Die erwachende Kraft des Frühlings in Himbach

Zum zehnten Mal organisiert Thea Dörr aus Himbach eine Kräuterwanderung, dieses Mal geleitet von Tanja Adam aus Schotten. Auch Dörrs Garten belegt ihre Freude über alles Grüne und Blühende.
V iele interessierte Landfrauen aus Himbach und Umgebung fanden sich auf dem Hof von Thea Dörr in der Ronneburgstraße ein, um an der ersten Kräuterwanderung nach der Pandemie teilzunehmen. Für den zweistündigen Spaziergang hatte Dörr die erfahrene Kräuterfrau Tanja Adam aus Schotten gewonnen. Sie ist pharmazeutisch-technische Angestellte und hat vor 20 Jahren eine Ausbildung zur Phyto- oder Heilpflanzen-Therapeutin absolviert. In Schotten betreibt sie den »Alchemilla Kräuterladen« und stellt unter anderem Teemischungen und Liköre her.
Gastgeberin Thea Döll stellte Tanja Adam vor und betonte, diese Zusammenarbeit sei für beide eine Premiere. »Wenn ich eine Kräuterfrau zum ersten Mal einlade, unternehme ich vorab selbst einen Spaziergang um nachzuschauen, was aktuell in meinem Garten und um Himbach herum wächst und von Interesse sein könnte«, erklärte Dörr. Seit 2010 organisiert die ursprünglich aus Gelnhausen-Roth stammende Landfrau, ihres Zeichens ausgebildete Floristin und Gärtnerin, nicht nur die regelmäßigen Kräuterwanderungen, sondern nimmt mit ihrem Naturgarten auch an der Initiative »Offene Gartenpforte Hessen« teil.
Das verwunschene Areal mit den vielen Unterschlupfmöglichkeiten für Vögel, Insekten, Kleinsäuger, Reptilien und nicht zuletzt für die heimischen Enten und Hühner bildete auch den Startpunkt für die Kräuterwanderung. Hier erfuhren die Landfrauen Spannendes über Scharbockskraut und Bärlauch, Giersch und Brennnessel. Während der Bärlauch inzwischen durchaus seinen Platz in der hiesigen Küche erobert hat, war wenig bekannt, dass der »Üble Scharbock« im Mittelalter als skorbutähnliche Vitamin-C-Mangel-Erkrankung nach den entbehrungsreichen Wintern auftrat, der man mithilfe des vitaminreichen Krauts Einhalt gebot. Auch nahm man dem Bärlauch ab, stoffwechselanregend, reinigend und somit wie ein Frühjahrsputz für den Körper zu wirken.
Eine Lanze für den Giersch brechen
Bei Giersch und Brennnessel entrang sich den Gärtnerinnen im Gefolge der Kräuterfrau allerdings ein kleiner Seufzer. Zu hartnäckig sind die als Unkraut verschrienen Pflanzen, die sich schnell und grenzenlos ausbreiten. Tanja Adam brach ein Lanze für den Giersch: »Seine Blätter haben unter anderem entzündungshemmende, antirheumatische, wundheilende, harntreibende und blutreinigende Eigenschaften. Roh gegessen, schmeckt das sogenannte Zipperleinskraut ähnlich wie Petersilie, gekocht erinnert sein Geschmack an Spinat.« Ebenfalls wie Spinat schmeckten junge Brennnesseln, nur intensiver. Zudem seien die Inhaltsstoffe generell in Wildpflanzen zehn- bis 15-mal vielfältiger und stärker ausgeprägt als bei den Gartenzüchtungen, verdeutlichte Adam.
Zahlreiche weitere Stationen folgten beim Gang durch die oberhalb des Gartens gelegenen Wiesen und Felder. Für das Gänseblümchen hatte Adam ein Frühlingssuppenrezept parat, Wirkweisen und Einsatzmöglichkeiten in der Küche erklärte sie auch für Wiesenlabkraut und Löwenzahn, Wegerich, Schafgarbe, Lungenkraut und Vogelmiere sowie für die Wildformen von Schnittlauch, Kresse und Majoran. »Dann sind unsere Wiesen ja richtige kleine Kräuterparadiese«, freuten sich die Landfrauen und selbst die Kräutererfahrenen unter ihnen merkten gegen Ende der Wanderung an, unterwegs neue Erkenntnisse gewonnen zu haben.
Zum Schluss kam man in Thea Dörrs Scheune zum Kaffeetrinken zusammen, auch Landfrauenvorsitzende Brigitte Frank stieß hinzu. Das Kuchenbüffet hatte Thea Dörrs Ehemann Werner als leidenschaftlicher Bäcker und Koch selbst bestückt. Das agile Ehepaar, das seit seiner Kinderzeit zusammen ist, hat vor seiner Himbacher Zeit in Eichen, am Heimatort des Mannes, den Karnevalsverein »Aacher Schnooke« mitgegründet. Nach Jahren der Selbstständigkeit mit Blumengeschäften im Saarland und an der Mosel ist man froh, wieder in der Wetterau und in Himbach angekommen zu sein. »In dieser Scheune ging es los: Mit einer Spinnstube für Jung und Alt unter dem Motto ›Vom Schaf zur Wolle‹«, erinnerte sich Thea Dörr an ihre Anfangszeit bei den Landfrauen. Heute leitet ihr Mann als Musiker und Dirigent den Landfrauenchor - und auch die Kräuterwanderung mit Tanja Adam sei mit Sicherheit nicht die letzte gewesen, die sie organisiert und für die ihr Mann gebacken habe, war sich Thea Dörr sicher.
