende Erhaltungsmaßnahmen für Wiesenvögel um.

Lebensraum Feuchtwiese

Zu den Verbreitungsschwerpunkten für Braunkehlchen und Wiesenpieper zählen die Talräume von Grebenhain, Herbstein und Lauterbach, die durch einen vielfältigen Wechsel von artenreichem Grünland mit Feucht- und Nasswiesen geprägt sind. Von herausragendem Wert für die Wiesenbrüter sind dabei die großflächigen, gehölzarmen Feuchtwiesen entlang von Lüder, Schwarza, Altefeld und Eisenbach, die sich nach wie vor in einem relativ naturnahen Zustand befinden. Eine extensive Bewirtschaftung schafft hier bessere Lebensbedingungen für seltene Vogelarten wie Braunkehlchen, Wiesenpieper und Neuntöter. Auch Rotmilane und Schwarzstörche finden hier ein wichtiges Nahrungshabitat.

Mit unterstützenden Maßnahmen im Rahmen der Agrarumweltprogramme und Beratung des Amts für Wirtschaft und ländlichen Raum überzeugte man viele Landwirte in diesen Gebieten, durch spätere Mahdtermine, weniger Düngung und die Anlage von Altgras- oder Saumstreifen einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Wiesenbrütervorkommen zu leisten. So legte das Amt mit den jeweiligen Landwirten ein- oder mehrjährige Altgrasstreifen an und stellte seit 2015 über 2000 Holzweidepfähle auf. Diese dienen als Ansitz- und Singwarten sowie als klare Abgrenzung zwischen Nutz- und Altgrasfläche. Die Finanzierung erfolgte aus Natura-2000-Mitteln des Landes Hessen.

Im Rahmen einer Langfristpacht mit der Gemeinde Grebenhain sicherte das Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg Flächen in der Gemarkung Crainfeld, die ehemals als »Hotspots« für Braunkehlchen galten. Hier liegt nun der Fokus auf Maßnahmen zu Erhalt und Verbesserung der Lebensraumbedingungen für Wiesenbrüter. Besonders in diesem Jahr investierte das Naturschutzgroßprojekt in großflächige Zaunbaumaßnahmen in der Lüderaue. Rund 6,5 Kilometer Zaun sollen Altgrasbereiche sowie Ansitz- und Singwarten für die bedrohten Arten schaffen. Hierfür entfernte man alte Stacheldrahtzäune und entbuschte einzelne Bereiche. Außerdem entfernte man Einzelbäume, da das Braunkehlchen größere vertikale Strukturen meidet. Durch das Platzieren naturbelassener Weidezaunpfähle entstanden zwischen Grünlandflächen rund zehn Meter breite Altgrasbereiche. Als Versuchsprojekt zäunt man zudem in den Randbereichen rund 20 Meter breite Bracheflächen aus, die man jährlich erweitert, um unterschiedliche Brachestadien zu schaffen. Da das Braunkehlchen für seinen Nestbau mehrjährige Brachen bevorzugt, soll dieses Rotationsprinzip es den Vögeln in wenigen Jahren erlauben, zwischen ein- und mehrjährigen Brachen zu »wählen«. Zudem will man es Räubern, wie Füchsen oder Waschbären, erschweren, die Braunkehlchennester zu finden. Rund 60 000 Euro zahlt das Naturschutzgroßprojekt für diese Maßnahme.

Klimawandel und Insektenrückgang

Es zeigt sich, dass auch im Vogelsberg die vorhandenen Braunkehlchen- und Wiesenpiepervorkommen stark gefährdet sind. Die Zahl der Brutpaare in einzelnen Bereichen nimmt ab. Ob die in diesem Jahr getroffenen Maßnahmen wirken, zeigt sich erst in den nächsten Jahren. Neben der Flächenbewirtschaftung haben auch Insektenrückgang und Klimawandel einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Braunkehlchen und Co.

Allerdings waren viele Landwirte im Rahmen der neuen Antragstellung zum Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen bereit, in diesen besonderen Bereichen für Braunkehlchen und anderer Offenlandarten naturschutzfachliche Sonderleistungen auf Grünlandflächen abzuschließen. Mit dieser naturschutzorientierten Flächenbewirtschaftung leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Vogelarten.

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