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»Das ist ein Charlotte-Rath-Roman«

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Von: Harald Schuchardt

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Autor Volker Kutscher nimmt sich nach der Lesung im Bibilothekszentrum Klosterbau noch über 45 Minuten Zeit, um mit den Gästen ins Gespräch zu kommen und viele Fragen zu beantworten. © Loni Schuchardt

Sie wollten ihn alle hören und sehen: Volker Kutscher. Der Erfolgsautor war am Mittwochabend zu Gast im seit Wochen ausverkauften Bibliothekszentrum Klosterbau. Die Gäste von »Friedberg lässt lesen« wollten live erleben, wie es im neunten Roman mit Kommissar Gereon Rath weitergeht. Der Ermittler spielt in »Transatlantik« nämlich keine große Rolle, sondern seine Ehefrau Charly.

Die Fernsehserie »Babylon Berlin« gehört zu den aufwendigsten Produktionen in der deutschen Fernsehgeschichte überhaupt. Grundlage für die auch international erfolgreiche Serie sind die Bücher von Autor Volker Kutscher.

Einige seiner Romane um Kommissar Gereon Rath sind bereits verfilmt worden. Ende Oktober letzten Jahres ist Kutschers neuester Rath-Roman »Transatlantik« erschienen. Und der Name des Erfolgsautors zog: Seit Wochen war die Lesung im Bibliothekszentrum Klosterbau ausverkauft.

»Transatlantik« ist bereits die neunte Folge der im pulsierenden Berlin der 1930er Jahre spielenden historischen Kriminalromane, in denen die Ermittlungen des aus Köln stammenden Kommissars Gereon Rath im Mittelpunkt stehen - bisher jedenfalls.

»Das ist ein Charlotte-Rath-Roman«, sagte der erfolgreiche Autor im Verlauf der Lesung, die von Birgit Bergmann, der Leiterin des Bibliothekszentrums Klosterbau, moderiert wurde. Warum nun die Ehefrau des von den Behörden für tot gehaltenen Kommissars im Mittelpunkt steht, ergibt sich aus der Handlung im Vorgängerband »Olympia«, der im Jahre 1936, spielt. Die Handlungsstränge im Vorfeld des neuen Romans fasst Bergmann in ihrer Anmoderation zusammen, bevor Kutscher mit einem von vier Leseabschnitten startet. Dieser spielt bereits in New York, wo Gereon Rath inzwischen lebt. Auch hier trifft er - wie so oft - auf »alte Bekannte«. Zuvor hatte er Deutschland unter falscher Identität mit dem Zeppelin »Hindenburg« verlassen.

Die Zeppelin-Katastrophe von Lakehurst hat Kutscher als das prägende Ereignis des Jahres 1937 in seinen Roman aufgenommen. Damit bleibt er seiner Linie treu, spielt jeder seiner Romane in einem der 1930er Jahre mit seinen vielen die Gesellschaft und Politik für lange Zeit prägenden Ereignisse.

Fans stellen detaillierte Fragen

Waren die ersten acht Bände eher »Polizei-Romane«, bei denen - neben der Familie - die Ermittlungen von Rath im Mittelpunkt standen, so deutet sich schon in »Olympia« eine Veränderung an. Gereon Rath muss untertauchen, lebt vorübergehend in Wiesbaden, während seine Ehefrau Charlotte, die nun nicht mehr bei der Polizei arbeitet, immer mehr im Mittelpunkt steht. »Charly übernimmt die Rolle ihres Ehemanns, auch dessen Methoden, die sie oft ablehnte«, erklärt Kutscher und liest dazu eine Passage aus dem neuen Buch, in der Charly in das ihr wohl vertraute Polizeipräsidium »einbricht«, um entlastendes Material zu finden, steht Greta doch unter Verdacht, ihren Liebhaber umgebracht zu haben. Gleichzeitig sucht Charly nach ihrer spurlos verschwundenen Freundin Greta und versucht ihren Ziehsohn Fritze aus der Nervenheilanstalt zu bekommen. Spannend ist denn auch die Begegnung von Fritze, dem einstigen Straßenjungen, mit Sturmführer Wilhelm Rademann, die Kutscher vorliest. »Ich mache einen braunen, gehorsamen Hitlerjungen aus dir«, sagt Rademann, der Fritze mit dem Schicksal seiner jüdischen Freundin Hanna, die ebenfalls in der Nervenheilanstalt einsitzt, zu erpressen versucht.

So liegt der Hauptstrang der Handlung weiter in Berlin, auch wenn Gereon Rath in den USA einige unglaubliche Dinge erlebt. Kutscher: »Die Musik spielt weiter in Berlin.« Zwischen den Abschnitten erläutert Kutscher Handlungsstränge im aktuellen Buch, aber auch aus den Vorgängerromanen, um so den »Nicht-Rath-Kennern« im Publikum die Zusammenhänge zu verdeutlichen. Dass es sich bei den Besuchern jedoch meist um große Fans der Romanserie handelt, wurde in der 45-minütigen Fragerunde deutlich.

Dabei begründete Kutscher seine Motivation und Intention, in fast 25 Jahren die bisher neun »Jahresromane« zu schreiben: »Ich will die gesellschaftliche und politische Entwicklung in Berlin in den 1930er Jahren verdeutlichen.«

Geduldig, aber auch mit Humor beantwortet Kutscher Fragen nach seiner Arbeitsweise, sowie nach der Filmadaption, bei der die drei Drehbuchautoren doch viele Änderungen vorgenommen haben. »Ich kann nicht immer alles nach vollziehen. Doch es hätte schlimmer kommen können«, meinte Kutscher, der seinen zehnten und somit letzten Rath-Roman in knapp zwei Jahren fertig haben möchte. »Dann entlasse ich meine Protagonisten in eine schlimme Zeit«, sagte der ehemalige Tageszeitungsredakteur.

Seine Antwort auf die Frage, ob er schon einmal eine Schreibblockade gehabt habe sorgte für den Lacher des Abends: »Ich erkenne dieses Wort nicht an.«

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