Büdingen - eine Stadt mit Charakter: Neues Buch zur Geschichte der Großgemeinde erschienen

Das Warten hat sich gelohnt. Im Auftrag der Stadt Büdingen hat die Geschichtswerkstatt nun ein Buch vorgelegt, das das 50-jährige Bestehen der Großgemeinde würdigt.
Im Sitzungssaal der Stadtverordnetenversammlung im Historischen Rathaus stellte Büdingens Bürgermeister Benjamin Harris (CDU) vor zahlreichen Ehrengästen das neue Buch »Büdingen - 50 Jahre Großgemeinde« vor. Nicht zuletzt pandemiebedingt hatte sich das Erscheinen des Buches, an dem viele Autoren, Fotografen und vor allem der Büdinger Maler, Bildhauer und Grafiker Axel Gallun mitgewirkt haben, um ein gutes Jahr verzögert, denn das Jubiläum »50 Jahre Großgemeinde« feierte die Stadt bereits im Zuge des Gallusmarktes 2022.
Die Feierstunde zur Buchvorstellung gestalteten Benedikt Bach, der Leiter der Musik- und Kunstschule, an der Violine und die neunjährige Nadja Zimmer am Cello. Der Bürgermeister freute sich über zahlreiche Ehrengäste, unter anderem hieß er Stadtverordnetenvorsteher Dieter Jenztsch, die Ehrenbürger Jules August Schröder und Dr. Volkmar Stein, die Altbürgermeister Erich Spamer und Bernd Luft, den früheren Ersten Stadtrat Manfred Hix sowie eine ganze Reihe Stadträte, Stadtverordnete, Ortsvorsteher und Ortsbeiratsmitglieder der Gegenwart willkommen.
Mal sachlich, mal emotional
»Alle, die an dem neuen Buch mitgewirkt haben, taten dies mit viel Kompetenz und Herzblut, im Blick auf die Höhen und Tiefen der vergangenen 50 Jahre, auf Engagement und Gemeinsinn, Meilensteine und Herausforderungen sowie auf die Geschichte des eigenen Ortsteils und das persönliche Erleben mit und in dieser Stadt«, sagte Harris. »Insgesamt zeichnet dieses Buch unsere gemeinsame Reise durch 50 Jahre und eine bemerkenswerte Entwicklung nach.« Bearbeitet und herausgegeben hat das Buch im Auftrag der Stadt die Geschichtswerkstatt um das rührige Ehepaar Susanne und Joachim Cott.
Das fast 200 Seiten starke Werk beleuchtet mal sachlich, mal emotional die Entwicklung Büdingens und der 15 Stadtteile. Es hat keineswegs den Charakter einer Chronik, sondern kommt einer Zustandsbeschreibung einer besonderen Stadt und ihrer Menschen gleich, für die Büdingen Heimat ist. Kunst und Kultur, die Landwirtschaft, die Museen, Ein-, Aus- und Rückblicke, die stets spannend und häufig sehr persönlich gehalten sind, machen das Buch aus. Als besonderen Höhepunkt kann man die Bilder von Axel Gallun bezeichnen, der jeden Stadtteil liebevoll und mit einem Augenzwinkern in Szene gesetzt hat.
Zu den Autoren gehören Andrea Rahn-Farr, Anette Schött, Arnika Haury, Björn Leo, Carsten Parré, Dieter Egner, Dieter Jentzsch, Gerhard Bennemann, Horst Diefenbach, Karl-Wilhelm Marth, Kerstin Bär, Richard Meng, Sylvia Oster, Torben Frieborg, Ute Clifton, Monika Eichenauer und Christiane Braunwarth, die unter anderem für die Drohnenaufnahmen von Büdingen verantwortlich zeichnete. Alle Beiträge sind mit Fotos von Verena Holland reich bebildert.
Ehrenbürger mit Empfehlung
Höhepunkt des Festabends im Sitzungssaal war die Rede des Büdinger Ehrenbürgers Dr. Volkmar Stein. In einem lebendigen, informativen sowie gelegentlich mit feinem Humor unterlegten Festvortrag ordnete er Büdingens jüngere Geschichte ein. Er beleuchtete das Wirken der Bürgermeister ab 1972 sowie die Parteienlandschaft in der Stadtverordnetenversammlung im Laufe der Jahrzehnte, das Ringen um Mehrheiten und Kompromisse. Die ungeminderte Hochwasserproblematik sprach Stein genauso an wie die Mobiltät innerhalb und außerhalb der Stadt, die Gegensätze zwischen Altstadtbewohnern und Touristen, zwischen fröhlichen Festen und dem Bedürfnis nach Ruhe, zwischen Alt und Jung, Gewerbegebieten und Natur, dem Wegzug einiger Behörden und der Ansiedlung des Amtes für Bodenmanagement. »Büdingen ist eine kleine Mittelstadt mit aktiven Bürgern, die sich im besten Sinne der römischen ›res publica‹, der ›öffentlichen Sache‹, einmischen und Politik mitgestalten wollen, die sich mit Stiftungen, Initiativen und Vereinen für das Wohl der Allgemeinheit einsetzen und deutlich Stellung gegen rechte Umtriebe in ihren Mauern beziehen«, so der Historiker. Nach dieser vielschichtigen Bestandsaufnahme samt einer Agenda für die Zukunft vergas Stein nicht, die positiven Errungenschaften der vergangenen 50 Jahre zu würdigen. Im Sinne des gräflichen Freiheitsbriefes von 1353 und des Toleranzedikts von 1712 sowie der vitalen Städtepartnerschaften Büdingens empfahl Volkmar Stein nachdrücklich, an der Idee der Freiheit und Weltoffenheit festzuhalten und sich dafür einzusetzen. »Wir sollten von unserer kleinen Mittelstadt nicht gering denken, sie ist und bleibt der aufmerksamen, tätigen Mühe wert - und unserer Sympathie.«
Eisige Stille auf dem Rückweg
Im Anschluss gedachte Jules August Schröder, über 50 Jahre lang Stadtverordneter in Büdingen, des dramatischen Landtagsbeschlusses vom 11. Juli 1972, der sich über die Beschlüsse des Stadtparlaments und die Wünsche der Bevölkerung hinwegsetzte und die ehemals selbstständige Kreisstadt dem neugegründeten Wetteraukreis zuschlug. Auf der Heimfahrt von Wiesbaden habe damals im Bus der aus Büdingen angereisten Delegation eisige, niedergeschlagene Stille geherrscht, so Schröder.