Büdinger verurteilt wegen Mordes

Mord und kein Totschlag - So wertet Hanaus Schwurgericht die Indizienlage im Prozess »Mord ohne Leiche«. Damit geht es über die Forderung der Staatsanwältin gegen einen Büdinger hinaus.
D er Prozess »Mord ohne Leiche« ist am Dienstag für den 60 Jahre alten Angeklagten aus Büdingen mit einem Schuldspruch zu Ende gegangen. Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Hanau befand die Indizienlage als ausreichend, um den Beschuldigten wegen Mordes zu verurteilen.
Der Besitzer einer Lkw-Werkstatt im Hammersbacher Ortsteil Langen-Bergheim soll den Vermieter des Betriebsgeländes am 21. Januar 2021 getötet haben. Als Motiv sah das Gericht vor allem hohe Mietschulden, wegen denen es über Jahre zu Rechtsstreitigkeiten kam. Die Leiche des fast 80-Jährigen ist trotz groß angelegter Suchaktionen bis heute unauffindbar. Der Angeklagte bestreitet seine Schuld.
Rund zwei Stunden lang erläuterte der Vorsitzende Richter Niels Höra das Urteil. Staatsanwältin Lisa Pohlmann hatte Tage zuvor auf Totschlag plädiert. Das nun härtere Urteil erklärte das Gericht mit den erwiesenen Mordmerkmalen Heimtücke und niedere Beweggründe.
Demnach suchte das Opfer am Tattag gegen Mittag das Werkstattgelände auf, um dort in einer Halle nach dem Rechten zu schauen, wo seine historischen Fahrzeuge und Autoteile lagerten. Wie bei seinem vorangegangenen Besuch, soll der Angeklagte auch diesmal den Strom in der Halle abgestellt haben. Mutmaßlich waren daraufhin beide Männer in den Elektroraum gegangen, um den Hauptschalter zu betätigen.
Was sich dort um kurz nach 12 Uhr abspielte, blieb in dem Prozess ein weißer Fleck. Dem Opfer müssen jedoch eine oder mehrere blutende Wunden zugefügt worden sein. Die Kriminaltechniker entdeckten etwa auf dem Boden des Raumes und am Sicherungskasten Blutspuren. Zeugen berichteten, dass der Angeklagte mit einer Gießkanne in den Geschäftsraum gekommen sei, um Wasser zu holen. Ein wartender Kunde berichtete vor Gericht, dass er zuvor ein »schmerzvolles Stöhnen« gehört haben will.
Spuren am Tatort beseitigt
Der Angeklagte soll nicht nur umgehend Spuren am möglichen Tatort beseitigt haben, sondern auch das Auto des Opfers, einen dunklen Porsche Cheyenne. Am Nachmittag sahen Personen, die das Opfer suchten, das Fahrzeug nicht mehr auf dem Betriebsgelände. Es stand mittlerweile auf einem Parkplatz am Zughalt im Maintaler Stadtteil Bischofsheim. Bis auf das Handy waren alle persönlichen Sachen noch im Wagen.
Laut Gericht hat der Angeklagte das blutbeschmierte Mobiltelefon auf der Rückfahrt entsorgt. Das Gerät war den Ermittlern ein wichtiges Zeugnis hinsichtlich des mutmaßlichen Tatzeitraums. Ein nicht unwesentliches Indiz war ebenso eine Stofffaser auf dem Fahrersitz des Porsches, die von der Arbeitshose des Angeklagten stammen soll. Das Gericht sah es auch als erwiesen an, dass der Büdinger sein Opfer am späten Abend mit einem Militärfahrzeug der Marke Volvo entsorgt hat. Was jedoch genau mit der Leiche geschehen ist, ist immer noch unklar. Dass das Opfer nicht mehr lebt, hält das Gericht hingegen für unbestritten.
Laut Gericht sprechen die Indizien auch dafür, dass er nicht auf irgendeine Art ums Leben kam, sondern dass er umgebracht worden ist. Der Angeklagte soll hierzu das belastende Motiv gehabt haben. Mietschulden in hoher fünfstelliger Höhe, wegen der er über Jahre mit dem Opfer in Rechtsstreit lag. Dieser soll mehrfach vergeblich versucht haben, den Angeklagten mit einer Räumungsklage vor die Tür zu setzen. Dieser soll vom Opfer aber auch zweimal ein mehrere Tausend Euro hohes Darlehen erhalten haben, um die Werkstatt über Wasser zu halten. Das Geld soll nie zurückgezahlt worden sein.
Gerichtlichen Ärger wegen der Mietzahlung soll der Angeklagte bereits in Büdingen gehabt haben, wo er seinen ersten Betrieb hatte. Zudem habe es oft Streit wegen des Zustands des Geländes gegeben. Ebenso soll Eigentum des Opfers aus der Halle entwendet worden sein.
Impulsive Persönlichkeit
Zeugen zeichneten vom Angeklagten das Bild einer schwierigen und impulsiven Persönlichkeit. Der Richter attestierte ihm zudem einen manipulativen Charakter, der Zeugen beeinflusst habe. Er sei empathielos und »lügt hemmungslos zu seinem Vorteil«, hieß es. Auch soll er schon mal die Hand gegen Kunden erhoben haben.
Der Büdinger war zudem ein Waffennarr, dem man vor rund 25 Jahren den Schein entzogen hatte. Dennoch fand die Polizei bei der Haus- und Werkstattdurchsuchung ein Arsenal von Schuss- und Stichwaffen samt Munition, was ihm noch den zusätzlichen Anklagepunkt des illegalen Waffenbesitzes einbrachte. Dieser spielte in dem Verfahren jedoch eine untergeordnete Rolle.
Auffällig ist auch, dass der Angeklagte, der die Urteilverlesung mit finsterem Blick verfolgte, seine Kampfhunde nach Nazi-Größen des Dritten Reichs benannt haben soll.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.