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Ehrgeiz für etwas Eigenes

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Von: Kim Luisa Engel

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Ilse-Hannes-Preisträger 2022: Manfred Gloeckler zeigt das Bild vom Königssee (links) und das mit den Eulen in der Ausstellung im »Nebbiensches Gartenhaus« in Frankfurt. FOTO: NICI MERZ © Nicole Merz

Manfred Gloeckler ist Künstler. Seit Jahrzehnten malt, druckt und fotografiert er. Jetzt hat der Steinfurther den Ilse-Hannes-Preis 2022 gewonnen. Der 68-Jährige erzählt, was es mit der Auszeichnung auf sich hat, was ihn inspiriert und warum er sein Vorbild nie kopieren würde.

Manfred Gloeckler steht in seinem lichtdurchfluteten Studio. Er ist umgeben von Kunst. Seiner Kunst. Auf einer hölzernen Staffelei im Dachgeschoss des Steinfurther Wohnhauses steht eines seiner Gemälde. Auf einem grün-bläulichen Hintergrund sind Eulenköpfe abgebildet. Diese sind in Schwarz-, Weiß- und Grautönen gehalten. Darüber befinden sich einige Schriftzüge in Rottönen sowie in Pink und Orange. Es ist eines der Bilder, die er ab Freitag, 3. Juni, im »Nebbiensches Gartenhaus« in Frankfurt ausstellen wird. Knapp eine Woche später, am 9. Juni, wird er dort den Ilse-Hannes-Kunstpreis entgegennehmen, den er in diesem Jahr gewonnen hat.

»Dafür kann man sich nicht bewerben, man wird empfohlen«, sagt Gloeckler. Trotz der großen Konkurrenz im Frankfurter Raum hätten sich die 60 Mitglieder der Ilse-Hannes-Gesellschaft für ihn entschieden. Der 68-Jährige vermutet, dass der Verein zur Förderung der Kunst und des Werkes von Malerin Ilse Hannes durch seine Ausstellungen in Frankfurt auf ihn aufmerksam geworden ist. »Ich bin sehr präsent dort«, sagt der in Bad Kreuznach geborene Künstler.

Das Thema der Ausstellung ist »ein bisschen retrospektiv«, sagt Gloeckler. Er möchte zum Beispiel eigene Siebdrucke mit dem Titel »Airport« zeigen, die er nach dem Vorbild von Johannes Itten gefertigt hat. Der hat viel mit Farbkontrasten gearbeitet und Kurse am Bauhaus gegeben - eine seiner Schülerinnen war Ilse Hannes. Auch Tiere sind in Gloecklers Werken zu sehen, zum Beispiel auf drei kleineren grauen Keilrahmen. »Die habe ich selbst in Tansania fotografiert und darauf gemalt.« Es sei bisher in der Kunstszene nicht üblich gewesen, dass man Tiere hineinbringe. Jedoch habe sich dieser Zeitgeist geändert. Gloeckler zitiert frei die Kuratorin der 57. Biennale in Venedig, Cecilia Alemani: »Der Mensch steht nicht mehr so im Mittelpunkt wie früher.« Der Bezug zu Tieren trete in den Vordergrund, es sei wichtig, wieder eine »authentische Beziehung zur Natur aufzubauen«.

Das Bild mit den Eulen, das auf der Staffelei steht, zählt dazu. »Die Eulen stammen aus einer Foto-Sammlung, die ich als Junge angelegt habe«, sagt Gloeckler, der in Mainz und Düsseldorf Freie Bildende Kunst studiert hat. Er hat seine Mappe von »vor vielen Jahrzehnten« herausgekramt und dafür verwendet.

Die rötlichen Schriftzüge haben ebenfalls einen persönlichen Hintergrund: Sie stammen aus seinem Schul-Aufgabenheft aus dem Jahr 1970. Am 29. August hatte er notiert, welche Werke deutscher Schriftsteller er für den Deutschunterricht lesen muss. Lessings »Minna von Barnhelm«, Schillers »Maria Stuart« und Eichendorffs »Aus dem Leben eines Taugenichts« gehören dazu. Die Autoren und ihre Titel hat er »stark verfremdet« auf die Leinwand gebracht.

»Es geht nicht mehr um den informativen Aspekt von Typografie«, sagt der Künstler, der jahrelang an der Lioba-Schule unterrichtet hat. Viel mehr wolle er die Schrift als grafische Gestaltungsmöglichkeit nutzen, denn jeder Betrachter müsse das Bild für sich selbst interpretieren. Vielleicht mache sich der Betrachter die Gedanken, die er sich auch gemacht habe - oder er finde neue Aspekte. »Es soll etwas Denkarbeit damit verbunden werden«, sagt Gloeckler.

Nicht an einem Stil festbeißen

Etwa 25 seiner Bilder werden in der Ausstellung zu sehen und zu kaufen sein. Malereien, Zeichnungen und Grafiken sind dabei. Seine neueren Bilder verbinden beide Elemente - Malerei und Grafik. Denn dort bringt er Prinzipien der Drucktechnik ein. »Das hat mir schon immer Spaß gemacht. Der Unterschied zwischen Druck und Malerei wird intransparent.« Schichten sind ein Thema: das Ineinanderschieben von Ebenen, das Übereinanderlegen von Farbe und der serielle Gedanke.

Gloeckler denkt seine Werke oft in Serien und Reihen. Er vermutet, das kommt von seiner musikalischen Passion: Er ist Schlagzeuger in einem Jazz-Trio. »Ohne Zeit wäre Musik nicht möglich.« Zeit drücke sich auch in Kunst aus, in verschiedenen Ebenen zum Beispiel, die immer wieder übermalt würden. So hat er den Ätna in seiner Sizilien-Serie, die in Dreiecken an der Wand des Studios hängt, bestimmt vierzigmal übermalt. Einen Namen für seinen Stil zu finden ist für Gloeckler schwierig. Wieder zitiert er, diesmal den Maler Max Ernst: »Wer seinen Stil gefunden hat, ist tot.« Sein Motto sei deshalb, sich nicht an einem Stil festzubeißen. Es hänge wohl auch mit dem Kunstmarkt zusammen, dass man seiner Arbeit einen Stempel aufdrücken wolle.

Geprägt wurde Manfred Gloeckler - unter anderem - von Andy Warhol. Den Künstler hat er in New York getroffen und bei einer Autogrammstunde 1981 in Stuttgart fotografiert. »Trotzdem würde ich ihn nie kopieren. Denn ich bin ja von meinen Werken überzeugt«, sagt er. »Man muss den Ehrgeiz haben, etwas Eigenes zu schaffen.«

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