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Ein Zugpferd für den Dialekt zu Gast in Ortenberg

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Auf große Resonanz stößt die Lesung von Prof. Dr. Lars Vorberger über Hessens Dialekte in der Galerie am Alten Markt in Ortenberg. Passend zum Thema als Landfrauen gekleidet, sorgen Dörthe Herrler (l.) und Sylvia Oster von den Kulturfreunden dafür, dass die Gäste kulinarisch korrekt zum Thema des Abends versorgt sind. © Michael Giers

Hessen ist reich an Dialekten. Und Dr. Lars Vorberger, gebürtiger Büdinger, verarbeitete dieses Angebot unterhaltsam in einem Buch. In Ortenbergs stieß es bei einer Lesung auf größtes Interesse.

D ie Kulturfreunde Altes Rathaus Ortenberg erfahren gerade eine phänomenale Hinwendung hiesiger Menschen zur sprachlichen Herkunft. Als der Verein mit Professor Dr. Lars Vorberger einen exzellenten Kenner hessischer Dialekte für einen Vortrag im Altstadt-Galerie-Café gewann, wussten Vorsitzende Dörthe Herrler und ihre Mitstreiter zunächst nicht, welchen Stein sie da ins Rollen brachten. Die Nachfrage nach Karten nahm Formen an, dass schnell klar wurde: Jetzt hilft nur eine Serie von Auftritten, um dem Interesse gerecht zu werden.

Lesung in uriger Atmosphäre

Die Premiere ging am Samstag über die Bühne. Mehr als 25 Teilnehmer passen halt nicht ins kleine Café, dass immer mehr den Ansprüchen genügt, die ehemalige Salon-Kultur wieder aufleben zu lassen. Vollbesetzt war der Raum, wobei sich ein Publikum zusammenfand, das größtenteils das Arbeitsleben schon hinter sich hat und die angenehmen Seiten des Lebens in den Fokus stellt. Da war die urige Atmosphäre der Caféhaus-Idylle genau die richtige Umgebung für einen schönen Abend, zumal Dörthe Herrler und Weggefährtin Sylvia Oster im historischen Landfrauen-Look dafür sorgten, dass Handkäs’ mit Musik und Äppler von Äppelwoi-Haas aus Eckartsborn Abnehmer fanden.

So standen die Rahmenbedingungen für den hessischen Professor aus Hamburg, um seine wissenschaftliche Betrachtung in vereinfachter Darstellungsform einer wissbegierigen Gemeinschaft näherzubringen. Da kamen schon einige Experten zusammen, die den heimischen Dialekt perfekt beherrschen, wie etwa Olaf Kromm aus Gelnhaar, der hierzulande quasi ein Original auf diesem Sektor darstellt. Er und andere sollten später das Wort ergreifen können, denn zum Schluss ließ der Gastredner viel Raum für Diskussions- und Wissensbeiträge aus dem Publikum, wovon man auch regen Gebrauch machte. Da war so mancher Brüller vor Lachen dabei, als die gewaltige Kraft des Hessisch-Babbelns aufeinandertraf.

Dafür, dass genügend Gesprächsstoff vorhanden war, sorgte Vorberger zuvor mit sehr interessanten Erkenntnissen über das Dialektwesen. »Diese Sprache lebt, weil sie sich auch aktuell noch fortentwickelt«, lautete seine Botschaft und die wissenschaftliche Hinwendung zum Hessischen sei nicht seiner Herkunft geschuldet (in Büdingen geboren), sondern insbesondere der Tatsache, dass in Hessen gleich vier bemerkenswerte Dialekte zu verzeichnen sind: »Dabei unterscheiden wir vier große, regionale Räume - Nord-, Ost-, Zentral- und Südhessisch.« Zum Vergleich: In Bayern gibt es in dieser Hinsicht nur zwei große unterschiedliche Sprachgebiete.

»Vom Babbeln und Schnuddeln«

Lars Vorberger, der an der Universität Marburg promovierte, hat gerade sein Buch »Hessisch: Vom Babbeln und Schnuddeln« im Dudenverlag herausgegeben und erfreut sich auch auf diesem Sektor großer Nachfrage, was auch in Ortenberg deutlich wurde, da so mancher ein Buch mit Signatur mitnehmen mochte. Während seiner Ausführungen hatte der Mann der Wissenschaft eine klare Struktur offenbart. Dass Hessisch in ganz Deutschland einen recht hohen Stellenwert genießt im Ranking der Dialekte, liege auch daran, so Vorberger, dass einst erfolgreiche Fernsehsendungen, wie »Firma Hesselbach« oder »Der blaue Bock« eine Riesen-Fangemeinde hatten. Das Essen aus Hessen genieße ohnehin hohe Beliebtheit, was schon mit dem kleinen Küchenmesser Kneipchen beginne: »Besser kann man eine Sache in Kurzform gar nicht titulieren.« Zudem sei die Ahle Worscht eine kulinarische Köstlichkeit. Und wer über Hessens Köstlichkeiten rede, komme natürlich an der »Grie Soß« nicht vorbei. Mit Kartoffeln und hartgekochten Eiern gehöre sie mittlerweile zu den Klassikern jeder gehobenen Speisekarte.

Und so hatte Vorberger noch viele andere Ansatzpunkte, um dem hessischen Dialekt auf den Grund zu gehen. Allein beim normalen Verb »machen« gebe es im Hessischen diverse Abweichungen, wie etwa in »Mach dich fort« oder »Wo machst’n hie«.

Am Ende blieb den Zuhörern die Erkenntnis, dass man dem interessanten Gastredner noch lange hätte zuhören können. 25 Besucher gelangten in den Genuss, doch Dörthe Herrler hat eine Warteliste, die mindestens noch weitere vier Veranstaltungen (wahrscheinlich mehr) in Aussicht stellt. Was mit Vorberger genau abgestimmt sein muss, schließlich lebt der hauptsächlich in Hamburg. Herrler ist jedenfalls froh, ein solches Zugpferd an Land gezogen zu haben: »Ein Interesse wie dieses habe ich bei ähnlichen Veranstaltungen zuvor noch nie erlebt.«

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