Ein Konzert der Bearbeitungen

Hirzenhain (det). Die Oberlinger-Orgel in der evangelischen Kirche Hirzenhain ist die größte des gesamten evangelischen Dekanats Büdinger Land. Die vielen Klangmöglichkeiten, die sie bietet, wurden jetzt während eines Konzerts mit Werken aus fünf Jahrhunderten deutlich. Dekanatskantorin Katrin Anja Krauße spielte die Orgel, Florian Troitsch unterschiedliche Posaunen.
Der 21-Jährige überzeugte mit einem souveränem Spiel. Er wusste helle, schmetternde Akkorde ebenso einzusetzen wie gedämpfte, weiche Klänge, sodass die Zuhörer manchmal glaubten, ein Holzblasinstrument zu hören. Neben dem persönlichem Talent von Troitsch und dem Einzelunterricht, den er bei Andreas Weil (Heldenbergen) erhält, ist ein solches spieltechnisches Niveau der guten musikalischen Jugendarbeit zu verdanken, die einerseits der Posaunenchor seiner Kirchengemeinde und andererseits das Landesposaunenwerk der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau leistet. Troitsch berichtete, er habe der Jugendarbeit von Landesposaunenwart Albert Wanner viel zu verdanken, die Zugehörigkeit zu den Auswahlensembles »Junior-Brass« und »Brass-on« hätten ihm weitere Impulse gegeben.
Auf ein »Konzert der Bearbeitungen« bereitete die Dekanatskantorin das Publikum bei der Begrüßung vor, denn die Besetzung Orgel/Posaune ist ungewöhnlich.
»Air« bereitet viel Freude
In die Klangsprache der Romantik führte das »Offertoire« von César Franck in der Bearbeitung von E. Carbow ein. Es begann mit mächtigen Orgel-Akkorden, dann fiel die Posaune bewegt, fast tänzerisch ein - und beide Instrumente fanden sich im gedämpft-melodiösen Dialog bis zu einem kräftigen, strahlenden Schluss.
Katrin Anja Krauße spielte Vivaldis Orgelkonzert d-Moll in einer Bearbeitung von Johann Sebastian Bach. Im ersten Satz lagen reich verzierte, perlende Melodiestimmen über einem Basso ostinato. Ein gedämpftes schweres Grave folgte und endete in einem Fugato mit den Zungenstimmen. Eine reiche Imitation der Terzmischung und des Krummhorns in einer eigenwilligen, manchmal fast dissonanten Harmonik prägte den dritten Satz im wiegenden Rhythmus, während Krauße den letzten Satz im Dialog zwischen Solo- und Tuttistimmen spielte.
Viel Freude machte dem Publikum Johann Sebastian Bachs »Air« aus seiner Orchestersuite D-Dur. Die Bearbeitung für Orgel und Posaune von Richard Fote spielten die beiden Interpreten mit schwingender Anmut. »Musik fürs Herz«, flüsterte eine Zuhörerin ihrer Nachbarin zu.
Lautmalerei und Katzenbeobachtung
Auf Lautmalerei und genaue Katzenbeobachtung setzte der zeitgenössische kanadische Komponist Denis Bédard, als er seine »Cat-Suite« für Orgel niederschrieb. Der erste Satz »Prrrelude« klang überaschenderweise nicht wie ein Fauchen, sondern ließ an ein Schleichen auf Samtpfoten denken, während »Cats at play« mit hellen, lebhaften Stimmen und kleinen Tonsprüngen daherkam. Langsam und traumverloren erklang der »Catnap«, der Katzen-Mittagsschlaf, während die »To-Cat-Ta« eher an kecke Tiere erinnerte, die auch mal über Tische und Bänke gehen. Für diese reizvolle Komposition gab es besonders lebhaften Beifall.
Eine Bearbeitung für Posaune und Orgel war auch das Largo aus Dvoráks Symphonie »Aus der neuen Welt«. Volle strömende Stimmen weckten bei den Zuhörern die Assoziation eines mächtigen Flusses, Echoeffekte klangen auf, eine liedhafte Melodie folgte - ein Heimwehsymbol? Dann erklang das Werk »Cantilène mélancholique« der zeitgenössischen Komponistin Margaretha Christina de Jongs aus den Niederlanden, das zu ihren »Sieben Orgelstücken im romantischen Stil« gehört. Zwar in Moll mit mittlerem Dur-Teil und langsamem Tempo, aber eher liedhaft, nicht von dunkler Traurigkeit. Als die beiden Interpreten Leopold Mozarts Menuetto, Trio und noch einmal Menuetto aus dem Concerto für Altposaune und Orgel spielten, konnte Troitsch tatsächlich dieses Instrument einsetzen. Das kleine Werk erklang beschwingt mit seinen tänzerischen Elementen und Modulationen.
Mach dem langen und begeisterten Beifall des Publikums wurden die Zuhörer mit Humperdincks »Guten Abend, gute Nacht« aus der Oper »Hänsel und Gretel« entlassen. Ein perfekter Ausklang für den Heimweg an diesem Sommerabend. Das nächste Hirzenhainer Kirchenkonzert, dann für Flöte und Orgel, findet am 24. September statt.