Echzell: Lebensgemeinschaft Bingenheim - Töpferei öffnet am Wochenende ihre Türen

Die Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim nimmt am Tag der offenen Töpferei am 11. und 12. März teil. Die Vorbereitungen laufen derzeit auf Hochtouren. Ein Besuch in der Werkstatt.
In welcher der rot verklinkerten Werkstätten der Lebensgemeinschaft Bingenheim sich die Töpferei befindet, sehen Besucher sofort: Vor dem Gebäude stecken bunte Pflanzenstecker aus Ton in der Erde. In der Werkstatt machen die Beschäftigten gerade Frühstückspause. »Deshalb ist es gerade etwas ruhiger«, sagt Keramikermeisterin Barbara Bauer.
Zuerst gibt es also eine Führung. Bauer zeigt, wo der Ton aufbereitet wird. Der Trockenton kommt aus dem Westerwald. Hier wird er abgewogen, in Wasser aufgelöst, kommt in ein Schwebebecken und in die Filterpresse. Zurück bleibt der Filterkuchen, der dann weiterverarbeitet wird. Vergangenes Jahr hat Bauer elf Tonnen davon bestellt: »Der reicht uns für drei Jahre.« Dass die Lebensgemeinschaft ihren eigenen Ton aufbereitet, ist besonders. Keramikwerkstätten seien heute oft »Einmannbetriebe«, sagt Bauer. Allein sei das schwer zu leisten, außerdem seien die Maschinen teuer. Für die Lebensgemeinschaft ist der Prozess auf Dauer günstiger und nachhaltiger, weil sie alten Ton - solange er noch nicht gebrannt ist - wiederverwertet. »Außerdem«, sagt Bauer, »braucht man viele Hände dafür, und alle Angestellten sind beschäftigt.«
Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim: Gipsformen als Vorlage
Die Pause ist um. In der Werkstatt wird fleißig getöpfert. Anna arbeitet seit 2020 in der Töpferei. Es gefällt ihr sehr gut dort. Vor drei Wochen hat sie gelernt, wie sie die Tonrohlinge an der Drehscheibe »abdreht«. Wenn zwei Halbkugeln aus Gipsformen zu einer Kugel aufeinandergesetzt werden, entsteht ein Wulst in der Mitte: »Den muss ich so abnehmen, dass es glatt aussieht.«
Bauer zeigt auf die vielen Halbkugeln und erklärt: »Wir arbeiten hier viel mit Gipsformen als Hilfe.« Diese werden mit Ton befüllt und mit der Hand verstrichen - so kann viel selbstständig gearbeitet werden. »Es wird selten mit der Hand gedreht«, sagt sie mit Blick auf die Drehscheiben am Fenster. Wenn, seien es eher Kleinteile. Barbara Bauer arbeitet seit 2021 in der Töpferei der Lebensgemeinschaft, gemeinsam mit Keramikergesellin Liana Lenz und einer weiteren Kollegin, die Kunsttherapeutin ist.
Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim: Stücke brennen bis zu 15 Stunden
Einen Raum weiter fertigt Sascha Blumentöpfe. Er legt einen Tonklumpen in eine Gipsform und verteilt die Masse gleichmäßig mit den Händen an der Innenwand. Er wirft die Drehscheibe an, auf der die Form steht, und nimmt einen Holzpflock zur Hilfe. Das Loch in der Mitte wird größer, die Wand des Blumentopfes dünner. Dann hält er ein Gerät in den Topf, das Arm genannt wird und ihn von innen ausformt. Das alles dauert keine fünf Minuten, und der Blumentopf ist fertig.
Der Brennofen steht in einem extra Raum. Drumherum sind Regale, voll mit glasiertem Geschirr. Tassen, Teller, Schalen, Untertassen - in Weiß, Rot, Grau. Sie alle warten darauf, gebrannt zu werden. Die Glasuren mischen die Beschäftigten selbst an. »Das rote Geschirr wird nach dem Brennen grün«, sagt Bauer.
Den Ofen kann Bauer von zu Hause aus anheizen. Das macht sie meist über Nacht, denn die Stücke müssen für zwölf bis fünfzehn Stunden brennen - und dann zwei bis drei Tage im Ofen auskühlen. Mehr als zweimal in der Woche kann deshalb nicht gebrannt werden. Und das, obwohl der Ofen im Vergleich zu denen anderer Keramikwerkstätten groß ist. Bauer: »Da passt einiges an Geschirr rein.«
Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim: Alle packen mit an
Das ist auch gut so. Denn auf dem Weihnachtsbasar der Lebensgemeinschaft ist sehr viel Getöpfertes verkauft worden. »Tassen haben wir fast gar keine mehr«, sagt Liane Lenz und lacht. »Dazu brauchen wir jetzt alle Leute.« Neun Erwachsene und drei Schüler arbeiten in der Töpferei. Viele wohnen in den Wohngruppen der Lebensgemeinschaft, ein Teil zu Hause bei den Eltern.
»Die Regale sind noch etwas leer«, sagt auch Bauer. »Aber die Beschäftigen freuen sich, wenn es heißt: Wir machen 200 Café-au-Lait-Tassen nach.« In der Werkstatt wird viel auf Bestellung gefertigt. Verkauft wird ab Hof, im Hofladen und in Bad Nauheim, im Eine-Welt-Laden und in einem Bioladen. Zudem präsentiert sich die Töpferei auf Töpfer- und Kreativmärkten. Das hat sie auch am Wochenende vor: Am Tag der offenen Töpferei zeigen Keramiker von 10 bis 18 Uhr ihre Werkstatt. In Bingenheim kann die Töpferei besichtigt werden, dazu gibt es Süßes und Herzhaftes aus der Bäckerei der Lebensgemeinschaft.
Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim: Geschirr, Pflanzkübel, Blumentöpfe und Co.
Der erste Stock der Werkstatt dient als Ausstellungsraum. Dort steht Geschirr in Regalen, Pflanzkübel, Blumentöpfe und Gartenlampen auf dem Boden. Aus den Halbkugeln aus den Gipsformen sind Meisenknödel, Tontiere, Vogeltränken und Steckvasen geworden. »Aus einer Form können so mehrere Produkte werden«, sagt Bauer. Kleinteilige und leichte Arbeitsschritte seien gut für die Beschäftigten: Jeder kann dabei helfen.
Info: Tag der offenen Töpferei
Zum 18. Tag der offenen Töpferei am Wochenende öffnen Keramikerinnen und Keramiker am Samstag und Sonntag, 11. und 12. März, von 10 bis 18 Uhr ihre Türen für Besucher. Neu ist, dass einige Keramiker eine Sonderedition einer Schale für den Tag hergestellt haben. Ein Überblick zu den teilnehmenden Töpfereien in der Wetterau und in der Nachbarschaft:
Echzell: Die Töpferei der Lebensgemeinschaft Bingenheim (Weidgasse 27c) bietet eine Werkstattbesichtigung an und stellt Produkte aus den unterschiedlichen Werkstätten aus.
Reichelsheim: In ihrer Keramikwerkstatt auf dem Beienheimer Pappelhof (Dorheimer Straße 107) bietet Claudia Nitsch an, Pötte zu bemalen. Außerdem gibt es Werkstatteinblicke sowie Kaffee und Kuchen.
Friedberg: Elisabeth Reuter führt in ihrer Keramik-Werkstatt (Verbindungsgasse 4) historische Keramik vor und bietet Töpfern für Kinder an.
Bad Vilbel: Karin Ostendorf lädt in ihre Werkstatt in der Rhönstraße 11 ein. Sie macht bei der Sonderedition Schalen mit, stellt Keramik und Ikebana-Arrangements aus und bietet an, in Fachbüchern zu stöbern.
Büdingen: Sebastian Scheid von Scheid Keramik aus dem Düdelsheimer Kirchweg 11 demonstriert das Vordrehen an der japanischen Fußscheibe und stellt Arbeiten von Kollegen aus.
Lich: Kati Gerstmann von der Töpferei Dippemühl stellt in der Heinrich-Neeb-Straße 1 ihre getöpferten Schätze aus. Neben einer Werkstattbesichtigung können nette Gespräche über das Töpfern in gemütlicher Atmosphäre geführt werden, wie es in der Ankündigung heißt.
Lich: Ursula Starke lädt Besucher in ihre Töpferei Am Schwanensee 5 ein. Neben Einblicken in die Werkstatt wird es eine Vorführung an der Töpferscheibe sowie Bewirtung mit Kaffee, Tee und Waffeln geben.

