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Drei Unternehmerinnen gründen Online-Shop für Niddas Geschäftswelt

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Von: Myriam Lenz

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NiddaEs war am 13. März, als Katja Wirth die Türe ihres Geschäfts "Outfit" zuzog und den Schlüssel herumdrehte. Ihr Laden, für den sie lebte und den sie liebte. "Ich habe mich total leer gefühlt, war unendlich traurig und musste heulen. Es machte sich eine Mischung aus Existenzangst und der Ungewissheit, wie es weiter gehen würde, breit. Ich konnte es gar nicht richtig einordnen."

Seit 17 Jahren ist sie selbstständig, in diesem Moment schien wegen der Corona-Pandemie alles auf Null zurückgedreht worden zu sein.

Ähnlich erging es Andrea Steinbrenner, Inhaberin der Schillergalerie. Sie betreibt das Geschäft für Businesskleidung, Brautmoden und Übergrößen in der Schillerstraße 17 seit 2013. "Es ist ein ganz komisches Gefühl, wenn man die Türe abschließen muss." Elf Termine wurden in den vergangenen 14 Tagen abgesagt. Während die Bräute in der Regel bereits Monate zuvor ihr Hochzeitskleid aussuchen, wären nun eigentlich die Bräutigame an der Reihe und auch die Paare, die im Herbst oder im Winter ihren Bund fürs Leben schließen wollen. Jeder abgesagte Termin bedeutet einen Verdienstausfall. "Es ist immens, was da weggebrochen ist", verdeutlicht die Geschäftsfrau.

Mit dem Gedanken, einen Onlineshop einzurichten, beschäftigte sich Andrea Steinbrenner schon länger. Ebenso wie Tanja Seipp vom Schuhgeschäft "Laufgut Müller". Die beiden schlossen sich zusammen, Tanja Wirth kam dazu und war ebenfalls von der Idee angetan. Am 18. März beschlossen die drei, sie in die Tat umzusetzen. Die Plattform "Nidda24.shop" wurde geboren.

Von da an überschlugen sich die Ereignisse, berichten die drei Frauen. Zahlreiche Gespräche folgten. Den einen Firmeninhabern fehlte ein ausführliches Konzept, den anderen waren die 20 Euro Investition zu viel. Das Vorhaben machte dennoch die Runde und zahlreiche Niddaer Firmen bekundeten ihr Interesse. Zwischenzeitlich haben sich 14 Geschäfte angeschlossen. Auf der Plattform gibt es Firmenporträts und die Geschäfte zeigen einen Teil der jeweiligen Sortimente, welche permanent erweitert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, die eigene Website auf "Nidda24.shop" zu verlinken.

Der Aufwand für die Initiatoren ist beträchtlich. Rechtliches und Steuerliches waren zu berücksichtigen. Die drei Unternehmerinnen gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Mit Hochdruck arbeiteten sie an der Umsetzung eines Online-Shops, den Produktfotos und- beschreibungen. Ein für Tanja Wirth bislang ungewohntes Terrain. Sie liebte den persönlichen Dialog mit ihrer Kundschaft. Nun galt es, umzudenken und sich mit der virtuellen Welt und Social Media anzufreunden. Ab diesem Tag wurden Teile der Kollektion fotografiert und auf die Plattform eingepflegt, die Jannik Müller Schritt für Schritt aufgebaut hatte. "Wir sind Neulinge und lernen jeden Tag dazu. Ich habe keine andere Chance und muss mich neu erfinden für die Kunden und unser Unternehmen", sagt Katja Wirth.

Parallel schaltete der IT-Fachmann Jannik Müller eine Präsenz auf Facebook und Instagram. "Ihm gebührt für seinen unermüdlichen und vor allem ehrenamtlichen Einsatz ein riesiges Dankeschön aller beteiligten Firmen", betont Thomas Keller von der Schillergalerie. Die Reichweite der Facebook-Fanpage klettert rasant in die Höhe. Innerhalb einer Woche erreichte sie 17 800 Personen. Die Resonanz im virtuellen Raum verspricht einen Silberstreif am Horizont. Mittlerweile fragen auch Firmen aus Ranstadt und Lauterbach nach der Möglichkeit, sich anzuschließen. Das Interesse weiterer Unternehmen an "Nidda24.shop" sei ungebrochen, berichten die Initiatoren.

Die Erwartungen an die Online-Plattform sind trotz des großen ersten Erfolgs bodenständig. Schließlich sind die Umsätze ab dem 13. März von 100 auf null gesunken. "Mit der Online-Plattform wollen wir im Gespräch bleiben", erklärt Tanja Seipp. "Wir wollen Nidda geschlossen präsentieren und das große Sortiment, was hier geboten wird, zeigen." Die Plattform sei erst einmal ein reines Marketinginstrument. Den Unternehmerinnen ist es allenfalls möglich, einen kleinen Ausschnitt ihres Angebots einzustellen. Wenn der Shop ihnen einen kleinen Puffer beschere, würden sie sich natürlich freuen.

Auf was sie immer wieder hinweisen: Auch wenn der Gang ins Geschäft derzeit nicht möglich ist, wollen sie ihre Kunden weiter beraten und für sie da sein. Telefonisch, per E-Mail und auch per Kurierfahrten, die Katja Wirth bereits hinter sich hat.

Für Andrea Steinbrenner und ihre Brautmode ist dies noch einen Tick kniffeliger. "Das Gefühl, wenn eine Braut in ein Kleid schlüpft, kann ich online nicht vermitteln. Brautmode zu kaufen, ist eine emotionale Angelegenheit." Auch 90 Prozent der künftigen Ehemänner gehen in regulären Zeiten nach einer individuellen Beratung mit einer Einzelanfertigung aus dem Geschäft. Während der Geschäftsinhaberin die Bräutigame im Moment abhandenkommen, bleiben zumindest die Businessleute. Die sind erfahren, wissen in der Regel genau, was sie wollen. Auch der Freizeitbereich lässt noch hoffen.

Das Prinzip Hoffnung gepaart mit viel Zuversicht prägt die Initiative. Es bleibt keine Zeit für den Blick zurück. Nur die Gewissheit, dass sie vereint einiges auf den Weg bringen können, von dem sie vor drei Wochen noch nichts geahnt hatten.

Informationen gibt es unter "nidda24.shop@gmx.de" oder telefonisch unter 06043/802426.

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