Es hat sich gelohnt

Zehn Jahre Weinanbau. Diesen Anlass feierten die Weinbergfreunde Wingershausen mit einem Weinfest. Der Ort hätte nicht schöner gewählt sein können. Ganz oben auf dem Südhang, wo der schmucke Pavillon des Vereins steht und von wo aus man einen beeindruckenden Blick über Wingershausen und das benachbarte Eichelsachsen bis weit in die Wetterau hat.
Ende März des Jahres 2012 gründete sich der Verein der Weinbergfreunde Wingershausen mit zunächst acht Mitgliedern, wie Georg-Peter Hagedorn in Erinnerung ruft. Heute, zehn Jahre danach, ist die Gruppe auf 45 Personen angewachsen. »Wir wollten den Weinbau, wie er in den Warmzeiten des Mittelalters hier üblich war, zum 1000-Jahr-Feier Wingershausens wiederbeleben«, betont der Vorsitzende. »Durch den Klimawandel wird es wieder möglich.«
Unwägbarkeiten
Dass der Weinanbau mit vielen Unwägbarkeiten und Widrigkeiten verbunden ist, haben die Weinbergfreunde inzwischen reichlich erfahren. »Die zehn Jahre bedeuteten einen andauernden Lernprozess, der von Erfolg und Misserfolg begleitet war. Jedes Weinjahr war anders«, so der Vorsitzende. Pilzbefall mit dem echten und falschen Mehltau, der ohne Behandlung sogar zum Absterben der Rebe führen kann, und der »Rote Brenner« machten mitunter den Hobby-Weinbauern schwer zu schaffen. Dazu kamen Vogelfraß und Insektenbefall, Frost und Hagel sowie Trockenstress.
Schon seit der ersten Weinlese erfolgt der Ausbau der Ernte in Geisenheim. Viele der Weinbauern tragen dabei ihre Ernten zusammen und erhalten dann einen Anteil des fertigen Weins. Der Verteilerschlüssel richtet sich nach den Oechslewerten, dem daraus ermittelten Zuckergehalt des Lesegutes auf einer Parzelle. »Unsere Weine können jahrgangsabhängig als zufriedenstellend bis gut bezeichnet werden«, verkündet der Vorsitzende. Die Oechslewerte bewegen sich bei den »Roten« um 70 Grad und bei dem weißen Solaris um die 90 Grad. Dabei gibt es auch signifikante Ausschläge.
Gern erinnert Georg-Peter Hagedorn an 2016. Damals erhielt der Solaris bei einer Blindverkostung in der Weinbau-Hochschule Geisenheim unter 150 Weinen die Bestnote. Der Jahrgangswein 2016 des »Weißen« hatte einen Oechslewert von 111. »Saurer Wein im Vogelsberg, das war einmal«, sagt der Vorsitzende nicht ohne Stolz in der Stimme.
Das Weinberg-Projekt sei, wenn auch anfänglich manchmal etwas belächelt, auf großes Interesse gestoßen und mittlerweile auch überregional bekannt und gewürdigt, so Hagedorn weiter. In verschiedenen Zeitungen und Magazinen, aber auch im Fernsehen wie anlässlich des »Dollen Dorfes« sei der Weinberg ausführlich vorgestellt worden. Das Projekt habe nicht zuletzt dazu beigetragen, dass Wingershausen beim Wettbewerb »Unser Dorf hat Zukunft« 2018 hessenweit den dritten Platz belegte.
»Der Weinberg ist ein Alleinstellungsmerkmal für Wingershausen«, sagt der Vorsitzende. Wenn eine Weinregion Oberhessen ins Leben gerufen werden sollte, könnte Wingershausen davon ein Teil werden. Auch für die Landesgartenschau 2027 sei der Weinberg sicherlich ein spannender Ort der Begegnung.
Hagedorn lässt den hohen Aufwand bei der Pflege der Weinreben nicht unerwähnt. »In diesem Weinberg stecken viele Arbeitsstunden, steckt viel Schweiß und auch so mancher Euro.« Sein Fazit fällt positiv aus: »Es hat sich gelohnt.« Der Vorsitzende dankt in diesem Zusammenhang den Sponsoren und Unterstützern, wie auch den Fördermitgliedern des Vereins.
Nachwuchs gesucht
Hagedorn spricht einen Aspekt an, der vielen Vereinsvorständen Kopfzerbrechen bereitet. »Uns fehlt der Nachwuchs an Weinbauern.« Einige der Gründungsmitglieder könnten ihre Parzellen aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht mehr bewirtschaften. Der Verein hat sich daher ein neues Schnupperangebot ausgedacht. »Wir möchten auch neue Mitglieder aufnehmen, die einfach mal ausprobieren wollen, ob die Winzertätigkeit etwas für sie ist.« Diese Fördermitglieder können nach den Worten Hagedorns auf einer Parzelle bei der Pflege mithelfen und erhalten als Gegenleistung einen Teil der Lese.

