1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis

Eine besondere Art der Gastfreundschaft

Erstellt:

Von: red Redaktion

Kommentare

Die Welt zu Gast bei Freunden: So lautete das Motto der Fußball-WM 2006 hier in Deutschland. Ein magischer Moment, als die Straßen und Sportstadien gefüllt waren mit Menschen aus allen Ecken der Welt, die gemeinsam feierten, ihre Lieblingsmannschaften anfeuerten und die Straßen Deutschlands zum Strahlen brachten.

Blicken wir nun auf die Welt, scheint diese Zeit sehr lange her. Der Krieg in der Ukraine nimmt wieder Fahrt auf, und nun sind wir mitten in der Debatte, ob deutsche Kampfpanzer am russisch-ukrainischen Krieg beteiligt werden.

In den Medien prägen uns Bilder aus Lützerath und Silvester: teilweise friedliche Proteste und Feierlichkeiten auf der einen, straßenkampfähnliche Zustände auf der anderen Seite. Wo ist die Gastfreundschaft hin, die wir 2006 noch so gefeiert haben? Ist sie nun völlig übermannt worden von den Krisen und Kriegen dieser Welt? Vielleicht.

Vielleicht ist es aber auch an der Zeit, eine andere Art der Gastfreundschaft zu praktizieren.

Im neuen Testament feierte Jesus eine besondere Art der Gastfreundschaft. Eine Gastfreundschaft der eher unbequemen Art: Er aß nicht mit den Reichen, feierte nicht mit denen, die hochangesehen in der Gesellschaft waren.

Er setzte sich zu denen, die keiner einladen wollte, die von allen ausgeschlossen wurden, weil sie entweder krank, nach jüdischer Sitte unrein oder einfach gesellschaftlich inakzeptabel waren. Selbst als die gesamte Stadt sich gegen Jesus wandte und ihm vorwarf sich mit den falschen Menschen zu solidarisieren, blieb Jesus gastfreundlich und lud alle an den gleichen Tisch ein. Selbst den Mann, der ihn später verraten und für seinen Tod verantwortlich sein sollte.

Es ist diese Art von Gastfreundschaft, die wir brauchen. Die Art, die nicht nur Freude und Begeisterung kennt, sondern auch Leid und Frust miteinander teilt und aushält. Wo Hass und Feindschaft nicht »übertüncht« oder wegretuschiert werden, als hätte es sie nicht gegeben, sondern ihnen Raum gegeben wird, sich langsam zu verwandeln: aus Hass in Fürsorge, aus Feindschaft in Freundschaft. Die Gastfreundschaft, die selbst im größten Konflikt den Schmerz nicht einfach beiseiteschiebt und alle zum Wohle des Gastgebers eine gute Miene zu bösem Spiel machen müssen, sondern an der Kontroversen erwünscht sind: Nicht nur durch die verschiedenen Speisen, die alle am Tisch miteinander teilen, sondern auch durch die Gemeinschaft derer, die am Tisch sitzen. Die Gastfreundschaft, bei der niemand abgewiesen wird, aber auch niemand verpflichtet ist, unbedingt zu kommen. Es ist diese Gastfreundschaft, die wir jetzt brauchen, weil sie belastbar, real ist und nicht vortäuscht, was nicht ist.

Kein Show-Dinner, sondern eine Gemeinschaft, in der wir alle so eingeladen sind, wie wir sind. Es ist diese Gastfreundschaft, die wir jetzt brauchen, weil sie uns daran erinnert, dass Gott uns alle einlädt, damit wir auf Augenhöhe an einem Tisch sitzen, um miteinander zu teilen, voneinander zu lernen, miteinander zu lachen und zu weinen. Weil jeder und jede einen Platz an Gottes Tisch hat!

Darum lassen auch Sie sich einladen und inspirieren, Gottes Einladung weiterzugeben. Nur so schaffen wir es am Ende, dass eines Tages die Welt wahrhaftig zu Gast bei Freunden ist.

Leroy Pfannkuchen ist Spezialvikar in der Polizeiseelsorge der EKHN.

Auch interessant

Kommentare