»Einzigartiger Lebensraum«

Vogelsbergkreis/Schotten (red). Die Moorrenaturierung und die Pflege artenreicher Bergmähwiesen haben bei einem Rundgang des Grünen-Kreisverbands um das Hochmoor Breungeshainer Heide im Hohen Vogelsberg im Vordergrund gestanden. Geführt wurde die Wanderung mit rund 20 Beteiligten bei bestem frühsommerlichem Wetter vom Team des Naturschutzgroßprojektes um Johannes Euler.
Dieses Projekt befindet sich mittlerweile im achten Jahr der Umsetzungsphase.
Mit dabei waren auch die Grünen-Landtagskandidatin Eva Goldbach und der Grünen-Landratskandidat Dr. Udo Ornik, die sich von der bisher geleisteten Arbeit begeistert zeigten und diesem »Vogelsberger Leuchtturmprojekt« jegliche Unterstützung zusicherten. Wir arbeiten seit langer Zeit sehr gut und vertrauensvoll mit den Naturschützern vom Großprojekt zusammen und konnten schon einige Projekte im Wald gemeinsam gestalten«, unterstrich Alexander Stute, der künftige Forstamtsleiter in Schotten zu Beginn der Exkursion.
Goldbach wies auf die besondere Bedeutung der Moore als CO2-Speicher hin: »Das ist eine Funktion, die zunehmend an Bedeutung gewinnt«. Berndt Ott vom organisierenden Ortsverband Lauterbach berichtete über die Anlaufschwierigkeiten des Großprojektes: »Nicht selten stand das Projekt auf der Kippe. Die drei Partner Naturschutz, Landwirtschaft und Forsten haben in zähen Runden, die oft bis tief in die Nacht gingen, Vertrauen aufgebaut und am gemeinsamen Ziel gearbeitet. Sodann mussten der eigenen Klientel die verhandelten Kompromisse vermittelt werden, keine einfache Aufgabe«.
Johannes Euler: »Moore sind die am stärksten gefährdeten und zum großen Teil zerstörten Lebensräume in Deutschland. Nur noch zwei Prozent der Moore sind intakt. Nach Jahrhunderten der Moorzerstörung geben wir der Natur jetzt Stücke eines besonderen Lebensraums zurück.« Moore seien in der Vergangenheit abgebaut und als Einstreu in die Ställe oder getrocknet als Brennmaterial verwendet worden. Selbst heute lande Torf - der Handelsname der abgebauten Moorschicht - in Säcken abgepackter Blumenerde.
»Hochmoore entwickeln sich aus Niedermooren und leben ausschließlich von Niederschlägen«, erklärte Euler weiter. »Die Moor- oder Sphagnum-Moose - sie erinnern von oben gesehen an grüne Enzianblüten - siedeln auf den abgestorbenen Moorschichten. Das Moor wächst auf diese Weise langsam einen Millimeter pro Jahr in die Höhe. Es bietet Lebensraum für hochspezialisierten Pflanzen und Tiere, die an keiner anderen Stelle vorkommen.«
Zweite Station des Rundgangs war das nach Osten angrenzende Naturschutzgebiet »Goldwiese«. Eine mögliche Erklärung für den Namen sei das Vorkommen von Arnika mit den leuchtend gelben Blüten, erklärte Euler.
Ökologisch wertvolle Wiesen
Klaas Rüggeberg, der stellvertretende Leiter des Naturschutzgroßprojektes, erläuterte die botanischen Besonderheiten einer Vogelsberger Bergmähwiese: Diese biologisch wertvollen Wiesen fänden sich mit Schwerpunkt im Vogelsberg. Sie seien aus einer Jahrhunderte dauernden Bewirtschaftung hervorgegangen. Durch späte Mahd und einen Verzicht auf Düngung würden viele blühende Kräuter, die heute das bunte Bild bestimmten, gefördert. Hochleistungsgräser, die in der Weidewirtschaft üblich sind, oder öde Löwenzahnfluren suche man dort vergebens, so Rüggeberg. Durch das Naturschutzgroßprojekt sei es ermöglicht worden, diese landwirtschaftlich nicht rentablen, jedoch ökologisch wertvollen Wiesen zu erhalten.
Kleinod direkt vor der Haustür
An der letzten Station wurden den Teilnehmern die praktische Maßnahmen zur Moorrenaturierung gezeigt. Im Laufe des Projektes wurde das Moor vermessen und ein digitales Geländemodell entwickelt. Sodann wurden Spundwände aus Stahl besonders in den alten Entwässerungsgräben versenkt. Sie sind bodengleich abgedeckt und nicht sichtbar. Diese Barrieren stauen das Regenwasser im Moor, das von den Moosen benötigt wird. So kann das Moor wieder wachsen.
Die Grünen-Gruppe war beeindruckt »von den vielen Funktionen dieses Kleinods direkt vor unserer Haustür«. Neben den ökologischen Funktionen dieses einzigartigen Lebensraums rücke heute unter dem Eindruck des Klimawandels die CO2-Bindung in den Vordergrund. »Das Naturschutzgroßprojekt, ein einzigartiges Vogelsberger Projekt, muss in Zukunft in dieser Form weiter bestehen und öffentlich gefördert werden«, so die klare Forderung der Vogelsberger Grünen.