1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis

Erdbeben: Nur geringe Anteilnahme

Kommentare

jw_Erdbebenforum_1_28022_4c
jw_Erdbebenforum_1_28022_4c © Loni Schuchardt

Über 50 000 Menschen kamen bei den schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien ums Leben. Hunderttausende wurden verletzt, verloren ihr Zuhause. Grund genug für Schülerinnen und Schüler des Friedberger Burggymnasiums, zusammen mit ihrem Lehrer Matthias Schäfer eine Spendeninitiative ins Leben zu rufen.

Auftakt zur Spendenaktion war am Sonntagnachmittag ein »Erdbeben-Forum« in der Aula des Friedberger Burggymnasiums. »Wir wollen einfach nur helfen«, begründete Lehrer Matthias Schäfer die erneute Initiative von Schülerinnen und Schülern, von denen einige schon bei der erfolgreichen Aktion «#StayWithMoria« zugunsten der Flüchtlinge in Griechenland vor gut zwei Jahren dabei waren.

»Wir hätten uns ein paar Leute mehr gewünscht«, sagte Schäfer zu Beginn der ersten von drei Gesprächsrunden; mit gut 50 Besuchern waren die Initiatoren letztendlich aber doch zufrieden. »In einer Zeit voller Katastrophen ist es schwierig, den Überblick zu behalten«, sagte Schäfer, der einen kurzen Abriss über die Folgen des wohl stärksten Erdbebens in der Region rund um Kahramanmaras in den letzten 800 Jahren gab. »Die beiden Kontinentalplatten schieben sich unter Istanbul weiter zusammen, das nächste Erdbeben ist vorprogrammiert«, erklärte der Oberstudienrat, der zunächst eine mögliche Aktion vorstellte. Aus Dosen, Dochten und Wachsresten werden Kerzen geschaffen, die als Lichtquelle und auch als Feuerstelle zum Kochen genutzt werden können.

Benötigt werden vor allem Geldspenden, die für den Aufbau in den besonders stark betroffenen Erdbebengebieten Syrien benötigt werden. Deutlich wurde dies auch bei den Beiträgen der türkischstämmigen Lehrerin Semra Agbulut, der vor dreieinhalb Jahren aus Syrien geflohenen Ara Sulaiman und von Rana Özdemir, die aus der osttürkischen Stadt Siran stammt.

Was alle drei überrascht hat, ist die doch geringe Anteilnahme der deutschen Bevölkerung. So berichtet Agbulut, die an der Burg Politik und Wirtschaft unterrichtet, nur drei bis vier Kollegen seien nach dem Erdbeben auf sie zugekommen und hätten gefragt, ob sie betroffene Verwandte in dem Erdbebengebiet habe.

»Vielleicht denken einige, ich sei keine Türkin mehr, sondern schon eingedeutscht«, erklärte die in Deutschland geborene Lehrerin. Ähnliche Erfahrungen machten Ara und Rana. Ara: »Mich haben nur engste Freundinnen gefragt. Viele in meiner Klasse interessieren die Folgen nicht.«

Allerdings ist das Erdbeben nach wie vor Gesprächsthema in den Familien der beiden Schülerinnen, die nach dem Erdbeben große Angst um Familienmitglieder und Freunde hatten. »Wir haben erst nach einer Woche unsere Verwandten erreicht, es geht Ihnen gut«, erzählt Ara, die vor allem die mangelnde Hilfe in Syrien bemängelte. »Die Regierung in Damaskus tut so gut wie nicht, aus der Türkei kommt kaum Hilfe«, sagte Ara, die aus Al-Malikiya im Nordosten Syriens stammt. »Die Menschen dort sind schon durch den Bürgerkrieg hart getroffen, es fehlt vor allem an Strom«, sagt die Zehntklässlerin.

Noch eines bemängeln alle drei auf dem Podium. »Es ist schlimm, dass die Hilfe politisiert wird«, sagt Semra Agbulut. In der Türkei erhalten AKP-nahe Regionen mehr Hilfe als Minderheiten wie Aleviten oder Kurden. »Klebt man ein AKP-Schild auf den Wagen, kommt man besser durch.« »Noch viel schlimmer ist die Lage in den von den Revolutionsgruppen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien« ergänzt Ara, die hofft, dass die Spendenbereitschaft größer wird.

Kerzenwachs wird gesammelt

Der Erlös aus dem Verkauf von Kaffee und Kuchen sowie weitere Spenden gehen direkt nach Syrien. »Wir haben dort einen Kontakt,« erklärte Schäfer, der möglicherweise wieder mit der Gießener Hilfsorganisation »GAiN Deutschland« zusammenarbeiten will. Zwischen den Gesprächsrunden unterhielt der ehemalige Burgschüler Carlo Brüggemann die Besucher mit passender Musik am Flügel wie »That’s, what friends are for« oder »Bridge over troubled Water«.

Wer Kerzenwachs übrig hat, kann diesen während der Schulzeiten im Sekretariat des Burggymnasiums abgeben.

jw_Erdbeben_280223_4c
Zerstörte Wohnhäuser in Jenderes in der syrischen Provinz Aleppo. Die Schäden nach dem erdbeben sind immens, die Anteilnahme könnte größer sein, meinen Burgschüler. © Imago Sportfotodienst GmbH

Auch interessant

Kommentare