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Ein Echzeller Grab, das keine Ruhe findet

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Was ist mit Gedenkstein, Grabplatten und dem Pflanzgefäß passiert, nachdem die Gemeinde sie hat abbauen lassen? Karola O.-Zander stellt sich diese Frage noch heute. © pv

Ein Grab auf dem Echzeller Friedhof wurde von der Gemeinde vor Ablauf der Ruhezeit abgeräumt. Für Karola O.-Zander bedeutet das ein jahrelanger Kampf um Aufklärung und Schadensersatz.

Als die 63-jährige Karola O.-Zander aus Butzbach im Juni 2020 einen Blumenstock auf das Grab ihrer Großeltern auf dem Echzeller Friedhof stellen wollte, hat sie ihren Augen nicht trauen können: Die gesamte Grabanlage, also Gedenkstein, Grabplatten und das Pflanzgefäß, war verschwunden. »Als ich vor der leeren Fläche stand, ist mir der Blumenstock aus der Hand gefallen«, sagt sie. Zu diesem Zeitpunkt lag das Nutzungsrecht bei ihr, und sie habe eine Grababräumung im Vorfeld abgelehnt. Was folgte, war ein zweieinhalb Jahre langer Kampf mit der Gemeinde, der am Ende vor dem Landgericht Gießen mit einem Vergleich enden sollte.

Gelber Klebezettel als Beweis

Ab dem 1. Januar 2018 habe eine neue Friedhofsordnung in der Gemeinde Echzell Einzug erhalten, erzählt Frau O.-Zander. Geändert worden sei etwa, dass bei der Bestellung einer Beerdigung bereits die Gebühr für die Grababräumung mitbezahlt werden müsse. Nutzungsberechtigte der Bestandsgräber seien schriftlich gefragt worden, ob sie die Abräumkosten vor Ablauf des Nutzungsrechtes begleichen möchten. Bei Zustimmung sei die Hälfte der Gebühren erlassen worden. Karola O.-Zander habe sich mit der Abräumung ihrer Urnengräber einverstanden erklärt, aber nicht mit der des Familiengrabes.

Nachdem sie das Fehlen der Grabanlage im Juni 2020 bemerkte, habe sie telefonisch von der Friedhofsverwaltung erfahren, dass die Grabpflegerin die Abräumung veranlasst habe. Wie sich später herausstellte, wurde das aber ohne die nötigen Formulare durchgeführt. Fünf Monate später habe die Gemeinde Frau O.-Zander mitgeteilt, dass sie die Nutzungsberechtigte des Familiengrabes ist. Das Nutzungsrecht bestehe zudem bis 2031.

Es sei ein sehr emotionales Thema für Karola O.-Zander: Nicht nur gehe es hier um ein Familiengrab, sie habe auch geplant, die Urnen ihrer Eltern in dieses Grab umbetten zu lassen. Auch sie und ihr Ehemann wollten dort irgendwann die letzte Ruhe finden. Die verschwundene Grabanlage habe zudem laut Kostenvoranschlag einen Sachwert von circa 14 000 Euro. Ihre Anfrage auf Schadensersatz habe die Gemeinde Echzell jedoch abgelehnt. Sie schaltete also einen Anwalt ein, um Schadensersatz für die abgetragene Grabanlage zu erhalten.

Nach einem Schreiben des Anwaltes an die Gemeinde überraschte diese erneut mit ihrer Antwort: »Jetzt war ich plötzlich nicht mehr Nutzungsberechtigte, sondern die Grabpflegerin, die den Auftrag zur Abräumung gab. Der Beweis der Gemeinde war ein kleiner gelber Klebezettel«, erzählt die 63-Jährige, die sich heute ganz offiziell als Grabinhaberin bezeichnen darf. Auf diesem Zettel habe sie für die Gemeinde aber lediglich Namen und Anschrift der Grabpflegerin notiert, damit sie über einen Schaden im Grabstein informiert werden und der Schaden behoben werden kann.

Im April 2021 habe sie sich zunächst in einem außergerichtlichen Vergleich mit der Gemeinde einigen können. Bürgermeister Winfried Mogk habe sich zudem schriftlich für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigt. Wie jedoch die Grabpflegerin ohne die notwendigen Dokumente eine Grababräumung veranlassen konnte, das sei bis heute ungeklärt.

Am Ende bleiben Fragen offen

»Einen schriftlichen Auftrag der Grabpflegerin konnte die Gemeinde Echzell weder mir, noch der eingeschalteten Kommunalaufsicht vorlegen«, erzählt Karola O.-Zander. Sie habe immer mehr den Eindruck gewonnen, dass sie von der Gemeinde belogen wurde. »Hier wurde geschlampt und die Sorgfaltspflicht massiv verletzt«, sagt die 63-Jährige. Wer am Ende den Fehler in der Gemeinde begangen hat, habe sich ebenso nicht mehr klären lassen, wie der Verbleib der Grabanlage.

Auf Rat der Kommunalaufsicht habe sie mit der Gemeinde noch einmal nachverhandeln wollen. Die lehnte allerdings einen anderen Vergleich ab. Erst im Oktober 2022 kam es vor dem Landgericht Gießen zum Vergleich mit der Gemeinde. Sie zahlt Schadenersatz an Karola O.-Zander. Trotz allem lasse sie das Thema auch heute noch nicht los.

Aktueller Stand im Grabkonflikt

Im Zuge des Verfahrens vor dem Landgericht Gießen habe der Anwalt der Gemeinde eingeräumt, dass die Friedhofsakte »außer Rand und Band« geraten sei, und dass tatsächlich Schriftstücke fehlten. Nach dem Vergleich habe es noch bis Februar 2023 gedauert bis das Familiengrab an der ursprünglichen Stelle von der Gemeinde markiert wurde. Wie die leere Grabfläche nun gestaltet wird, sei noch ungewiss.

Das Vertrauen in die Gemeinde habe laut Karola O.-Zander gelitten. Die Gemeinde Echzell wollte sich zu den Ereignissen nicht äußern. Nach einer Bitte um Stellungnahme verwies sie auf das gerichtliche Verfahren: »Wir sehen daher keine Veranlassung, diesen abgeschlossenen Vorgang weiter zu behandeln.«

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