Der Herrnhaag - ein Inspirationsort und Generationenprojekt

Die historischen Wurzeln des Herrnhaags reichen bis ins 13. Jahrhundert. Neben dem Verein der Freunde des Herrnhaag kümmert sich auch eine Stiftung um die langfristige Erhaltung der Anlage.
Etwa fünf Kilometer entfernt von Büdingen liegt die Anlage Herrnhaag. Gegründet zwischen 1738 und 1753 von der pietistischen Glaubensgemeinschaft der Herrnhuter Brüdergemeine wurde die Siedlung im genannten Zeitraum von zirka 1000 Menschen bewohnt, bevor diese den geschichtsträchtigen Ort wieder verließen. Von den ursprünglichen 17 Gebäuden stehen heute noch fünf. Um diese verbliebenen Häuser langfristig zu erhalten, wurde 2021 die Stiftung Herrnhaag gegründet.
Für künftige Generationen
»Herrnhaag ist mit seiner Geschichte und seinen Zukunftsperspektiven zu einem Inspirationsort vor allem für die junge Generation geworden«, heißt es in der Präambel der Stiftungssatzung. Zur Erreichung dieses Ziels wurde schon 1959 der Verein der Freunde des Herrnhaag gegründet, um die Anlage zu restaurieren. Aber nicht nur die jetzige junge Generation, sondern auch die nachkommenden Generationen sollen laut der Präambel diesen Ort der Gemeinschaft und Begegnung, der Einkehr und Besinnung« erleben dürfen. Aus diesem Grund wurde von der Herrnhuter Brüdergemeine 2021 eine Stiftung gegründet, damit die Erhaltung der Siedlung über Generationen hinweg sichergestellt werden kann.
Da das Mindestkapital von 50 000 Euro für die Errichtung einer selbstständigen Stiftung nicht verfügbar war, wurde sie als unselbstständige Stiftung unter dem Dach der Graf-Zinzendorf-Stiftung gegründet, die die Förderung des Erbes von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf zur Aufgabe hat. Diesem Erbe fühlt sich vor allem die evangelische Brüder-Unität - die Herrnhuter Brüdergemeine - verpflichtet und so steuerte sie 10 000 Euro als Stiftungskapital bei.
Verwaltet wird dieses Geld vom Stiftungstreuhänder, dem Verein der Freunde des Herrnhaag. Über die Verwendung dieses Geldes entscheidet die Stiftungsaufsicht, bestehend aus dem Beirat des Vereins der Freunde des Herrnhaag, der neben dem Vorstand zu den zwei Gremien des Vereins gehört. »Somit gibt es verschiedenste Verflechtungen zwischen dem Verein und der Stiftung, auch wenn rechtlich alles sauber ist«, erklärt Bodo Preißer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, im Gespräch mit dieser Zeitung.
Zweck der Stiftung
Es drängt sich die Frage auf, warum es einer zusätzlichen gemeinnützigen Körperschaft bedarf. »Die Stiftung hat allein den Zweck, die Arbeit des Vereins zu unterstützen. Während Zuwendungen an den Verein für eine alsbaldige Verwendung gedacht sind, bleibt der Stiftungsstock - mit Ausnahme der Erträge - ungeschmälert bestehen«, führt Bodo Preißer aus. Somit ist es gleichgültig, ob Gelder dem Verein oder der Stiftung zugeführt werden, da diese letzten Endes immer beim Verein ankommen.
Aktuelles Projekt sind die Sicherung und Ergänzung historischer Putze im großen Saal des Grafenhauses beziehungsweise der Lichtenburg und den Saalnebenräumen, was vom Kirchenmaler und Restaurator Adrian Neus vorgenommen wird. Damit wird er wohl noch eine Weile zugange sein und doch schwebt Bodo Preißer schon eine neue Idee vor: die detailgetreue Verkleidung der Säulen im großen Saal. »Die Säulen waren zunächst nicht angedacht, wurden jedoch aufgrund von statischen Gründen eingebaut. Diese Voraussicht der damaligen Baumeister erwies sich als richtig, da die Außenmauer an der Südwand bereits um 20 Zentimeter nach außen gebaucht ist. In den 80ern wurden umfangreiche Vorkehrungen getätigt, um ein weiters Ausbauchen zu verhindern«, so Bodo Preißer.
Aber auch ohne die Säulenverkleidung bietet der große Saal ein beeindruckendes Ambiente, welches zuletzt für ein Stiftungskonzert der Moravian Brass - der Herrnhuter Blechbläser - genutzt wurde. »Neben den Sanierungsvorhaben wären aber auch akustische Maßnahmen von Bedeutung, damit im großen Saal auch weiterhin Konzerte stattfinden können«, berichtet Adrian Neus. Momentan würde sich jede A-cappella-Band glücklich schätzen, dort das eine oder andere Ständchen zum Besten zu geben. »Aber die notwendigen Reparaturarbeiten können leider auch zu einer Verschlechterung der Raumakustik beitragen«, so Adrian Neus. Dieser Verschlechterung muss entgegengewirkt werden, um sich neben rein vokalen Klängen zukünftig auch an instrumentaler Musik zu erfreuen.
Mithilfe willkommen
Neben finanzieller Unterstützung ist vor allem tätige Mithilfe willkommen, sei es zur Saisoneröffnung am 1. Mai, am Tag des offenen Denkmals am zweiten Sonntag im September, im Café Herrnhaag oder sonstigem Zutun praktischer Art. Denn auch mit der Gründung der neuen Stiftung ist und bleibt die Siedlung in der Gemarkung des Büdinger Stadtteils Lorbach ein Generationenprojekt.
