Das Ziel: Streuobst schätzen und schützen

Am 9. September wird in Ober-Widdersheim der Tag des Streuobstes gefeiert. An diesem Samstag dreht sich alles um Apfel, Birne und Co. Das hat einen besonderen Grund.
Am Samstag, 9. September, bietet die Stadt Nidda in Ober-Widdersheim ein vielfältiges Rahmenprogramm zum Thema Streuobst. Das Ganze ist mit einer Strategie verbunden. Denn das Ziel ist, offiziell Streuobstkommune zu werden. Das ist ein Prädikat, das der Regionalverband Frankfurt-Rhein-Main jedes Jahr an drei Kommunen vergibt.
Es geht darum, die Bedeutung der Streuobstwiesen zu vermitteln und deren Erhalt in der Region zu fördern. Die Auswahl des Ortes für das Fest ist kein Zufall. Ist doch der Obst- und Gartenbauverein Ober-Widdersheim sehr aktiv. Die Ehrenamtlichen um den Vorsitzenden Burkhard Grünbein bieten diverse Fortbildungen, wie Schnittlehrgänge an, sie keltern zusammen, feiern ihr Rauscherfest und mit Heidi Ziebarth ist eine selbstständige Landschaftsobstbauerin und Streuobstpädagogin im Vorstand. Im vergangenen Jahr wurde der neue »Schirnbergrundweg«, der durch die Streuobstwiesen führt, eingeweiht.
Hoher Stellenwert für Apfel und Birne
Auch im Nachbarort Unter-Widderheim steht die traditionelle Landnutzung von Magerrasen und Streuobstwiesen im Fokus. Seit vergangenem Jahr gibt es dort den neuen Wanderweg »Wetterau trifft Vogelsberg«. Einen Obst- und Gartenbauverein gibt es auch in Borsdorf, Ulfa hat einen Lehrpfad, in Ober-Lais werden unter anderem die Obstbäume gepflegt. In Nidda hat das Kulturgut einen hohen Stellenwert. Und doch gibt es Flächen mit Bäumen, die nach Pflege rufen.
Die Wiesen mit Äpfeln, Birnen, Kirschen, Quitten, Pflaumen oder Walnüssen beherbergen seltene Pflanzen und Tierarten, ob im Gras, in den Büschen und Bäumen oder dem Totholz. Beispiele sind Insekten, der Steinkauz, der Wiedehopf oder der Gartenschläfer, die in oder um die Obstbäume ihre bevorzugten Lebensräume sowie Nahrung finden. Der Regionalverband Frankfurt-Rhein-Main bietet ein Streuobst-Portal für die Region, eine Streuobstbörse und veröffentlicht das Magazin »Der Apfelbote«, in dem alle Informationen zur Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute nachzulesen sind. Der Verband vermarktet die Routen, vernetzt und bietet kostenlose Fortbildungen sowie eine mobile Kelteranlage. Mit Bastian Sauer gibt es sogar einen regionalen Streuobstbeauftragten.
Wie sollten Streuobstwiesen demnach gepflegt werden? »Naturschutz auf der Streuobstwiese bedeutet, dass bei der Bewirtschaftung keine künstlichen Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie schwere Maschinen verwendet und damit der Boden- und Wasserhaushalt geschützt werden. Streuobstprodukte und vor allem die frischen Früchte werden meist regional verarbeitet und vermarktet. Auch dadurch werden Ressourcen gespart und die Transportwege bleiben kurz«, beschreibt der Regionalverband. Eine Jury zeichnet Kommunen in unterschiedlichen Kategorien aus. Feste Kriterien für die Bewerbung gibt es nicht.
Authentizität und Nachhaltigkeit
Die Bewerbung als Streuobstkommune sei ein klares Bekenntnis zum Regionalverband und Erhalt der Streuobstwiesen, sagt Kerstin Alt von der Wirtschaftsförderung der Stadt Nidda. »Ich glaube, dass wir sensibler für das werden sollten, was wir vor Ort haben. Die Wiesen sind ein artenreicher Lebensraum für Tiere und Pflanzen und prägen unseren Kulturraum seit Jahrhunderten. Dies ist etwas Gewachsenes und nichts künstlich Aufgesetztes und hat etwas mit Authentizität und Nachhaltigkeit zu tun.«
Zwei Schleifen der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute, welche Stationen und Aktionen rund um den Apfel, den Apfelwein und die Streuobstwiesen verknüpft, tangieren Nidda. Eine Route führt über Unter-Widdersheim, Ober-Widdersheim, Borsdorf, Harb, Ulfa, Ober-Schmitten, Unter-Schmitten, an Kohden vorbei nach Nidda, dann über Bad Salzhausen und nach Geiß-Nidda. Die andere Schleife geht von Nidda aus nach Wallernhausen und führt dann über die Orlitzhöfe nach Eckartsborn, Bobenhausen, Ranstadt und über den Orbes in Richtung Kernstadt zurück.
Für die Bewerbung als Streuobstkommune hat Nidda ein Konzept erstellt. Kernmaßnahmen sind zum einen die Kartierung der Hochstämme durch einen Pomologen. Der würde dann nicht nur den Standort, sondern auch die Sorte bestimmen, den Pflegezustand festhalten und weitere Informationen einpflegen. Grundlage dafür ist die Datenbank des Regionalverbands. Zum anderen sind der regelmäßige Baumschnitt und Ersatzpflanzungen als weitere Maßnahmen geplant. Die Hoffnung ist, dass sich private Besitzer anschließen.
Was gut ins Konzept passt, ist der Streuobstkindergarten, den Nidda plant. Zwei Standorte sind in der engeren Auswahl. Zum Fest könnte der Ort endgültig in trockenen Tüchern sein.
Ob Nidda nun Streuobstkommune wird, entscheidet sich in der Kalenderwoche 37, also frühestens ab dem 11. September. Rouven Kötter, zuständiger Dezernent beim Regionalverband, macht es spannend und kündigt an: »Nach Reichelsheim und Ranstadt ist auch in diesem Jahr wieder eine Wetterauer Kommune unter den Preisträgern.«