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Ein Experiment mit Steigerungs-Potenzial

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Von: Petra Ihm-Fahle

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Judith Gutsch-Jost, Oliver Perthen und Petra Ihm-Fahle (r.) feiern in der Zobel-Gitarrenschule, wo ein offenes Angebot auf dem Kalender steht. © pv

Weihnachten ist das Fest der Familie, manche Menschen möchten allerdings etwas Alternatives unternehmen. Angebote hat es in der Wetterau gegeben - doch wie verläuft solch ein Abend?

Was würde uns erwarten? Oliver Perthen und ich wussten es nicht, als wir den Artikel über unser Weihnachtsfest in der Zobel-Gitarrenschule in Bad Nauheim auf den Weg brachten. Wir luden erstmals zum »Offenen Haus« für Alleinstehende ein, beziehungsweise für Menschen, die alternativ feiern wollen.

Die Premiere kann ich im Nachgang mit »klein, aber fein« beschreiben - wir waren zu viert. Deutlich stärker besucht war die traditionsreiche »Offene Wilhelmskirche« der Evangelischen Gemeinde Bad Nauheim. Auch die Hospizhilfe Wetterau in Friedberg hatte nahezu volles Haus. Im Vorfeld schwante mir schon, dass eher wenige Gäste zu uns kommen würden. Oliver rechnete mit fünf Personen.

Viele sagten »Das ist eine tolle Aktion«, aber meldeten sich nicht an. Dennoch wollten wir genug zu essen und zu trinken bereitstellen - falls wider Erwarten zahlreiche Besucher kämen. Sogar der Hessische Rundfunk hatte über unser Angebot informiert. Oliver und ich sind Admins der Facebook-Gruppe »Bad Nauheim aktuell« und hatten die Einladung mehrfach dort beworben. Letztlich war es aber der Bericht dieser Zeitung, der Judith Gutsch-Jost aus Bad Nauheim zu uns führte. Sie wollte Sekt mitbringen und die Weihnachtsgeschichte auf Hessisch vortragen.

Die Einsamkeit als Stigma empfunden

Zwei Tage vor Weihnachten traf ich eine Bekannte auf der Straße, von der ich wusste, dass sie alleinstehend ist. »Haben Sie Lust, dabei zu sein?«, fragte ich. Ihrer Meinung nach wirkte unser Aufruf etwas abschreckend, denn Einsamkeit empfänden viele Menschen als Stigma. Ich sagte, dass es nicht unbedingt um Einsamkeit, sondern um eine Alternative ging und bat sie, uns zu unterstützen. Mit einem Lächeln antwortete sie: »Vielleicht mache ich mal einen Abendspaziergang.«

Am 24. Dezember war einiges zu organisieren, etwa Wichtelgeschenke zu packen, wobei mir mein Sohn half. Als ich abends in der Zobel Gitarrenschule eintraf, blieb eine Frau vor dem Studio stehen, die von dem »Offenen Haus« gelesen hatte und »Frohe Weihnachten« wünschte.

Kurz darauf traf mein Mitveranstalter Oliver mit Essen, Champagner und Wichtelgeschenken ein. Um 18 Uhr war Judith da und kurz danach meine Bekannte. Wir aßen, unterhielten uns und verbrachten zwei angenehme, konstruktive Stunden miteinander. Das Gespräch drehte sich unter anderem darum, wie sich mehr Menschen ansprechen lassen.

»Ich bin sehr inspiriert, was daraus werden könnte und habe einige Ideen«, sagte Judith. Wie es nun aussieht, entsteht vielleicht eine Initiative, die über Weihnachten 2022 hinausgeht. Am Ende hatte ich das Gefühl, ein unterhaltsames Fest verbracht zu haben.

Die Aktion »Offene Wilhelmskirche« war erstmals seit 2019 wieder terminiert und deutlich stärker als sonst besucht. Laut dem Gemeindebüro waren 32 Gäste da, zudem kümmerten sich zehn Ehrenamtliche um den Ablauf.

32 Gäste feiern in der Wilhelmskirche

Unter der Gästeschar waren auch knapp zehn Menschen aus der Ukraine, zudem kamen Auswärtige aus Kommunen wie Wöllstadt, Butzbach und Ober-Mörlen.

Laut der Evangelischen Gemeinde nutzten nicht nur Alleinstehende die Offerte, sondern auch Menschen, deren Fest aufgrund von Krankheit anderer Beteiligter sonst ausgefallen wäre. Das gemeinsame Essen und ein kleines Programm kamen gut an.

Das Angebot der Hospizhilfe Wetterau riefen Vorsitzende Gisela Theis und ihr kürzlich verstorbener Mann Gottfried Krutzki 2018 ins Leben.

Dies Jahr organisierte Eva Weitzel den Weihnachtsabend in den Räumen des Vereins in der Fichtenstraße 4 in Friedberg. Sechs Teilnehmende waren laut Maria Schmukat (Koordinatorin Hospizhilfe) zugegen, sieben Plätze gab es.

Ein Glanzlicht setzte der musikalische Input durch YVAYA alias Yvonne Kretschmar. Jeder brachte eine Speise für das Essen mit; Raum und Zeit zum Erzählen und Zuhören wurden genutzt.

Es war letztlich laut Schmukat sehr harmonisch an diesem Abend. Der Bedarf ist also vorhanden. Manche Angebote werden bereits sehr gut angenommen, während sich unsere Offerte noch einspielen muss.

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Kleine Geschenke gehören dazu, in diesem Fall gebrauchte Gegenstände für das »Schrottwichteln«. © pv

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