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Butzbach: Damit Liv zu Hause sein kann werden Spenden gesammelt

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Kurz vor Ostern ist Liv wieder nach Hause gekommen - vorher ist sie in Kliniken gewesen. Die Eineinhalbjährige hat eine seltene Krankheit und einen Herzfehler, deswegen braucht sie rund um die Uhr, sogar nachts, Betreuung. © Sabrina Dämon

Wegen einer seltenen Krankheit hat Liv die vergangenen acht Monate in Kliniken verbracht. Um den Alltag bewältigen zu können, muss ihre Familie das Haus umbauen und ein größeres Auto kaufen. Dafür haben die Eltern eine Spendenkampagne gestartet.

Seit Gründonnerstag ist Liv zu Hause in Butzbach. Sie liegt auf dem Boden, der Papa sitzt dabei, spielt mit ihr, sie lacht. Als die Mama reinkommt, dreht Liv den Kopf und schaut. »Sie ist sehr aufmerksam«, sagt die Mutter. Das sei am Anfang nicht klargewesen. »Keiner konnte sagen, ob sie etwas mitbekommt, ob sie einen erkennt.«

Als Liv im August 2021 geboren wurde, war sie scheinbar gesund. Nur die Mutter habe gespürt, dass mit ihrer zweiten Tochter etwas nicht stimme. »Ich habe immer gesagt: Etwas ist anders.« Heute, 18 Monate später, hat Liv viele Krankenhausaufenthalte hinter sich, eine Knochenmarkstransplantation, eine Reanimation. Und sie hat eine Diagnose. Sie hat einen Herzfehler und die seltene Krankheit Mukopolysaccharidose (MPS) Typ I Hurler (siehe Info).

Spenden-Aktion für Liv: Barrierefreies Wohnzimmer und ein neues Auto

»Die Wahrscheinlichkeit, ein MPS-Kind zu bekommen, liegt bei 0,16 Prozent«, sagt die Mutter. Wie sie erklärt, handelt es sich um eine angeborene, lebensverkürzende Stoffwechselerkrankung, die zu schweren körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen führt.

Damit die eineinhalbjährige Liv daheim leben kann, muss die Familie ihren Alltag komplett verändern - und auch das Zuhause umgestalten. »Ein behindertengerechter Badezimmerumbau steht an, und unser Wohnzimmer ist nicht barrierefrei.« Zudem brauchen sie ein neues Auto. »Unseres ist einfach nicht groß genug, um die Hilfsmittel, etwa einen Spezial-Buggy oder einen Reha-Stuhl, zu transportieren.«

Spenden-Aktion für Liv: Ziel sind 50 000 Euro

Dafür hat die Familie eine Spendenkampagne auf der Internetplattform »GoFundMe« gestartet. Das Prinzip der Seite: Um Geld zu sammeln, erstellen die Spendenempfänger eine Seite, auf der sie ihr Projekt vorstellen sowie ein finanzielles Ziel festlegen. Jeder kann den Aufruf unterstützen.

Livs Familie hat das Spendenziel auf 50 000 Euro gesetzt. Bisher sind bereits über 37 000 Euro zusammengekommen.

Über die Seite kann zwar jeder die Eltern kontaktieren, für den Zeitungsbericht, sagt der Vater, würden sie aber lieber nicht namentlich genannt werden. Das habe den Hintergrund, dass er in der Umgebung recht bekannt und in Vereinen aktiv ist. »Wir wollen die Spendenaktion nicht so sehr mit uns verknüpfen.«

Spenden-Aktion für Liv: Rund um die Uhr Betreuung - auch nachts

Neben den geplanten Umbaumaßnahmen und dem Autokauf muss die Familie auch ihren Alltag verändern. Liv braucht rund um die Uhr Betreuung, sogar nachts. Deswegen müsse ein Elternteil immer bei ihr sein. »Sie kriegt 13 Medikamente, 25 Gaben über den Tag verteilt. Die letzte abends gegen 22 Uhr.« Über einen Monitor können die Eltern den Puls der Tochter überwachen. Hinzukomme, dass sie manchmal im Schlaf würgt oder erbricht - deswegen muss immer jemand aufpassen, dass das Erbrochene nicht in die Atemwege gelangt. Die Eltern wechseln sich nächteweise ab - »nach so einer Nacht kann man nicht arbeiten«, sagt der Vater.

»Ein Elternteil muss immer bei den Kindern sein, eins auf der Arbeit.« Die Genehmigung der Krankenkasse für einen Intensivpflegedienst stehe noch aus, einen Kontakt habe die Familie bereits.

Wie sich Liv entwickeln wird, kann kein Arzt vorhersagen - zum Beispiel, ob sie sitzen können wird. Im Moment liegt sie nur, kann sich lediglich von der Seite auf den Rücken drehen. Nahrung bekommt sie über eine Magensonde.

Spenden-Aktion für Liv: Herzstillstand und Reanimation

Bevor Liv kürzlich nach Hause gekommen ist, hat sie über ein halbes Jahr in Kliniken verbracht. »Desto früher MPS diagnostiziert wird, desto besser kann man den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen - nicht heilen. Eine Knochenmarkstransplantation sorgt dafür, dass die Kinder das fehlende Enzym selbst produzieren können. Ohne eine Therapie kommen die Kinder nicht über das junge Erwachsenenalter hinaus.« Vergangenen September ist ein Stammzellenspender gefunden und die Transplantation durchgeführt worden. Alles habe gut ausgesehen.

Im November blieb Livs Herz stehen. »Sie musste reanimiert werden. Es ging alles relativ schnell… Und trotzdem erfuhr sie diesen schweren hypoxischen Hirnschaden. Die Basalganglien, sozusagen die Hauptschaltzentralen des Gehirns, sind defekt und auch Teile des Stammhirns.« Eine Woche lag Liv auf der Intensivstation. »Als wir sie zurück auf Station bekamen, konnte sie nicht mal die Augen aufmachen und hat nur geweint.« Im Dezember kam sie (und mit ihr wochenweise je ein Elternteil) in eine neurologische Frühreha. Dort hat sie sich etwas erholt, erzählen die Eltern. »Wir hoffen für Liv und uns alle, dass es nun endlich nur noch nach vorne geht.«

Die Spendenkampagne ist zu finden unter: www.gofundme.com/f/hilfe-fur-die-kleine-liv-und-ihre-familie. Zudem hat die Familie ein Spendenkonto eingerichtet: »Spendenkonto Liv«, Volksbank Butzbach; IBAN DE 20 5186 1403 0200 1586 90

Info: Schwere Krankheit

Im März 2022 erfuhr die Familie, dass Liv die Stoffwechselerkrankung Mukopolysaccharidose Typ I Morbus Hurler - kurz MPS 1 Hurler - hat. Wie die Eltern erklären, wird als MPS I-Hurler die schwerste Verlaufsform dieses Typs bezeichnet. »Aufgrund des Enzymdefekts werden bestimmte Stoffwechselprodukte, die MukoPolySaccharide, nicht abgebaut, sondern in den Körperzellen gespeichert. Der ›Stoffwechselmüll‹ sammelt sich an und zerstört diese Zellen, was zu schweren körperlichen Behinderungen führt (zum Beispiel typische Veränderungen des Schädels sowie der Knochen und Gelenke, Kleinwuchs, Störung des Hör- und Sehvermögens, Leber- und Milzvergrößerung, Behinderung der Atmung, Störung der Herz-Kreislauffunktionen).«

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